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Sangerhausen Sangerhausen: Rosen statt Bierblumen

Von PETER LINDNER 26.08.2011, 16:58

SANGERHAUSEN/MZ. - Im Prinzip bleibt Horst Neumann der Blume treu: Nur wird er nicht mehr mit dem Zapfhahn Blumen auf das Feierabendbierchen der Gäste zaubern, sondern sich den Rosen in seinem Garten widmen. Seit 32 Jahren lockte der Gastronom Horst Neumann die Gäste in seine "Freundschaft". Nun verkündete dieser Tage ein schlichtes Schild vor der Eingangstür: "Ab 1. September geschlossen." Am 28. August wird das letzte Bier gezapft, werden die Gäste noch einmal aus der reichhaltigen Speisekarte auswählen können, die Senioren aus Südwest ihren Mittagstisch einnehmen.

"Mit der Freundschaft stirbt eine Legende", sagt Holger Zimmer, der immer mal "auf ein Bierchen vorbeischaute", um Leute zu treffen. Seit er im Westen auf Montage ist, wurden die Treffen in der "Freundschaft" weniger. "Schade", sagt er. Dabei habe er sich dort immer wohlgefühlt. Horst Neumann beendet die Legende "Freundschaft" mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Natürlich freut sich der Profi-Gastronom auf seinen Ruhestand. Seit einem halben Menschenleben ist er Kneiper, oder besser Gastronom. Von der Pieke auf gelernt hat Neumann "das gastronomische Handwerk", Kellner, Meister, Fachschule in Leipzig - alles wichtige Stationen im 50-jährigen Berufsleben eines Mannes, für den der Gast immer im Mittelpunkt stand. Nun sagt der gebürtige Weißenfelser, der längst hier in der Rosenstadt Sangerhausen heimisch geworden ist, Tschüss.

Die "Freundschaft" kennt man nun schon über Generationen. Und Neumann freute es immer, wenn Leute, die längst nicht mehr hier wohnen, ihre Silberne Hochzeit bei ihm feierten, weil sie schon zur Jugendweihe der Kinder bei ihm waren und einige möglicherweise schon ihre Hochzeitsgäste von der "Freundschaft"-Mannschaft haben verwöhnen lassen. Denn die Freundschaft gibt es in diesem Jahr sage und schreibe 32 Jahre. Fast. Denn am 5. Oktober 1979 hatte Horst Neumann die damalige HO-Gaststätte (HO: das war die staatliche Handelsorganisation) übernommen. Einen Neubau. Bei dem Gaststättenkomplex handelte es sich um einen Experimentalbau eines renommierten Berliner Ratio-Betriebes. Nur in Berlin, Leipzig und Jena-Lobeda entstanden solche Mehrzweckbauten. Schön, aber offenbar viel zu teuer. Die Sangerhäuser jedenfalls nahmen die Einrichtung an und ließen sich bis heute vom Team um Horst Neumann bewirten.

Dabei hätte es das Aus schon in der so genannten Wendezeit geben können. Es wird eine lange Geschichte, wenn Neumann sein jahrelanges Ringen mit der Treuhandanstalt erzählen würde. "Das passt glatt zwischen zwei Buchdeckel", sagt Neumann - und klappt symbolisch das Buch zu. Geschichte. Neumann - durch und durch ein Fachmann der alten Schule - hatte noch einmal was aus der Gaststätte gemacht, hat investiert und einen Party-Service aufgezogen.

Neumanns "Freundschaft" fehlte auch auf keinem Sportlerball. Die Ballgäste waren des Lobes voll, "das wird wohl eine Lücke geben", vermuten Verantwortliche aus Sportlerkreisen. Nun sagt er Tschüss. Wird den Zapfhahn gegen die Rosen eintauschen. Horst Neumanns Hobby und liebste Freizeitbeschäftigung ist das Züchten von Rosen. Seine Lieblingskönigin ist eine rosa Schönheit, die seine Frau Margitta fotografiert hat. Das Foto hing schon eine ganze Weile in der Nähe des Zapfhahns hinterm Tresen. "Jetzt habe ich endlich Zeit für meine Rosen." Die "Freundschaft" wird ab 1. September keine Gäste mehr empfangen. Ob es irgendwann wieder eine Gaststätte im Herzen des Wohngebietes geben wird? Auszuschließen sei das nicht, sagt Neumann. Bewerber gibt es. Und vielleicht ist ja der Richtige dabei, der die "Freundschaft" dann wieder zum Leben erweckt. Wir lassen uns jedenfalls am Sonntag noch einmal ein kühles Bierchen schmecken. "Prost, Horst Neumann. Auf die Rosen."