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Sangerhausen Sangerhausen: Filmriss in Sangerhausen

Von FRANK SCHEDWILL 01.12.2011, 17:31

SANGERHAUSEN/MZ. - Die beiden Übernahme-Interessenten haben sich zurückgezogen, da der jetzige Betreiber Cinestar mit Ende des Spielbetriebes Mitte Dezember das komplette Inventar des Filmtheaters ausbauen und mitnehmen will. Das bestätigte die Stadtverwaltung am Donnerstag.

"Wir haben alles versucht, leider aber nichts erreichen können", sagte Stadtsprecherin Marina Becker. Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU) habe sogar einen Brief an die Zentrale der Cinestar-Gruppe in Lübeck geschrieben. Darin bittet der OB den Geschäftsführer, das Thema noch einmal zu überdenken. Poschmann erinnert in dem Brief auch daran, dass die Stadt im Jahr 1995 der Ufa als damaligem Kino-Betreiber einen Zuschuss von 300 000 Euro zum Umbau des Filmtheaters gezahlt hat. "Betrachten Sie diesen Zuschuss als Restwert des Inventares und geben damit einem neuen Betreiber die Gelegenheit zum Neuanfang", heißt es in dem Brief. Poschmann hat aber nur eine abschlägige Antwort erhalten.

Theaterleiter Jürgen Deisting, für die Cinestar-Kinos in Nordhausen, Mühlhausen und Sangerhausen zuständig, schob in einer E-Mail an die MZ den schwarzen Peter weiter: Der Zwangsverwalter, dem das von Cinestar gepachtete Kino am Kornmarkt gehört, habe den Erwerb der Einrichtung abgelehnt. "Da wir das Haus fristgerecht räumen müssen, mussten wir uns dazu entschließen, das Inventar zu den gegebenen Terminen auszubauen. Um die Ausbaukosten zu reduzieren, werden wir die Inventargegenstände in anderen Häusern nutzen", schreibt Deisting. Der Einbau von Technik und Bestuhlung sei dort mittlerweile fest eingeplant und könne nicht mehr rückgängig gemacht werden, heißt es weiter. Rechtsanwalt Harald Neumeister, der Zwangsverwalter des Kinogebäudes aus Halle, war für die MZ am Donnerstag nicht zu erreichen.

Roy Kleinecke, Kinobetreiber aus Worbis (Eichsfeldkreis) und einer der Interessenten für das Sangerhäuser Filmtheater, glaubt, dass es ohne Inventar ganz schwer wird, das Kino zu erhalten. Für neue Technik und Bestuhlung müsse man knapp eine Million Euro auf den Tisch legen und das bei einem Pachtobjekt. Er selbst habe deshalb erstmal abgewinkt, zumal sich so eine Finanzierung nicht innerhalb weniger Tage auf die Beine stellen lasse. Nach Angaben der Stadt haben aufgrund der hohen Investitionskosten auch die zwei Kinomitarbeiter kalte Füße bekommen, die sich ebenfalls für eine Übernahme interessiert hatten. Sie versuchten aber doch noch, eine Lösung zu finden. Klappt das nicht, steht Sangerhausen ohne Filmtheater da.

Ist das Kino jedoch erstmal geschlossen, wird es nach Ansicht von Branchenexperten ganz schwer, es wiederzueröffnen. Denn dann müssten unter anderem die neuesten Brandschutzvorschriften eingehalten werden. Sie seien in den vergangenen Jahren drastisch verschärft worden.

Cinestar hatte im September überraschend angekündigt, sich aus Sangerhausen zurückziehen zu wollen. Die Kinokette will sich künftig vorrangig auf den Betrieb von Häusern mit größeren Leinwand- und Sitzplatzkapazitäten konzentrieren. Der Cinestar-Filmpalast Neue Zeit in Nordhausen hat vier Säle mit 574 Plätzen. Der Central-Filmpalast in Mühlhausen verfügt ebenfalls über vier Säle mit insgesamt 571 Plätzen. Zum Vergleich: In Sangerhausen gibt es nur drei Säle und 400 Plätze.

In Nordhausen soll auch kräftig investiert werden. Cinestar will dort zumindest einen Saal mit einer digitalen 3-D-Anlage ausrüsten. 120 000 bis 140 000 Euro sollen dafür bis zum Frühjahr kommenden Jahren in das Haus gesteckt werden. Bisher wird in Nordhausen und Sangerhausen wie in den Anfangsjahren der Kinotechnik mit über ein Meter großen Filmrollen gearbeitet. 35 Millimeter ist der Film breit. 24 Bilder haben darauf pro Sekunde Platz.