Verhinderung von Morphing Passbilder vom Amt: Sangerhäuser Fotografen lehnen Gesetzentwurf ab

Sangerhausen - Passfotos sind das Hauptgeschäft von Swetlana Dukardt. Die 26 Jahre alte Mediengestalterin hat erst im vergangenen Jahr, im Oktober, den Fotoladen in der Kylischen Straße in Sangerhausen übernommen. Weitere Standbeine will sie sich noch aufbauen.
Als Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dann einen Gesetzentwurf vorlegte, der vorsah, Passfotos künftig nur noch unter Aufsicht in Automaten in Bürgerämtern machen zu lassen, sah die junge Fotografin ihre gerade begründete Existenz wieder den Bach hinunter gehen.
Fotografen: Passfotos machen den Hauptanteil des Umsatzes aus
„Aktuell sind es noch 80 Prozent meines Umsatzes, die ich mit Passfotos für Bewerbungen und natürlich auch für Ausweise erziele“, sagte sie. „Das wäre das Aus für mich gewesen.“
Nun wird offenbar nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Die erste Variante des Gesetzentwurfs ist jetzt erstmal vom Tisch. Allerdings noch nicht der Grund für den Vorstoß des Innenministers. Der wollte nämlich erreichen, dass Fotos für Pass und Ausweis sicherer werden.
Passbilder: Gesetzentwurf soll Morphing verhindern
Verhindert werden soll das so genannte „Morphing“. Hierbei werden mittels einer Software zwei Passfotos zu einem verschmolzen. Mit solchen manipulierten Fotos könnten theoretisch zwei Personen einen Pass nutzen. „Wer Ausweise fälschen will, wird das auch dann noch tun“, sagt Barbara Wittenbecher.
Die Fotografin aus Sangerhausen findet es nicht gut, dass ihre Zunft auf diese Weise unter Generalverdacht gestellt wird, so als ob man die Bilder manipulieren würde. Sie plädiere dafür, Fotografen zertifizieren zu lassen. Sie arbeite schon länger sehr gut mit dem Einwohnermeldeamt in Kelbra zusammen.
Die Technik, die Seehofer für alle Bürgerämter vorschwebt, ist seit 2015 in Wittenberg im Einsatz. Die Apparatur, die in Kooperation mit der Bundesdruckerei aufgestellt wurde, bietet dem Bürger die Möglichkeit, ein Foto von sich machen zu lassen und den Fingerabdruck abzugeben, der für den Reisepass benötigt wird.
Die Daten werden verschlüsselt an den Serviceschalter im Bürgerbüro Wittenberg für die Bearbeitung des Personal- bzw. Reisepassantrags gesendet. Etwa 100 Mal im Monat nutzen Bürger diese Technik.
Andrea Kögel, Hauptamtsleiterin aus Allstedt, hatte gleich wieder die Kosten vor Augen, die mit so einem Gesetz auf die Kommunen zurollen würden. So einen Fotoautomaten bekommen die Kommunen sicher nicht geschenkt. Ganz zu schweigen von der weiteren Technik, die dann im Meldeamt nötig wäre. Vielleicht werde nicht mehr Personal benötigt, wohl aber müssten Schulungen sein.
„Für mich ist es jedoch wieder eine Frage des Zeitaufwandes für den Bürger. Schon jetzt müsse der Bürger mit etwa 15 bis 20 Minuten rechnen, wenn er einen Ausweis oder Reisepass beantragt. Dies wird sich dann noch erhöhen und die Warteschlange vergrößern und somit den Unmut seitens des Bürgers wieder auf die Gemeinden hervorrufen“, prognostiziert die Hauptamtsleiterin.
Allstedt: Amt stellt monatlich circa 82 Dokumente aus
In der Stadt Allstedt wurden in den letzten drei Jahren durchschnittlich 980 Personalausweise, Reisepässe, Kinderreisepässe und vorläufige Dokumente ausgestellt. Das sind etwa 82 Dokumente im Monat. Also auch 82 Fotos.
Noch gar nicht klar ist, wer bettlägerige Personen aufsucht oder wie Babys fotografiert werden, die ja auch Ausweise benötigen. „Natürlich suchen wir unsere Kunden auch Zuhause auf“, sagt die Fotografin Barbara Wittenbecher.
Das sieht die Allstedter Hauptamtsleiterin auch als Problem: „Jemanden mit Fotoapparat in die Haushalte zu schicken, ist uns personell und zeitlich nicht möglich. Für so etwas hätten wir keine freien Kapazitäten: Mit nur 25 Mitarbeitern in der Verwaltung und immer mehr Aufgaben, die Bund und Land an die Kommune delegieren, sind wir schon voll ausgelastet.“ (mz)
