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MZ-Dorfserie MZ-Dorfserie: Brücken: Plausch zwischen Gemüseecke und Brötchenabteilung

Von Joel Stubert 11.08.2018, 16:00
Michael Peckruhn in seinem Laden in Brücken, den er seit 1992 führt.
Michael Peckruhn in seinem Laden in Brücken, den er seit 1992 führt. Winterfeld

Brücken - „Vom Milchreis nehme ich gleich zwei Pakete“, ruft eine ältere Frau der Verkäuferin Kerstin Meister zu. Sie sammelt die beiden Pakete ein, geht weiter zur Kühltheke - dort sind es vier Stück Butter, die in den Korb wandern. „Streichhölzer und Feuerzeuge brauche ich auch noch“, ruft die Kundin - und Kerstin Meister saust zum Regal und packt die Sachen in den Korb.

Im einzig verbliebenen Supermarkt in Brücken geht es noch etwas familiärer zu als anderswo. Inhaber ist der Ortsbürgermeister von Brücken-Hackpfüffel, Michael Peckruhn. „Das sind die kleinen Gesten, die man im größeren Supermarkt nicht bekommt“, sagt er. Zu kaufen gibt es auf den rund 100 Quadratmetern in der Hauptstraße 48 alles was der Mensch braucht, von Lebensmitteln bis hin zu Zahnpasta.

Lebensmittelladen in Brücken existiert seit 1969

Seit 1969 ist das ein Lebensmittelladen, erzählt Peckruhn, 1992 übernahm er ihn. Sicherlich, man könne nicht mehr nur vom Lebensmittelladen leben, sagt er. Schließen will er ihn aber auch nicht. „Es ist auch ein gesellschaftlicher Treffpunkt“, sagt er. „Und gleichzeitig erfahre ich auch, wo es in Brücken Handlungsbedarf gibt.“ Nicht nur aus dem 850-Einwohner-Ort kommen die Kunden in das Geschäft, auch aus Wallhausen oder Tilleda sind sie hier.

Marina Setzepfand ist einmal pro Woche in dem Geschäft, Michael Peckruhn weiß genau, welche Zigarettenmarke er aus dem Regal nehmen muss, wenn sie sagt: „So wie immer.“ In Brücken sei mehr los als zum Beispiel in Wallhausen, man werde auf der Straße häufig angesprochen und unterhalte sich. „Die Hilfsbereitschaft und das Miteinander sind gut“, sagt sie. „Es ist viel wert, dass es hier diesen Laden noch gibt.“

Michael Peckruhn hat viele Stammkunden in seinem Laden in Brücken

Viele Stammkunden habe er, klar. „Der Wocheneinkauf wird allerdings selten gemacht, da hat uns die Eröffnung des NP-Marktes in Wallhausen zurückgeworfen“, sagt Peckruhn. „Aber die Leute kaufen hier all das, was sie vergessen.“ Letztens hätten auch Leute am Samstag angerufen, es war überraschend Besuch eingekehrt. „Die hatten nichts zum Grillen und haben mich angerufen“, erzählt der 54-Jährige.

„Da habe ich nur gesagt: ,Kommt vorbei’.“ Halb sechs macht er seinen Laden auf. „Da stehen meistens schon zwei Kunden vor dem Laden“, sagt er. Vor allem die Brötchen- und Backabteilung werde gut nachgefragt, denn einen Bäcker gibt es nicht mehr im Ort.

Eine, die täglich in dem Geschäft einkauft, ist Ute Höroldt. „Das Leben in Brücken ist hervorragend, hier kennt man sich“, sagt sie. Hier noch ein kurzer Smalltalk mit Inhaber Peckruhn und schon geht es wieder zur Tür hinaus. Um 11 Uhr schließt Peckruhn den Laden ab - Mittagspause.

Mietwohnungen in Brücken-Hackpfüffel fast alle vermietet

Zur gleichen Zeit findet man nicht so viele Menschen im Ort, nur einige Mütter, die ihre Kinder aus dem Kindergarten abholen - selbst aus Hohlstedt sind sie gekommen. Alina März besucht die Fachoberschule in Sangerhausen, möchte später einmal im Bereich Gesundheit/Soziales arbeiten.

Weg will sie nicht aus ihrem Geburtsort Brücken, „nur wenn es unbedingt sein muss“. „Hier kennt jeder jeden“, sagt die 17-Jährige, die bei der Feuerwehr engagiert ist. „Da trifft man sich regelmäßig und hat viel Spaß, es ist wie eine Familie.“

Man habe kein Problem mit der Bevölkerungsentwicklung, versichert Michael Peckruhn. „Die Mietwohnungen sind fast alle vermietet“, sagt er. Und gebaut würde auch. „Es gibt auch Zuzug.“ Eine, die vor zwei Jahren erst nach Brücken gezogen ist, ist die Friseuse Sarah Kain. „Hier gibt es zum Beispiel die Pfingstburschen und andere Organisationen“, sagt sie.

Brücken: Gewachsene Strukturen wie Fußballverein und Pfingstburschen

„Da wird man gleich integriert.“ Die 21-Jährige fühle sich sehr wohl in Brücken, an einen Wegzug denkt sie nicht.

Paßbruch, Horla oder Klosternaundorf - Orte, die nicht jeder gleich auf der Landkarte findet. In ihnen leben teils deutlich weniger als 100 Einwohner. Und doch gibt es interessante Geschichten. Wir haben uns im Landkreis Mansfeld-Südharz auf die Suche begeben. Die Resultate finden Sie in unregelmäßigen Abständen an dieser Stelle. (mz)

„Wir haben gewachsene Strukturen hier wie den Fußballverein, den Reitverein, die Feuerwehr oder die Pfingstburschen“, sagt Peckruhn. „Da kann man eigentlich jeden Abend irgendetwas machen.“ Sechs bis sieben Stunden am Tag ist er in seinem Laden, kassiert, räumt ein oder berät die Kunden.

„Es ist wirklich schade, dass die kleinen Läden wegsterben“, sagt er. Mit ihnen, so kann man zwischen den Zeilen lesen, geht überall dort, wo das passiert, ein Stück Gesellschaft. In Brücken, bleibt zu hoffen, wird das in Zukunft anders sein. (mz)

Marina Setzepfand.
Marina Setzepfand.
Winterfeld
Kerstin Meister hilft aus.
Kerstin Meister hilft aus.
Winterfeld
Sarah Kain.
Sarah Kain.
Winterfeld