Mundart-Geschichten Mundart-Geschichten: «...un haeß jefrässen metten Fohten»
Eisleben/MZ. - Und was hat sich Verlegerin Cornelia Jahns dabei gedacht, ihrer zeichnerisch ambitionierten Tochter den Schutzumschlag als Farben-Spielwiese zu überlassen? Wenn einem Verleger der kausale Zusammenhang von Tradition (denn Mundartpflege hat etwas mit Tradition zu tun) und Präsentation derart fremd ist, muss er sich nicht wundern, wenn potentielle Kunden schon beim Betrachten des Titels die Lust am Weiterlesen verlieren.
Nun die gute Nachricht: Hinter dem roten Kopf - oder: hinter dem roten Einband - verbergen sich 20 köstliche "Schtohries un Jeschichten" (so der Untertitel) sowie ein knappes Dutzend Gedichte, die Zeisings Liebe zur Mansfelder Heimat widerspiegeln. In einem Vierzeiler verteidigt er die Mundart: "Ewwer de Mansfäller worre schohn veel ärzähelt - in Schtohries von frieher un Jeschichten von heite. - Dor Wortschatz woar nich immerfeine jewähelt, - es woarn un sin ähmt besonnere Leite."
Der Autor setzt manchem Mansfelder ein Denkmal. Wie in "Dor Fäldmarschall" dem Eisleber Klempnermeister Otto Marschall oder in "De Flaschensammelungk" dem Eisleber Hans Busch, der sich zu DDR-Zeiten immer um ein lebenswertes Wohnumfeld bemüht hatte. Hannes hat bei "de veeheln Kingerfäste un Bärgkmannstahche ewwerall met orjanisiehert un seine Lawwe met rinjehenget".
Als mal wieder Altglassammlung angesagt war, spielte er Kasperletheater und erbat als Eintritt von jedem Kind drei Flaschen. "Riehckchen, die kwähkte", weil sie keine Flaschen hatte, bekam dennoch einen guten Platz, worauf sie Hannes erklärte: "Awwer mei Vadder hot noch jesaht, beschtälle moal dähn Jrehßenwahnsinnichen ä scheen Jruhß von miche un sahk vorrn, si schnell kannich de veeheln Flaschen joarnich leersaufen, wie ä Kaspertheater schpeehelt!"
Köstlich jede einzelne Geschichte. Wie die "Im neien Krankenhause in Eislemm", in das einst "dor ahle Heier Justav Schmidtchen" mit einem "kreeplichen Husten" eingewiesen wurde. "Dor Jauner" brachte das Personal zur Verzweiflung. Als der Pfleger fragte: "Wolln se anne Änte?", antwortete "Justav janz treihärzj: Freilich, wenn se scheene knusprich jebrahten is, denn färchtich mich nich dorvor, da frässich zejoar de Haut met".
Eine Figur taucht öfter auf: Zippel Petzsch. Verblüffend, wie er das Leben meistert - wie er seiner Frieda die Neugier austreibt oder, als Frieda zur Kur in Bad Elster weilt, den "Ärjer met de Zicke - das Aas ließ sich nich mälleken" beendete. Der Eisleber Wiese hat Zeising eine originelle Geschichte und ein Gedicht mit 23 kurzweiligen Vierzeilern gewidmet. Darunter diese Strophe: "De Kräbbelchen als Fettjebäck - erfillen aach ehrn juhten Zwäck. In Tieten wärn se ahnjeboten - un haeß jefrässen metten Fohten."
Was dem Wiesenmarktbesucher die Kräppelchen, das könnte dem Mansfelder Heimat- und Mundartfreund Kurt Zeisings Buch "Dor ahle Mansfäller" sein. Und da wie dort ist die Verpackung nicht das Wichtigste. Wem sie dennoch gefällt, der kann sich freuen, denn er ist doppelt belohnt mit dem neuen Buch.
Kurt Zeising: "Dor ahle Mansfäller - Schohries und Jeschichten", Dingsda-Verlag Querfurt 2002, 64 Seiten, 9,90 Euro.