Leute Leute: Für den «Streetfighter» sind Borde ein Graus
Roßla/MZ/sro. - Mit "Es war einmal" beginnen eigentlich Märchen. Diesmal muss man allerdings sagen: Es war einmal ein gebrauchter Audi A4 Quattro. Und es gab einen Kinoabend, der aus diesem Auto ein völlig anderes machen sollte. Hollywoods Rennfahrerfilm "The Fast and the Furios", begeisterte den 20-jährigen Dominik Seibt aus Breitungen so, dass er sich einen dieser Wagen wünschte.
Unabhängig von ihm wurde auch René Bruder von diesem Film inspiriert. Kurz darauf trafen sich beide in Bruders Werkstatt "Pro Street Carstyling Concepts" nahe der Roßpassage in Roßla. Unter dem Poster eines getunten Audi, der früher Dominik Seibt gehörte, und dessen Bild schon eine Szene-Zeitschrift gedruckt hatte, wurde ein neuer Tuning-Plan entwickelt.
"Wie wäre es, wenn außer dem Weiten der Kotflügel hier und da am Auto einiges verändert würde", fragten sie sich. Ganz nach dem Motto: Wenn man schon einmal am Arbeiten ist, könnte man doch zum Beispiel Frontspoiler, Heckflügel und Seitenschweller anbauen, die Motorhaube verlängern, dem Dach Lufthutzen verpassen.
Um das sportliche Outfit von Außen auch Innen weiterzuführen, sitzen Fahrer und Beifahrer extra geschützt durch einen Überrollkäfig in Schalensitzen, und besondere Sportgurte geben Sicherheit auf den Touren. Außer dem Beifahrer kann Dominik Seibt niemanden mitnehmen, denn anstelle der Rücksitzbank ist dort eine riesige Lautsprecheranlage platziert. In Teamarbeit wurden Teile einerseits aufwendig angebaut, andererseits verschwanden welche von der Karosse. Vergeblich sucht man Türgriffe, Schlösser und Embleme.
Selbst vor dem Motor machten die beiden nicht Halt. 250 Pferdestärken geben im Normalbetrieb Kraft. Bei Bedarf kommt die so genannte "Blaue Pulle" zum Einsatz, die bis zu 320 Pferdestärken unter der Motorhaube tummeln lässt. "Natürlich nur für die Wettbewerbe auf den Ausstellungen", versichern beide Autofreaks. Denn das Auto ist nun der Werbeträger für das junge Unternehmen in Roßla.
Über den finanziellen Aufwand der Autokur schweigen Bruder und Seibt. Aber drei Monate Arbeit haben sie investiert. Ihr erstes Ziel war das in der Tuning-Szene bedeutendste Treffen am Wörthersee Anfang Mai dieses Jahres. Wobei sie glaubten, dass alles noch scheitern würde, weil die Farbe aus Amerika noch nicht geliefert worden war. Erst eine Woche vor dem Start bekam das neue Auto seine "Tangola-pearl"-Lackierung.
Die Pokale, die nun im Büro stehen, kamen von den nachfolgenden Treffen, als man Zeit hatte, das Auto für Wettbewerbe anzumelden. Am Wörthersee war der Prototyp aus Roßla so umlagert, dass sie "nichts tun konnten, außer auf das Auto aufzupassen", erinnert sich René Bruder. "Plötzlich waren Zeitschriften-Redakteure da, die ihre Artikel eigentlich erst gegen Ende des Jahres veröffentlichen sollten, weil wir mit unserer Produktion noch nicht soweit waren." Denn: René Bruder entwickelt die Teile am Computer selbst, sein Bruder Sven baut die Prototypen. Drei weitere Angestellte der Roßlaer Firma, stellen die Teile in Serie her und montieren sie an die Autos. "Nach den Veröffentlichungen in drei deutschen, zwei französischen und einer japanischen Zeitung überschlug sich alles. Aber mittlerweile können wir die Nachfrage befriedigen", sagt der 31-jährige Firmenchef.
Für Dominik Seibt, der zurzeit seinen Zivildienst leistet, hat sich mit dem Umbau seines Autos ein Traum erfüllt. "Auch wenn es sich auf unseren Straßen nicht immer einfach fahren lässt", sagt er. Die wenigen Millimeter Abstand zum Pflaster lassen ahnen, wovon er spricht: "Bordsteine sind für den Streetfighter ein Graus." Für René Bruder gibt es bereits eine Fortsetzung der Erfolgsstory. Mit einer Szene-Zeitschrift wurde sein nächstes Ziel geplant: Eine Automesse, die im Dezember 2002 stattfinden soll. Dafür tunt das Werkstatt-Team in aufwendiger Arbeit einen VW-Passat.