Leute Leute: «Das Glas war immer halb voll»
Sangerhausen/MZ. - "Es war nicht einfach, es gab große Probleme", resümiert Geschäftsführer Reinhold Hanske den Sprung ins kalte Wasser. Geholfen habe - so ist er sich ganz sicher - die Lebensmaxime: "Unser Glas ist nicht halb leer, sondern war immer halb voll." Es fehlten damals aber ein geeignetes Objekt und das Geld. Heidi Hanske: "Kredite wurden von den Banken nicht bewilligt. Schon gar nicht an Arbeitslose."
Die damalige Ausgangslage war nämlich folgende: Mit der Auflösung der Kreispoliklinik verloren alle dort beschäftigten Zahntechniker ihre Arbeit. So auch Heidi Hanske, die das Labor leitete. Einer Sangerhäuser Zahnärztin ist es zu verdanken, dass in der Wendezeit der Kontakt mit dem Zahnarzt Dr. Jörg Gall in Hildesheim zustande kam. Er brachte nicht nur das notwendige Geld mit, sondern unterstützte auch als fachlicher Berater. "Das war ein Glücksfall", ist sich heute das Ehepaar einig.
Der Aufbau einer neuen Existenz hatte durch den Glücksfall ein Fundament, und acht Leute sowie ein Lehrling standen wieder in Lohn und Brot. Dennoch: "Wir mussten viel Lehrgeld bezahlen", blickt der ehemalige Direktor für Technik in der Sangerhäuser Maschinenfabrik zurück. Eine Summe über die Höhe der Investition fürs neue Labor umschreibt Reinhold Hanske mit der Aussage: "Sehr, sehr viel." Die neue Einrichtung in der Jakobstraße sei mit den Arbeits- und Sozialräumen beispielhaft, dies sieht auch Dr. Jörg Gall so. Er unterstützt die Sangerhäuser weiter kräftig, indem er Arbeiten von Zahnärzten aus Hildesheim nach Sangerhausen schicken lässt. Dies führte dazu, dass heute 18 Arbeitsplätze im Schichtsystem vorhanden sind und auch der Nachwuchs für das Handwerk Zahntechnik eine gute Ausbildung bekommt. Dies kann Heike Ernst bestätigen. Sie hat jetzt alle Fäden der Laborleitung in der Hand und den Meisterbrief als Zahntechnikerin in der Tasche.
"Ich habe schnell entdeckt, dass die Arbeit als Zahntechnikerin ein schöner Beruf ist", fügt die waschechte Sangerhäuserin an. Reinhold Hanske ergänzt: "Für meine Frau und mich war klar, dass wir uns mit 60 zurückziehen werden. Die Jugend braucht ihre Chance. Heike Ernst war für uns die Richtige. Ich halte ihr den Rücken frei, helfe dann, wenn sie mich braucht." Und das Geschäft "läuft relativ gut", bestätigt die junge Laborleiterin.
Aber es könnte noch besser laufen. Es gibt nämlich einen wirtschaftlichen Aspekt, der das Betriebsergebnis stark belastet. So muss das Material für den Zahnersatz zu Westpreisen eingekauft werden, aber die Festpreise der Krankenkassen dürfen nicht überschritten werden. "In Sangerhausen liegen diese für Zahnersatz noch 20 bis 30 Prozent unter denen der alten Bundesländer", so Hanske: "Aber wir gehen trotz dunkler Wolken und trüber Prognosen fürs Handwerk mit Optimismus ins zweite Jahrzehnt." Jetzt wird erst einmal am 2. Mai zum Jubiläum angestoßen.