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Leserärger aus Sangerhausen Leserärger aus Sangerhausen: Geheimsache Geburtstag

Von Beate Lindner 11.11.2015, 16:54
Ein neues Bundesgesetzt sorgt für verärgerte Leser der beliebte Zeitungsrubrik „Glückwünsche“.
Ein neues Bundesgesetzt sorgt für verärgerte Leser der beliebte Zeitungsrubrik „Glückwünsche“. Maik Schumann Lizenz

Sangerhausen - Ach so: „Mit dem Bundesmeldegesetz wird das Melderecht in Deutschland harmonisiert und fortentwickelt.“ So steht es geschrieben auf der Internetseite des Bundesinnenministeriums. Von Harmonie ist derweil seit Anfang November in hiesigen Breitengraden keine Rede mehr. Auslöser: Seit 1. November ist die tägliche Zeitungsrubrik „Glückwünsche“, in der bislang allen Geburtstagskindern ab dem 70. Lebensjahr jährlich in der Zeitung gratuliert wurde, ziemlich ausgedünnt.

Die Verwaltungen melden diese Geburtstage nicht mehr an die Zeitung, weil es - wie beispielsweise die Sangerhäuser Stadtverwaltung mehrfach versicherte - nach dem neuen Bundesmeldegesetz nicht mehr statthaft sei. Lediglich über die sogenannten runden und halbrunden Ehrentage darf informiert werden. Und so ist zunächst zu erklären, dass eben seit der MZ-Ausgabe vom 2. November nur noch 70., 75., 80., 85. Geburtstage veröffentlicht werden, während jene Jubilare, die ihren 73. 78. oder vielleicht 83. Geburtstag feiern, dagegen in die Röhre schauen.

In Sangerhausen hat es vor Jahren schon einmal Ärger mit der Rubrik „Glückwünsche“, die damals noch „MZ gratuliert“ hieß, gegeben. Und zwar im Zusammenhang mit der Eingemeindung der heutigen Sangerhäuser Ortsteile in die Kreisstadt. Kurzzeitig war damals in der Stadtverwaltung die Rede davon, dass künftig die Geburtstagskinder nicht mehr als Bewohner ihres Heimatortes genannt werden, sondern alle Jubilare unter Sangerhausen laufen.

Damit wären Wettelrode, Wolfsberg, Wippra, Gonna und Grillenberg, Obersdorf, Riestedt, Oberröblingen, Lengefeld, Rotha, Breitenbach Horla, Morungen und Großleinungen irgendwie auch ein bisschen von der Landkarte verschwunden. Glücklicherweise konnte sich die Redaktion damals mit der Stadtverwaltung einigen, dass auch zukünftig der Gonnaer Jubilar als solcher erkennbar ist, genauso wie der Grillenberger oder der Sangerhäuser. (bl)

Verärgerte Leser

Das regt vor allem die betroffenen Rentner ziemlich auf. Seinem Herzen Luft gemacht hat zum Beispiel der Pölsfelder Klaus Büchel. Und zwar nach allen Regeln der Kunst, wie zu lesen ist: „Es war eine interessante und vielgelesene Rubrik, sie hat Verbindungen zwischen der Rentnergeneration aufgefrischt, telefonische Glückwünsche ausgelöst, sie war eine der wenigen Klammern, die noch Gruppen verbindet … Der Bezug auf den Paragrafen des Bundesmeldegesetzes, der nur noch Veröffentlichungen zu runden Jubiläen zulässt und alle anderen verbietet, fehlt in der ,Neuregelung‘ leider. Gilt etwa eine Auslegung oder eine geheime Durchführungsbestimmung? Das BMG wurde 2012 von 26 anwesenden Abgeordneten des Bundestages im Eiltempo beschlossen, obwohl dabei mindestens die Hälfte der Abgeordneten hätte anwesend sein müssen, wurde die Abstimmung in unserem Rechtsstaat für gültig erklärt. Die Kommentare von mir bekannten Lesern der MZ zur neuen Verfahrensweise sind vernichtend.“

So unterstellt der Pölsfelder, dass die MZ nur noch „exklusiven Jubilaren“ gratuliert, „deren persönliche Daten nicht mehr schutzbedürftig sind“. Und Klaus Büchel findet, dass die MZ an Aktualität verliere und mehr Platz für Werbung anbieten könne. Der Pölsfelder hat seine Gedanken zu Papier gebracht, andere waren in den letzten Tagen in der Redaktion oder haben angerufen und einige anonyme Schreiben - immer mit dem gleichen Grundtenor - gingen ein. Die Leute sind verärgert und die Schuldigen suchen sie vor Ort - in den Verwaltungen und in der Lokalredaktion.

Auf Seite 2 lesen Sie die Reaktion der Stadt Sangerhausen.

Im Sangerhäuser Rathaus, so sagt Stadtsprecherin Marina Becker, habe es seit der Neuregelung auch schon jede Menge Beschwerden gegeben. Sie versichert, dass es weder eine geheime Durchführungsbestimmung noch eine anderweitige „Verschwörung“ gibt. Man sei nun aber nicht der Macher dieses Gesetzes, sondern müsse es umsetzen. Und dort heißt es: „…Verlangen Mandatsträger, Presse oder Rundfunk Auskunft aus dem Melderegister über Alters- oder Ehejubiläen von Einwohnern, darf die Meldebehörde Auskunft erteilen über

1. Familienname,

2. Vornamen,

3. Doktorgrad,

4. Anschrift sowie

5. Datum und Art des Jubiläums.…

Altersjubiläen … sind der 70. Geburtstag, jeder fünfte weitere Geburtstag und ab dem 100. Geburtstag jeder folgende Geburtstag; Ehejubiläen sind das 50. und jedes folgende Ehejubiläum.“ „Und danach handeln die zuständigen Mitarbeiter“, so Becker.

Eine Begründung, warum ein 71., ein 77. oder ein 86. Geburtstag nach dieser Lesart nun kein Altersjubiläum mehr ist, liefert - so die Stadtsprecherin - der Gesetzgeber nicht. Demzufolge auch keine Antwort auf die Frage, warum das eine von der Verwaltung veröffentlicht werden darf, das andere dann aber nicht.

In Sangerhausen hat es vor Jahren schon einmal Ärger mit der Rubrik „Glückwünsche“, die damals noch „MZ gratuliert“ hieß, gegeben. Und zwar im Zusammenhang mit der Eingemeindung der heutigen Sangerhäuser Ortsteile in die Kreisstadt. Kurzzeitig war damals in der Stadtverwaltung die Rede davon, dass künftig die Geburtstagskinder nicht mehr als Bewohner ihres Heimatortes genannt werden, sondern alle Jubilare unter Sangerhausen laufen.

Damit wären Wettelrode, Wolfsberg, Wippra, Gonna und Grillenberg, Obersdorf, Riestedt, Oberröblingen, Lengefeld, Rotha, Breitenbach Horla, Morungen und Großleinungen irgendwie auch ein bisschen von der Landkarte verschwunden. Glücklicherweise konnte sich die Redaktion damals mit der Stadtverwaltung einigen, dass auch zukünftig der Gonnaer Jubilar als solcher erkennbar ist, genauso wie der Grillenberger oder der Sangerhäuser. (bl)

Und so bleibt der unrunde Geburtstag eben von Gesetzeswegen zukünftig eine Geheimsache. Jedenfalls kommt das vielen Leserinnen und Lesern der MZ so vor.

Das zuständige Bundesinnenministerium verteidigt dagegen die Neuregelung: „Ziel des Bundesmeldegesetzes ist eine möglichst einheitliche Rechtsanwendung“, sagt Ministeriumssprecher Tobias Plate. Die Festlegung der Jubiläen sei aber bisher nur in einigen Bundesländern geregelt gewesen. Deshalb sei eine bundeseinheitliche Definition im Gesetz „sachgerecht“, findet der Sprecher des Innenministeriums.

Möglichkeit gefunden

Die MZ möchte natürlich ihren Lesern gern den gewohnten Service mit den Geburtswünschen weiter anbieten. „Aber das ist unter den nun geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen in diesem Umfang einfach nicht mehr möglich“, erklärt der Stellvertretende Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung, Lars Geipel: „Deswegen haben wir nun überlegt, zumindest all jenen, die das gern möchten, die Möglichkeit zu geben, ihren Geburtstag trotzdem veröffentlichen zu lassen. Auf unserer Serviceseite finden Sie dazu in der nächsten Zeit die entsprechenden Formalitäten und Erläuterungen.“ (mz)