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Kommunalabgaben in Dietersdorf  Kommunalabgaben in Dietersdorf : Geld auch für alte Kanäle?

Von Helga Koch 05.03.2015, 18:05

Dietersdorf - Das Thema bleibt strittig. Der Wasserverband Südharz wird die Grundstückseigentümer aus Dietersdorf zur Kasse bitten, weil es in dem Südharzer Ortsteil bereits seit DDR-Zeiten Abwasserkanäle und ein Klärwerk gibt. Doch viele Bürger verstehen nicht, dass sie jetzt dafür bezahlen sollen. Einige wollen Widerspruch einlegen, vielleicht sogar klagen. Durchschnittlich geht es um rund 400 Euro je Grundstück im Verbandsgebiet.

Großer Unmut

Entsprechend groß war der Unmut am Mittwochabend im Bürgerhaus in Dietersdorf, als der Verband zu einer Informationsveranstaltung eingeladen hatte. Geschäftsführerin Jutta Parnieske-Pasterkamp mühte sich redlich, den rund 80 Dietersdorfern das komplizierte Problem zu erklären: Das Land verpflichte die Zweckverbände, den sogenannten Beitrag II für die alten Anschlüsse zu erheben.

Doch all das stieß manchem Anwesenden in der Runde bitter auf. Schließlich gibt es das Klärwerk schon seit den 1970er Jahren. Die Anlage sei Volkseigentum gewesen, Einwohner hätten mit geschachtet - und dafür sollten sie nun noch mal zahlen, empörten sich etliche. Bürgermeister Ralf Rettig (CDU) warf ein, dass die Arbeitsleistung als Zuschuss gewertet werden und dadurch der Beitrag geringer ausfallen müsse.

Der Wasserverband Südharz hat am 6. November 2015 die 1. Änderung der Satzung über die Erhebung von Schmutzwasserbeiträgen für Altanschlussnehmer im Verbandsgebiet des Wasserverbands Südharz beschlossen.

Demnach erhebt der Verband Schmutzwasserbeiträge zur Deckung des Aufwands für die Erneuerung der Anlagenteile.

Altanschlussnehmer sind diejenigen Grundstückseigentümer, deren Grundstücke vorm 15. Juni 1991 (mit Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes von Sachsen-Anhalt) - an eine zentrale Kläranlage angeschlossen waren oder die Möglichkeit dazu hatten.

Bei der Beitragsberechnung werden Lage, Grundstücksgröße, Bebauung, Nutzung, Vollgeschosse u. a. berücksichtigt. Die Satzung im Internet unter www.wasser-suedharz.de.

Parnieske-Pasterkamp argumentierte, dass Kanäle und Kläranlage einen Vorteil darstellten. Wer später gebaut habe, müsse längst deutlich mehr für einen Kanalanschluss bezahlen. Und die „Altanschlussnehmer“ - was unschön klingt, aber die Sache halbwegs triff - müssten aber auch für bereits entstandene Kosten, etwa durch das Nutzen von Kanälen, Pumpen oder für Sanierungsleistungen, mit aufkommen. Ebenso würden künftige Kosten geschätzt und einbezogen - bis zum Jahr 2025.

Beim Berechnen der Beiträge, so die Verbandschefin, habe der Verband keinen Ermessensspielraum. Es sei am gerechtesten, die heutigen Besitzer der Grundstücke zur Kasse zu bitten. Doch das sahen wohl etliche Dietersdorfer anders, weil sie vielleicht erst vor einem Jahr ihr Haus gekauft haben. Bitter enttäuscht meldete sich eine Seniorin zu Wort. Die 80-Jährige wohnt allein im Haus und hat ein 3.000 Quadratmeter großes Grundstück mitten im Ort. Sie befürchtet, dass sie nun viel Geld bezahlen muss, obwohl es sich fast ausschließlich um Gartenland handelt, wie sie sagte.

Kritik am geänderten Kommunalabgabegesetzt

Danny Hebecker aus dem Ortschaftsrat kritisierte, wie das Kommunalabgabengesetz im Dezember 2014 geändert worden ist: „So richtig glaubwürdig ist unsere Landesregierung nicht.“ Er spielte damit darauf an, dass laut Bundesverfassungsgericht die Bürger nach einer gewissen Zeit Rechtssicherheit haben müssten. In Sachsen-Anhalt gilt nun zwar eine Verjährungsfrist von zehn Jahren für Straßenausbau- oder Anschlussbeiträge, aber eben erst ab dem kommenden Jahr. Demnach können und müssen, so das Land, Kommunen und kommunale Verbände noch bis Ende 2015 rückwirkend Beiträge fordern. Und das sei ein „Nachteil für die Bürger“, so Hebecker.

Auch Andreas Schmidt (CDU), Vorsitzender vom Gemeinderat Südharz, meldete Kritik an: „Nutznießer ist nicht der Wasserverband Südharz. Das Land spart massiv an Fördermitteln.“ (mz)