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Hobby in Drebsdorf Hobby in Drebsdorf: Aufs richtige Pferd gesetzt

Von Antonie Städter 01.03.2014, 12:01
Pferde
Pferde Andreas Stedtler Lizenz

Drebsdorf/MZ - Schulhengst Brusco ist sehr fotogen. „Der hat eine tolle Mähne - einen knappen Meter ist sie lang“, sagt Alexandra Schatz, auf dem Weg in die Reithalle ihres Gutes mitten im kleinen Südharz-Ort Drebsdorf. Perfekt fürs Foto also, dieser Brusco. Zumal er nicht nur gut aussieht, sondern auch viel drauf hat. Was er sogleich unter Beweis stellt. In der Halle bringt die Reitlehrerin den schönen Schimmel, auf dem Reiterin Katja Kohl sitzt, mit Gerte und knappen Befehlen in den Spanischen Schritt - das sieht man nicht alle Tage: Brusco hebt den Vorderhuf nun besonders hoch und bedeutungsvoll. Das hat Anmut. Und: „Solch eine Übung macht auch dem Pferd Spaß, weil es eine natürliche Bewegung ist“, erklärt Alexandra Schatz, der man ihre bayerische Herkunft anhört. „Ein Hengst auf der Weide, der einem anderen Hengst imponieren will, macht genau diese Geste. Und wenn einst Kaiser und Könige irgendwo einritten, dann immer im Spanischen Schritt.“

Die klassische Reitkunst hat es der 49-Jährigen angetan. Auf ihrem Reiterhof sind Barockpferde unterschiedlicher Rassen zu Hause - Pferde, wie sie einst an den Adelshöfen eingesetzt wurden. Mit ihrem gutmütigen Charakter, der Menschenbezogenheit, aber auch ihrer kräftigen Hinterhand seien die spanischen Pferde der Rasse Pura Raza Española (PRE) besonders gut geeignet - wie der achtjährige Brusco. „Sie sind für die Dressur absolut prädestiniert, weil sie besonders intelligent sind und sich sehr gut auf den Reiter einstellen können“, sagt die Reitlehrerin. Auf ihnen habe man einen ausgesprochen bequemen Sitz und sie brauchten nur feinste Hilfen, um ihre Lektionen auszuführen. „Da reicht es, wenn der Reiter einatmet, und schon trabt das Pferd an“, so Schatz, die Pferde und Reiter ausbildet und auch als Turnierrichterin tätig ist. Ohnehin meint sie: „Reiten hat mehr mit Kopf und Verstand zu tun, als mit Kraft - auch wenn man diese natürlich ebenso braucht.“

„Meine Eltern hatten mir verboten, beruflich etwas mit Pferden zu machen“

Dass sie einmal diesen Weg einschlagen würde, war nicht abzusehen. „Meine Eltern hatten mir verboten, beruflich etwas mit Pferden zu machen“, erzählt Schatz mit einem Schmunzeln. Am Ende hat sie sich ja doch durchgesetzt. Nach einigen Jahren im Marketing eines Unternehmens wählte die Diplom-Kommunikationswirtin aus Augsburg mit Ende 20 einen komplett anderen Weg: Sie wollte sich den Traum vom eigenen Hof verwirklichen, der ihr seit ihrer Jugend (und den Filmen um den „Immenhof“) nicht aus dem Kopf ging.

Sie fand das passende Gut fernab der bayerischen Heimat, im Südharz-Ort Drebsdorf. Es gehört ihr nun seit mehr als 20 Jahren. In der Zeit hat sich auf dem Vierseithof viel getan. „Meine Eltern und mein Mann Michael haben mich sehr unterstützt“, so die Pferdeliebhaberin, die sich nach dem Neustart damals mit einer Unternehmensberatung selbständig machte. Auch heute berät sie kleine und mittelständische Firmen in der Region - ihr zweites Standbein. Ihr Vater ist inzwischen verstorben, die Mutter, die mit auf dem Gut wohnt, kümmert sich vor allem um die Gäste und die Herrichtung der fünf Ferienwohnungen, die sie vermieten. Mit immer mehr Resonanz, wie Alexandra Schatz sagt: „Seit ungefähr fünf Jahren sind wir sehr zufrieden.“ In der Ferienzeit hat sie fast ausschließlich mit Reitunterricht zu tun. Dabei sitzt sie nur noch selten selbst auf den Pferden. „Das beschränkt sich darauf, wenn ich unsere Freizeitreiter zum Ausritt begleite“, bedauert sie.

Woran liegt es, dass gerade Mädchen und Frauen oft besonders angetan sind von Pferden? Da muss sie nicht lange nachdenken: „Pferde sind sehr sensible Lebewesen - auch, wenn sie imposante Erscheinungen sind.“ Damit kämen Frauen oft besser zurecht als Männer. „Pferde sind Schmusetiere, sie hören immer zu und geben keine Widerworte“, so Schatz, die selbst als Elfjährige mit dem Reiten angefangen und es im Springreiten bis zur bayerischen Jugendmeisterschaft gebracht hat. „Mehr als 80 Prozent unserer Reitschüler sind weiblich.“

„Er kann Gedanken lesen“

Wie sehr eine Frau von einem Pferd schwärmen kann, erfährt man, wenn die Sprache auf Gavilan kommt. „Er ist außergewöhnlich, war schon als Dreijähriger bei Shows und Auftritten dabei. Er kann Gedanken lesen“, so Schatz. Gavilan, 2001 in Granada geboren, sei ihr erster Spanier gewesen, den sie von Anfang an ausgebildet hat. Und: „Es gibt eine gewisse Eifersucht zwischen meinem Mann und meinem Pferd“, sagt sie lachend.

Ihr Mann Michael Meinhold, der in einem ganz anderen Bereich beruflich tätig ist, sei - abgesehen von Besuchern - der einzige Mann auf dem Hof. Doch das Faible für Pferde teilt er. „Er ist Spezialist in Zuchtthemen und kümmert sich besonders gerne um die Hengste und sein Lieblingspferd Selma.“ Denn, ja, auch gezüchtet wird auf dem Gut. Es ist erst ein paar Tage her, dass Stute Castana ein Fohlen zur Welt gebracht hat. „Damit wir bei den Geburten immer dabei sein können, funkt eine WLan-Kamera vom Stall bis ins Schlafzimmer“, erzählt Schatz. Neben den Spaniern gehört eine eher ausgefallene Rasse zur Drebsdorfer Zucht: das spanisch-normannische Pferd, eine Kreuzung zwischen PRE-Hengst und Percheron-Stute. „Dabei handelt es sich um eine Rückzüchtung auf das originale Ritterpferd“, erzählt die Fachfrau. Daneben sind etwa auch Lipizzaner und einige Ponys auf dem Hof zu Hause - um die 50 Pferde insgesamt.

Was diese und die hier ausgebildeten Reiter können, wird regelmäßig bei Shows gezeigt - erst kürzlich wieder bei der Leipziger Messe Partner Pferd. Auch, um den Hof bekannter zu machen. „Menschen von weiter weg kennen Sachsen-Anhalt leider oft nicht“, sagt Alexandra Schatz, die beim Land Nachholbedarf hinsichtlich der Werbung in eigener Sache sieht. „Manche Leute können sich gar nicht vorstellen, wie es hier ist und dass es in der Region phänomenale Landschaften gibt, etwa die Südharzer Karstlandschaft.“ Sie selbst fühle sich längst zu Hause in der Region. Denn, so meint die Marketing- und Pferdeexpertin lächelnd: „Die Bayern und die Mansfelder sind sich doch sehr ähnlich: etwas stur, aber herzlich - und der Dialekt ist schwer zu verstehen.“

Imponiergehabe in der Reithalle: Hengst Brusco präsentiert den Spanischen Schritt, angeleitet von Reitlehrerin Alexandra Schatz (rechts) und Reiterin Katja Kohl.
Imponiergehabe in der Reithalle: Hengst Brusco präsentiert den Spanischen Schritt, angeleitet von Reitlehrerin Alexandra Schatz (rechts) und Reiterin Katja Kohl.
Andreas Stedtler Lizenz