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Aufbau des Arbeitsamtes Helene Bloßfeld war Fachkraft für Rechtsauskünfte beim Arbeitsamt in Sangerhausen

Von Beate Thomashausen 01.12.2020, 12:45
Helene Bloßfeld im Treppenhaus ihrer „alten“ Wirkungsstätte.
Helene Bloßfeld im Treppenhaus ihrer „alten“ Wirkungsstätte. Maik Schumann

Sangerhausen - Helene Bloßfeld (64) ist ein bodenständiger Mensch. Ihren Heimatort Brücken hat sie nur für die Zeit ihres Jurastudiums in Halle verlassen. Das war von 1974 bis 1978. Danach kam sie zurück, als Justiziarin in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Roßla. Dass sie unbedingt zurück in ihre Heimat wollte, lag natürlich auch daran, dass sie auch ihre Liebe in Brücken fand und bald heiratete.

Bis zur Wende arbeitete sie als Justiziarin zuerst in Roßla, später dann in der LPG Kelbra. Doch mit der Wende war ihr klar, dass sich die Landwirtschaftsbetriebe eine Justiziarin bald nicht mehr als Angestellte leisten können. „Ich musste mich umorientieren“, sagt sie und ist sehr stolz darauf, dass sie nicht einen einzigen Tag arbeitslos gewesen sei. Denn für DDR-Bürger sei Arbeitslosigkeit nicht nur etwas ganz Neues, sondern auch etwas Bedrohliches gewesen.

Fachkraft für Rechtsauskünfte beim Arbeitsamt in Sangerhausen

Wie sehr es die Menschen und deren Lebensläufe erschütterte, als nach der politischen Wende ein Betrieb nach dem anderen seine Mitarbeiter entließ, erfuhr sie hautnah an ihrem neuen Arbeitsplatz. Im Juli 1991 begann sie als Fachkraft für Rechtsauskünfte beim Arbeitsamt in Sangerhausen, das damals etabliert wurde. Sie erlebte die Zeit mit, als sich Schlangen vorm Amt bildeten, als es ausschließlich Papierakten gab und man nicht mal eben schnell nach einem neuen Job im Rechner nachschauen konnte.

Zum einen gab es in der Region kaum neue Arbeitsplätze, zum anderen steckte die Computertechnik erst in den Anfängen. Statt Tausender digitaler Daten gab es meterweise Akten in den Büros des neuen Arbeitsamtes, das damals für Sangerhausen, Eisleben, Hettstedt, Staßfurt und Aschersleben zuständig war. Eine unheimlich spannende Zeit, wie Helene Bloßfeld im Rückblick sagt.

Da sie für Rechtsauskünfte zuständig war, seien die Menschen zumeist unheimlich dankbar für eine Beratung gewesen. Niemand kannte sich aus im neuen Rechtssystem und arbeitslos zu werden war bis zu diesem Zeitpunkt für alle unvorstellbar. Die Insolvenz der Maschinenfabrik in Sangerhausen 1994 mitzuerleben, sei sehr hart gewesen. Vor allem konnte man den Menschen noch nicht die Perspektiven in ihrer Heimat bieten, wie es heute möglich wäre.

„Keine Besserwessis, sondern echte Kollegen, die uns sehr weitergeholfen haben“

Dass sie die Umbruchzeit in guter Erinnerung hat, liegt auch an ihren Kollegen aus Uelzen und Hildesheim, die nach Sangerhausen kamen, um beim Aufbau des Arbeitsamtes zu helfen. „Keine Besserwessis, sondern echte Kollegen, die uns sehr weitergeholfen haben und von denen alle, die sie noch kennen, mit Hochachtung sprechen.“

Mittlerweile gehören Computer zum Alltag in der Arbeitsagentur und im Jobcenter, wo Helene Bloßfeld seit 2006 als Teamleiterin in der Eingangszone arbeitet. Als Beraterin und Mittlerin wie sie sagt. Auch unschöne Szenen habe sie dort erlebt, dass Menschen erstmal verbal ihren Frust loswerden. „Mancher ist da sehr ungezogen“, sagt sie. Aber diese Fälle werde sie nicht in Erinnerung behalten, wenn sie am 16. Dezember in den Ruhestand gehen wird, sondern die positiven Fälle und natürlich ihr Team.

„Ich habe mich immer genau am richtigen Platz gefühlt“

Schon heute ist es ihr nicht einerlei, an den letzten Arbeitstag zu denken. Einen großen Bahnhof hätte sie sich gewünscht, aber der muss wegen Corona ausfallen. Also muss sie irgendwie anders Tschüss sagen, überlegt sie, denn sie habe sehr gern in der Agentur und im Jobcenter gearbeitet. „Ich habe mich immer genau am richtigen Platz gefühlt.“ Und das wird wohl auch so sein, wenn sie im Ruhestand ist und viel häufiger in Brücken sein wird. Und wenn es wieder möglich sein wird, freut sie sich aufs Reisen - zu ihren drei Kindern und sechs Enkeln. (mz)