Geburtsvorbereitungskurse Geburtsvorbereitungskurse: So sollen werdende Eltern in Sangerhausen fit gemacht werden

Sangerhausen - Das Baby hat sie leicht unter den Arm geklemmt: Die Beine in Richtung Rücken, den Kopf zur Brust gedreht. „Die Fußball-Stellung“, sagt Nicole Pardes-Mehmel und lacht. Dass Kinder so gestillt werden, sei kein alltägliches Bild - das weiß die Hebamme selbst und das sieht sie auch an den Gesichtern der Frauen, die um sie herum im Kreis sitzen.
Thema Stillen regt zu vielen Diskussionen an
Einige der werdenden Mütter lächeln verlegen, andere ziehen die Brauen hoch: „Stillen ist wohl ein Thema, über das wir unendlich diskutieren könnten“, meint Pardes-Mehmel und legt die Baby-Puppe beiseite.
Über die Dauer des Stillens lässt sich streiten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt sechs Monate ausschließliches Stillen. Danach kann es bei normaler Ernährung fortgesetzt werden, solange Mutter und Kind sich damit wohl fühlen. Eine Grenze nach oben nennt die WHO nicht.
Das Trinken aus der Flasche ist für Säuglinge anstrengender als das Trinken aus der Brust. Denn beim Stillen kann das Kind den Milchfluss selbst mit dem Mund kontrollieren. Bei der Flasche funktioniert das nicht. Hinzu kommen Schlucken und Atmung, die reguliert werden müssen. (lwö)
In der Sangerhäuser Helios-Klinik leitet sie mit vier weiteren Hebammen einen Geburtsvorbereitungskurs - einmal pro Woche, mit zehn oder zwölf Frauen und immer im Sitzkreis. Denn die Schwangeren sollen ihre Fragen in gelöster Atmosphäre stellen können.
Und das tun sie auch: Gerade Stillen, so wie es in dieser Stunde auf dem Plan steht, ist immer ein Reizthema. „Ist es erlaubt, meinem Kind öffentlich die Brust zu geben“, fragt eine Teilnehmerin. Ihre Hebamme, die international anerkannte Stillberaterin ist, winkt ab: „Verboten ist hierzulande nichts. Menschen haben damit nur oft ein Problem. Mach es so, wie du dich wohlfühlst.“
Pardes-Mehmel ist selbst ein großer Still-Fan, daraus macht sie keinen Hehl. Vier Kinder hat sie, alle haben recht lange die Brust bekommen. „Stillen tut Mutter und Kind gut“, findet die Hebamme, die Frauen warnt, zu schnell auf gut gemeinten Rat von Verwandten oder Vorurteile zu hören: „Dafür sind unsere Kurse da. Die Schwangeren sollen selbst lernen und für sich die beste Entscheidung treffen.“
Und Stillen sei nur eines von vielen Themen. Erst neulich habe eine Kollegin über Elterngeld und Mutterschutz gesprochen, dann ging es um Kinderwagen, Tragetücher und Säuglingspflege. „Wer schwanger ist, denkt oft nur an diesen Tag X der Geburt“, sagt die Hebamme.
„Dabei kommt so vieles davor oder danach, was bedacht werden muss.“ Viele Mütter hätten wohl Ängste oder ganz feste Vorstellungen, was sie erwartet, glaubt sie. „Der Kurs soll genau hier ansetzen.“
Teilnehmergruppe bei den Kursen breit gefächert
Meist seien die Teilnehmerinnen noch recht jung. Die meisten erwarten das erste Kind. Doch es gibt auch Frauen, die zum zweiten oder dritten Mal dabei sind, um zu sehen, was sich verändert hat. Andere nutzen das Angebot, weil sie beim ersten Kind keine Möglichkeit dazu hatten.
„Es hilft auf jeden Fall weiter“, sagt Teresa Jarzombski aus Allstedt. Im September wird sie zum ersten Mal Mama, den Kurs haben ihr Bekannte und Ärzte empfohlen. „Man sitzt doch als Schwangere viel zu Hause und liest alles Mögliche, um sich vorzubereiten. Aber bevor ich die falschen Bücher wälze, komme ich doch lieber hierher, wo ich beraten werde.“
Die meisten Frauen kommen allein zum Kurs. Dabei sind die werdenden Väter gar nicht von den Plauderrunden ausgeschlossen. Pardes-Mehmel würde sich sogar etwas mehr Männerbeteiligung wünschen: „Der Partner sollte genauso gut informiert sein, denn im Zweifelsfall hört die Mutter eher auf ihn als auf ihre Hebamme. Das ist nun einmal so.“ (mz)