Friedhof in Roßla Friedhof in Roßla: Pferdeliebhaber auch im Jenseits

Rossla - Sogar von der alten Bundesstraße 80 aus ist es zu sehen: Ein weißes Pferd, das in Lebensgröße auf dem Friedhof in Roßla steht. Es sorgt für Emotionen, jede Menge Gesprächsstoff - und mehr Friedhofsbesucher als sonst.
Immerhin, ein echtes Tier ist es nicht, sondern aus Kunststoff. Und es ist auch kein Scherz, den sich da irgendjemand erlaubt hätte. Doch die Meinungen über den ungewöhnlichen Grabschmuck gehen weit auseinander.
Der Tote, der von außerhalb stammte, dürfte also zu Lebzeiten eine besonders enge Beziehung zu Pferden gehabt haben. Der Erdhügel über dem Sarg ist mit Rosen, Silberdraht und Erika bepflanzt.
In die Büsche hinterm Grab ist Trauerflor gewunden, in der Ligusterhecke stecken rote Kunstrosen. Auf der frisch geharkten Erde des Doppelgrabes finden sich Laternen, Engel, Steine mit Sprüchen - und eben das große Pferd. Aber kaum ein Blättchen, obwohl der Herbstwind das welke Laub in großen Mengen von den Friedhofsbäumen herabgeweht hat.
Günter Schröder aus Roßla überlegt einen kurzen Moment, dann fasst er seine Meinung über das außergewöhnlich geschmückte Grab mit einem einzigen Wort zusammen. Er findet es: „Super!“
Am Grabschmuck in Roßla scheiden sich die Geister
Zumal das Grab im Vergleich zu manch anderem sehr sauber und gepflegt sei, wie der 74-Jährige festgestellt hat: „Die Angehörigen sind jeden Tag hier und machen das Laub weg.“
Angela Kühne aus Dittichenrode hat sich ebenfalls die Grabstätte aus der Nähe angeschaut, nachdem ihr jemand ein Foto geschickt hatte. „Es ist schon ausgefallen und kurios“, meint sie.
Zumal das Pferd sogar während der Trauerfeier in der Trauerhalle auf Stroh gestanden haben soll, wie in Roßla erzählt werde. Doch Kühne fügt hinzu: „Es ist jemand gestorben, und die Familie trauert um ihren Angehörigen. Man sollte das als Trauerarbeit ansehen und Respekt vor der Familie haben.“ Unabhängig davon, wie man selbst ein Grab gestalten würde. Falls das Pferd gegen eine Satzung der Gemeinde verstoße, sagt Kühne, dann wäre es an der Gemeindeverwaltung, sich einzuschalten.
Doch Roßlas Ortsbürgermeisterin Nadine Pein (CDU) verneint: „Das ist nicht genehmigungspflichtig.“ Die Begründung liefert die stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde Südharz, Anja Wöbken: „Es handelt sich um einen vorübergehenden Grabschmuck und nicht um eine Grabeinfassung, die genehmigungspflichtig ist.“ Allerdings, habe das Pferd „viele Reaktionen“ ausgelöst, räumt sie ein.
„Wir haben einen Zeitplan mit der Familie besprochen“, erklärt Wöbken. Paragraf 12 der Friedhofssatzung der Gemeinde schreibt vor, dass die Errichtung von Grabmalen, Einfassungen, Steinplattenabdeckungen und sonstigen baulichen Anlagen oder deren Änderung der schriftlichen Zustimmung der Friedhofsverwaltung bedarf.
Das Pferd, macht Wöbken aufmerksam, gehöre zum Grabschmuck anlässlich der Beerdigung. Er werde „solange geduldet, bis eine Grabeinfassung aus technischen Gründen möglich ist“, also bis zum Frühjahr.
Eins sei festzustellen, sagt Wöbken: „Die Friedhofskultur wandelt sich.“ Es gebe immer weniger Erd- und mehr Urnenbestattungen, auch Rasengräber würden häufiger gewünscht. Für dieses Jahr weist die Statistik der Gemeinde Südharz neun Erd- und 115 Urnenbestattungen aus, davon acht in Rasengräbern.
Ob künftig aber auch woanders derart ausgefallener Grabschmuck wie jüngst in Roßla auftaucht? Zumindest in Dittichenrode, wo jeder jeden kennt, vermutet Kühne, wäre das wohl nahezu ausgeschlossen.
(mz)