Ein Jahr nach dem Unwetter Ein Jahr nach dem Unwetter: Am 7. Juli 2015 richtete ein Tornado Millionenschäden an

Einsdorf - Vor genau einem Jahr tobte ein Unwetter durch die Region. Orkanartige Sturmböen wüteten. Mancher spricht sogar von einem Tornado. Hagel prasselte in Massen auf Dächer, Autos, Bäume, Gärten, zerfetzte und zerstörte. Zehn Minuten wüteten die Naturgewalten dort, wo sie hinkamen. Unter anderem gelangten sie nach Einsdorf.
Draußen ging die Welt unter
Volker Gropp (62) weiß noch genau, dass er unter der Dusche stand, als draußen die Welt unterging. Seine Frau habe gerade aus der Tür treten wollen. „Zum Glück hat sie das nicht getan“, sagt er heute rückblickend, denn draußen pfiffen nicht nur große Hagelkörner wie eine dichte Wand durch den Ort, der Sturm riss Dachziegel und Äste ab. Jemand, der in diesen zehn Minuten keinen Schutz gefunden hätte, um den wäre es geschehen gewesen.
Da ist sich auch Gropps Nachbar Horst Lange (70) sicher. Er habe in seiner Werkstatt gestanden und fassungslos mit ansehen müssen, wie die Naturgewalten vor seinen Augen wüteten. Als sich der Sturm gelegt hatte, und nach und nach alle Einsdorfer vor ihre Türen traten, um sich anzusehen, was da geschehen war, hätte er am liebsten die Augen verschlossen. Denn es sei ihm gleich klar gewesen, dass er da draußen auf Verwüstung treffen würde.
Schon einmal habe er ein ähnlich heftiges Unwetter in Einsdorf miterlebt, sagt Lange. Das war am 13. August 1953 gewesen. Damals war er ein Kind. Die Feldscheune wurde damals zerstört, erinnert er sich. Und eine Menge alter Bäume im Dorf fielen em Hagelsturm zum Opfer. Diesmal, 63 Jahre später, war sein eigenes Grundstück von Sturmschäden betroffen. „Zehn Zentimeter hoch lagen die Hagelkörner“, erinnert sich der Einsdorfer. „Mein Gewächshaus lag auf der Gasse.“
Ungeahntes Ausmaß an Schäden
Erst nach und nach habe man das Ausmaß der Schäden realisiert. Dass Dächer kaputt waren. Und welches Riesenglück alle hatten, sich gerade unter einem schützenden Dach befunden zu haben oder sich noch schnell unter eines retten konnten.
Heftiger Hagel und abgebrochene Bäume
Nachbar Steffen Bornhake (47) zum Beispiel hatte gerade den „Weihnachtsbraten des vorigen Jahres“ in den Stall gescheucht, weil er die dunkle Wand herannahen sah. Um noch den Pkw und den Transporter vom Hof in ein schützendes Gebäude zu fahren, dafür war es schon zu spät. Er hatte kurz darüber nachgedacht und es versucht, aber sofort davon abgelassen: „Der Hagel, der mich am Arm traf, das hat schon sehr wehgetan. Da wollte ich nichts mehr riskieren.“
Und so sah er von drinnen, wie sich die Bäume bogen, wie waagerecht der Hagel am Haus vorbeischoss, hörte den Sturm toben. „Nach zehn Minuten war das vorbei“, sagt Lange.
Zehn Minuten voller Zerstörung
Zehn Minuten, in denen Bäume brachen, Ziegel von den Dächern gerissen wurden. Eine Mauer kippte auf ein Auto. Carports gaben den Geist auf. Zäune brachen. „Ich kann gut darauf verzichten, so etwas noch einmal mitzuerleben“, meint Steffen Bornhake, der mittlerweile sein Grundstück wieder in Schuss hat. Firstziegeln sind ersetzt. Ein Pfeiler ist neu gesetzt. Kaputte Bäume sind gerodet. „Das war schon einige Tage Arbeit, schon allein, um alles wieder aufzuräumen“, sagt Bornhake.
Welf Knobloch ist jetzt noch dabei, die Sturmschäden zu reparieren. Der Winkeler ist Dachdecker und hat 2014 den Betrieb seines Vaters übernommen. „200 Sturmschäden werden es bestimmt gewesen sein, deren Reparatur wir in Auftrag bekommen haben“, sagt der Dachdecker. Da sei alles dabei gewesen - von der kaputten Regenrinne bis hin zum völlig zerstörten Dach.
In den ersten paar Wochen nach dem Sturm herrschte Ausnahmezustand in der Winkeler Dachdeckerfirma. Alle zwölf Mitarbeiter waren praktisch rund um die Uhr im Einsatz, um zunächst einmal Notsicherungen vorzunehmen. „Die Betroffenen mussten schließlich erst mal mit ihren Versicherungen in Kontakt treten.“
Und für einige Kunden des Dachdeckerbetriebs, die schon einen festen Termin ausgemacht hatten, hieß es nach dem Sturm, sich in Geduld zu üben, denn bereits zugesagte Termine wurden wegen dringlicher Arbeiten nach hinten verschoben. „Die meisten unserer Kunden haben das verstanden und haben mit den Sturmopfern gefühlt“, sagt Knobloch.
Wenn sich jetzt der Himmel verdunkelt, ist Horst Lange sofort in Sorge. „Dieses einschneidende Erlebnis wird man nicht mehr los. Ich weiß, dass es nicht nur mir so geht. Wohl den meisten steckt dieser Tornadoabend noch in den Gliedern.“ (mz)