DRK-Pflegeheim "Kyffhäuserblick" DRK-Pflegeheim "Kyffhäuserblick": Betreuer kämpft um Bettpolster für kranken Schützling

Sangerhausen - Das Leben hat es mit Rolf Schmeisky (52) nicht allzu gut gemeint. Er ist mehrfach behindert und hatte bis jetzt die Pflegestufe III. Schon seit 2003 lebt der Sangerhäuser im DRK-Pflegeheim „Kyffhäuserblick“. Doch eins bringt Axel Sell, seinen ehrenamtlichen Betreuer, manchmal fast zum Verzweifeln: „Rolf braucht dringend ein neues Bettpolster, das alte ist völlig verschlissen. Und keiner bezahlt’s.“ Es gehe um etwa 300 Euro, sagte Sell im Sozialausschuss des Kreistags.
Bettpolster Schützen an Epilepsie Erkrankten vor Verletzungen bei Anfällen in der Nacht
Rolf Schmeisky leidet unter anderem an Epilepsie. Die Anfälle kommen ohne Vorwarnung. Tags, nachts, mal seltener, dann wieder öfter, mal stärker oder schwächer. Deshalb braucht er sogenannte Seitengitterpolster im Bett. „Sie schützen ihn davor, sich zu verletzen, wenn er zum Beispiel nachts plötzlich einen epileptischen Anfall bekommt“, erklärt Sell. Im Oktober 2011 verschrieb der Hausarzt ein neues Polster, aber das hat Rolf Schmeisky bis heute nicht.
Denn die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK), bei der er versichert ist, lehnte ab: „Die gesetzliche Krankenversicherung kann auf der Grundlage aktueller Rechtssprechungen des Bundessozialgerichts nur solche Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die nicht in die Leistungspflicht des Heimes gehören.“ Das allerdings wollte Betreuer Axel Sell nicht hinnehmen und legte Widerspruch ein. Erfolglos. Er hielt zwar am Widerspruch fest, aber der Widerspruchsausschuss der AOK Sachsen-Anhalt blieb bei der ursprünglichen Ablehnung.
Ehrenamtlicher Betreuer wendet sich an das Sozialgericht Halle
Also fragte Sell bei der Heimleitung nach. Doch auch dort ging er leer aus. „Wir übernehmen von Seiten der Pflegeeinrichtung nicht die Kosten für ein Bettpolster“, hieß es. Sell war empört: „Es kann doch nicht sein, dass sich Verantwortliche gegenseitig aus der Sache heraus reden.“ Er schaltete schließlich das Sozialgericht Halle ein. Das prüfte den Fall und lud, übrigens auf Antrag der AOK, den DRK-Kreisverband mit zum Verfahren.
Als Betreuer entband Sell mehrere Ärzte von der Schweigepflicht, damit sie ihre Unterlagen zu Rolf Schmeiskys Krankengeschichte vor Gericht vorlegen konnten. In diesem Zusammenhang stellte ein weiterer Arzt ein Rezept aus: „Zum Selbstschutz bei insbesondere nächtl. Anfällen ist ein Bettschutzpolster medizinisch sinnvoll.“ Auch hier: ohne Erfolg.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben 2007 zur Hilfsmittelversorgung in Pflegeheimen einen Katalog beschlossen. Grundsätzlich gilt: Die Abgrenzung der Leistungspflicht für notwendige Hilfsmittel bei Bewohnern in stationären Pflegeeinrichtungen kann nicht allgemeinverbindlich und rein produktspezifisch vorgenommen werden. Vielmehr ist in der Praxis jeder einzelne Versorgungsfall… individuell zu prüfen.
Der ausführliche Abgrenzungskatalog im Internet: www.kbv.de
Im März 2013 stimmten schließlich alle Beteiligten - einschließlich des Pflegeheims - einer mündlichen Verhandlung zu. Dann vergingen drei Jahre. Im Mai 2016 erfuhr Sell auf Anfrage, der Vorsitzende habe die Kammer erst neu übernommen und müsse sich in eine Vielzahl von Verfahren einarbeiten. Tatsächlich wurde der Streit um das Bettpolster am 22. Juni verhandelt. Obwohl vom Gericht aufgegeben, schickte das DRK niemanden zu diesem Termin.
Im November 2016 hielt Sell endlich das Urteil nebst Begründung in den Händen, alles in allem 15 Seiten. Tenor des Ganzen: Die AOK braucht das Polster nicht bezahlen. Aber das Therapiebett „nebst der erforderlichen Zurüstung“ sei „ein Hilfsmittel, welches vom Heimträger vorzuhalten ist“.
DRK-Kreisverband will Problem lösen
Simone Klass, Geschäftsführerin des DRK-Kreisverbands, ist überrascht: „Herr Schmeisky hat einen Bettschutz. Nach der Meinung der Wohnbereichsleiterin ist er ausreichend. Der Bettschutz wird desinfiziert und abgewischt, das hinterlässt Spuren.“ Das Polster sei „vielleicht optisch nicht mehr so schön“, räumt Simone Klass ein, aber funktionstüchtig. „Wir können gern drüber reden, das zu erneuern, dann aber nur aus optischen Gründen.“ Wenn der Medizinische Dienst prüfe, schaue er sich so was ja auch an. „Es ist nicht an uns herangetragen worden, dass es nicht ausreichend wäre.“
Weder Herr Schmeisky noch Herr Sell hätten Forderungen vorgetragen. Sie hätte sich gewünscht, sagt Simone Klass, das Problem wäre angesprochen worden: „Wenn Herr Sell mit uns gesprochen hätte, wäre es schon längst erledigt gewesen.“ (mz)
