Ukrainerin und ihr Mann in Sangerhausen angekommen Die Odyssee der Anastasiia K.
Eine junge Frau bringt der Krieg nach Mansfeld-Südharz und sie bringt die Kunst mit. Warum sie bleiben möchte.
Sangerhausen/MZ. - Die Odyssee endete in Sangerhausen. Zumindest für die Ukrainerin Anastasiia Kostenko. In Dneperpedrowsk (jetzt Dnipro) fielen Bomben und schlugen pfeifend und heulend Raketen ein. Da blieb nur die Flucht vor dem Krieg. Das war im März 2022. Via Warschau ging es nach Berlin. Erst mit dem Bus, tage- und nächtelang. Und dann mit der Bahn nach Berlin.
Anastasiia Kostenko war allein und gerade einmal 23 Jahre jung. Mit zwei großen Koffern unterwegs. „In den Koffern war mein Leben drin“, sagt sie. Alle Zeugnisse, Unterlagen, Nachweise, Studienabschlüsse. Ein paar Sachen zum Anziehen auch. Und ohne Schlaf. Die junge Frau Kostenko musste schließlich auf ihr Leben achtgeben. Denn eines wusste sie: Ohne gültige Papiere bist du in keinem Land der Welt etwas wert.
Sangerhausen - eine Unbekannte
Dann endlich Berlin. Nach einer aufregenden Reise durch fast ganz Europa. Aber es wartete noch ein kleiner „Abstecher“ nach
Sangerhausen. Für die junge Ukrainerin ein Städtchen im Nirgendwo. Eine Adresse in der neuen Heimat? Entfernte Verwandte leben dort. Bei der Sangerhäuserin Anke Poschmann fand sie für ein Jahr „Unterschlupf“, erlebte solidarische Hilfe zur Selbsthilfe und jede Menge hilfreiche Ratschläge für ihr neues Leben - hier in Deutschland.
Ex-Oberbürgermeister hilft
Anastasiia Kostenko wusste: Ohne die deutsche Sprache kommt man nicht weiter. Also kniete sie sich rein. Beim Sprachunterricht hatte die junge Ukrainerin eine gute Hilfe. Die Rede ist von Ralf Poschmann. Der Sangerhäuser Ex-Oberbürgermeister war schließlich vor seinem Ausflug in die Kommunalpolitik einmal Lehrer. Ein einmal gut studiertes Handwerk verlernt man nicht. Und: Poschmann kümmerte sich um die Ukrainerin und ihre Familie, die später eintraf, half, Türen zu öffnen - offensichtlich auch zu Ausstellungen. Ihre erste kleine Werkschau konnte Anastasiia Kostenko schon im Europa-Rosarium zeigen. Ihre Bilder überraschten durch Professionalität und gefielen. Einige erfreuten im Rathaus, zierten den Flur zum berühmten Goldenen Saal. Ex-OB Ralf Poschmann sagt: Anastasiia gehört praktisch mit zur Familie. Bei einem Konzert für die Ukraine-Hilfe mit immerhin 600 Besuchern in der Rosenarena wurde gewissermaßen als Höhepunkt des Abends ein echter Kostenko versteigert - und brachte sage und schreibe 1.300 Euro. Organisiert hatte das Konzert sowie die Hilfsaktion der Rotaryclub Sangerhausen.
Ein Bild von Sangerhausen
Das Bild von der Altstadt Sangerhausens ersteigerte ein Sangerhäuser. Er freut sich nun über eines ihrer ersten Bilder, die in Deutschland entstanden. Bislang sind viele Kunstwerke dazu gekommen. Eine vielfältige Sammlung findet man übrigens auf ihrer Homepage. Dort stellt sie künstlerische Werke zu den Themen Florales, Landschaft, Urbanes/Architektur, Personen und Wandgemälde vor. Für den Betrachter öffnet sich ein faszinierendes Feuerwerk an Kreativität und künstlerischer Inspiration und Freude an Farben. Da werden Farben regelrecht zelebriert.
Inzwischen spricht Anastasiia Kostenko gut deutsch. Die junge Frau hatte in Saporoshje Innendesign studiert und mit einem Bachelor abgeschlossen und arbeitet nun in Sangerhausen als freiberufliche Malerin, zudem ist sie beim Sangerhäuser Weiterbildungswerk GfM (Gesellschaft für Mikroelektronik) als Lehrerin für Kunsterziehung tätig. Ihr Mann Hryhorii ist bei einem Sangerhäuser Unternehmen tätig.
Junge Familie ist angekommen
„Wir sind angekommen“, sagt sie. Man sei schon „heimisch“ geworden im schönen Sangerhausen. „Dank an alle, die meine Familie so herzlich hier in Deutschland aufgenommen haben“, sagt Anastasiia. Die beiden Kostenkos wollen bleiben. Beide mögen die Atmosphäre und die Tatsache, dass die Geschichte erhalten geblieben ist. Vor allem die Schlösser begeistern durch ihre Pracht und die gotische Architektur. „Wir wollen hier bleiben und einen kleinen Beitrag zur Kultur und Entwicklung des Landes leisten.“ Das sagt Anastasiia Kostenko.
Zwar würde man von Freunden und der Familie getrennt, das müsse man ertragen. Ein bisschen ukrainische Heimat bleibe schließlich auch mit einem Rezept, das sie immer mit ihrer Großmutter Natalia in Saporoshje gekocht habe. Das nennt sich Vareniki. Und Vareniki bereichert ab und an den Speiseplan der Kostenkos.
Ausstellung in Aschersleben
Anastasiia Kostenko ist eine sehr produktive Künstlerin. Derzeit bereitet sie eine neue Ausstellung vor, sitzt täglich an der Staffelei, mischt Farben und bringt Motive auf die Leinwände. Die Ausstellung soll aller Voraussicht nach im April in Aschersleben eröffnet werden.
In der Stadt aus der der bekannte Maler und Grafiker Neo Rauch stammt. Mit seinem Werk und seinem Schaffen des weltbekannten Künstlers, der heute in Leipzig wohnt, hat sich Anastasiia Kostenko bei einem Besuch in Aschersleben bereits auseinandergesetzt. Mal sehen: Vielleicht lässt die Kostenko die MZ-Leser in Vorbereitung auf die nächste Ausstellung ja mal heimlich zuschauen…
Die Künstlerin im Internet: www.art-kostenko.com