Burgfrühling in Allstedt Burgfrühling in Allstedt: Eine Reise ins dunkle Jahrhundert

Allstedt - Kampfgeschrei erfüllt den Allstedter Burghof. Dann trifft Stahl auf Stahl, Klingen kreuzen, Schilde klappern und schließlich liegt der Krieger am Boden, während sein Konkurrent auf ihn herablächelt. Vielleicht scheint es zuerst, als sei der Mann in der Rüstung eines arabischen Sarazenen ernsthaft verletzt. Doch keine Angst: Beim Allstedter Burgfrühling, den die Event-Agentur „Sündenfrei“ gestaltete, fließt kein Blut.
Ein anziehendes Hobby
„Das sollte es wenigstens nicht“, sagt Andreas Frank, der gerade besiegt wurde, lachend. „Letztes Jahr habe ich allerdings eine kleine Narbe auf der Stirn davongetragen.“ Doch davon lässt sich ein echter Kämpfer wie der Mühlhäuser nicht abschrecken. Es scheint einfach ein zu anziehendes Hobby zu sein, dieses Mittelalter.
Hundert Menschen verzichten während des Allstedter Spektakels auf den gewohnten Komfort eines beheizten Eigenheims und kuscheln sich übers Wochenende zwischen die weichen Felle ihrer Zelte.
Thermoskanne und Gasplatten werden heimlich versteckt
Damit es in dieser mehr oder weniger geräumigen Schlafstätte allerdings nicht zu dunkel wird, reiste auch Ferris Mc Taylor aus Wolfen in die fernen Allstedter Lande. Der Mann, der eigentlich Frank Schneider heißt, hat sich spezialisiert auf mittelalterlichen Hausrat wie Wachsleuchter. Ein kleines und durchaus nützliches Nebengeschäft ganz im Sinne der modernen Hausfrau von 1400, findet der Schmied mit dem Rauschebart.
Doch wer beim Burgfrühling stilvoll wohnen will, der kann sich nicht bloß mit Kerzenlicht und ein paar Fellen zufriedengeben. In der Mittelalter-Szene gehört es zum guten Ton, während der Festtage auch auf andere Annehmlichkeiten wie Porzellangeschirr und Kaffee aus der Thermoskanne zu verzichten. Wenn gekocht wird, dann überm Feuer. Gasbetriebene Herdplatten versteckt man, wenn überhaupt vorhanden, im hintersten Winkel des Zeltes und schweigt über deren Existenz.
Spaghetti - typisch Mittelater
Nur beim Essen wird dann doch etwas geschummelt, wie Tina Wittke verrät: „Ich kann ja hier nicht anfangen, nach mittelalterlicher Art Rüben und Kohl zu reiben. Da dürfen es schon Spaghetti sein. Das essen auch hier alle gern“. Dieses herzhafte, recht neuzeitliche Mahl mundete auch ihrem Ehemann Steffen. Schon vor 600 Jahren galt: Wer hart arbeitet, der wird auch hungrig. Seit der Markteröffnung stand der hauptberufliche Tischlermeister an seiner Drechselbank um dort die passenden Holzlöffel fürs Allstedter Lagerleben herzustellen.
Von Familie Wittke kann man sagen, sie leben das Mittelalter in vollen Zügen. „Sogar unser Hund ist historisch“, witzelt der Handwerker. „Zumindest soll es Cocker Spaniel damals schon gegeben haben.“ Wenn das Paar dann allerdings die Freunde aus der Szene nach Hause einlädt, sorgt das oft für Verwirrungen: Mit Gewand oder in zivil? (mz)