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Appell an Politik Bürgeraktion stößt neue Debatte um Trinkwasser in Sangerhausen und Umgebung an

Von Helga Koch 12.11.2021, 10:45
Symbolfoto - Trinkwasser
Symbolfoto - Trinkwasser (Foto: picture alliance/dpa)

Sangerhausen/MZ - Ginge es nach Gerhard Ernst, Sprecher der Sangerhäuser Bürgeraktion für gesundes Trinkwasser, würden nicht nur Allstedt und die Kreisstadt mit Fernwasser versorgt. Er fordert, auch Edersleben, Lengefeld, Großleinungen, Kleinleinungen, Drebsdorf, Morungen oder Roßla und benachbarte Bereiche Nordthüringens aus der Rappbodetalsperre zu versorgen. Die Kinderärzte Hinrich Ballke aus Greifswald und Winfried Eisenberg aus Herford, mit denen die Bürgeraktion seit Jahren wegen der Uranproblematik in engem Kontakt steht, bitten dazu die Präsidenten der Bundesärztekammer und der Landesärztekammern von Sachsen-Anhalt und Thüringen um Unterstützung.

Sorge wegen Schadstoffen im Trinkwasser

Beide Mediziner kritisieren, dass „in den seit vielen Jahrzehnten andauernden Diskussionen um Trinkwasser-Grenzwerte für Schadstoffe in den genannten Regionen die besonders sensiblen Entwicklungsphasen der ungeborenen Kinder, der Säuglinge und Kleinkinder nicht genügend beachtet“ würden. Für den Raum Allstedt/Sangerhausen ist das Problem dank der Versorgung mit Fernwasser seit 2013 beziehungsweise 2018 gelöst. Doch es gebe noch Orte, in denen Wasser aus Tiefbrunnen teils erheblich belastet ist, obwohl die Werte unterhalb der Grenzwerte liegen. Nur der Sulfatwert in Roßla liegt höher.

Besonders problematisch: Der Nitratgehalt des Edersleber Wassers liegt mit 48 Milligramm je Liter nur knapp unter dem Grenzwert von 50 Milligramm je Liter; das vollständige Analyseprotokoll steht auf der Internetseite des Wasserverbands Südharz. Doch Nitrat kann sich in Nitrit umwandeln, was für Säuglinge besonders gefährlich ist.

Kinder sind viel empfindlicher

Bei den erwähnten Schadstoffen, schreiben Ballke und Eisenberg, handle es sich in erster Linie um Uran und dessen Zerfallsprodukte - und eben Nitrat. „Besonders gefährlich sind die Komplexverbindungen dieser und anderer Schadstoffe, der sogenannten Uranylcocktails.“ Für gesunde Erwachsene sei es „zur Not vertretbar“, würden zeitweise die per Grenzwert festgelegten Konzentrationen überschritten - „für die um ein Vielfaches empfindlicheren Kinder jedoch nicht“. Laut EU gelte deshalb beispielsweise für Säuglingsnahrung ein Grenzwert von 10 Mikrogramm Uran je Liter. Das Trinkwasser in Edersleben enthält 6,8 Mikrogramm Uran je Liter. Außerdem verweisen die Ärzte auf eine dänische Studie, die den „Zusammenhang der Nitratkonzentration im Trinkwasser mit Darmkrebs aufzeigt“.

Die Ärzte warnen eindringlich: „Wenn mehrere Schadstoffe, wie hier Uran und Nitrat, in Grenzwertnähe im Trinkwasser vorhanden sind, potenzieren sich die Schadwirkungen, so dass die Einzel-Grenzwerte belanglos werden. Ohnehin sagen Grenzwerte keineswegs aus, dass darunter liegende Schadstoffkonzentrationen unbedenklich wären.“