Flüchtlinge Ärztin in Sangerhausen nimmt Mutter mit zwei Kindern aus der Ukraine auf
Wie es die Familie in die Rosenstadt verschlagen hat. Landkreis Mansfeld-Südharz prüft zurzeit dreistellige Zahl von angebotenen Privatunterkünften.

Sangerhausen/MZ - In Sicherheit. Zwei Worte, deren wahren Wert man kaum ermessen kann, wenn man im beschaulichen Mansfeld-Südharz lebt. Tatjana Smyrnova und ihre Töchter Darisa (1,5) und Alexandra (14), haben bis vor Kurzem in Saporoshez gewohnt, einer Stadt in der ukrainischen Verwaltungsregion Cherson, nur einige Kilometer weg von der Front.
„Man hört die Geschütze und es gibt immer wieder Luftalarm“, erzählt ihr Schwager Ilia Smyrnov, der seit vier Jahren bei der Feag in Sangerhausen arbeitet und ausgezeichnet deutsch spricht. „Bis jetzt sind aber nur zwei Bomben auf Saporoshez gefallen“, sagt er. Ein Satz, der einem erst mal den Atem stocken lässt. Nur zwei Bomben. Niemand weiß, was noch kommt. Also beschloss die Familie, dass Mutter und Kinder zum Schwager nach Deutschland gehen. Feag-Chef Heiko Koschmieder hatte seinen ukrainischen Mitarbeitern für diesen Fall Hilfe angeboten. Er stellte zwei Leute frei und schickte ein Auto los, um die Familie abzuholen.
2600 Kilometer mit Zug, Bus und Auto
Tatjana Smyrnova hatte sich mit den Töchtern auf den über 1.100 Kilometer langen Weg nach Lemberg in der Westukraine gemacht und reiste von dort weiter ins südlicher gelegene Usgorod. Weil die Grenzübergänge nach Polen heillos überlastet waren, entschied sich die Ingenieurin für den Weg über die Slowakei. Mit dem Bus ging es nach Kosice, mit dem Zug weiter nach Bratislava und von dort dann im Auto nach Sangerhausen.
Hier kamen die Drei zunächst in der kleinen Einraumwohnung ihres Schwagers unter. Der Landkreis vermittelte den Kontakt zu Petra Wein, die eine kleine Wohnung im Dachgeschoss ihres Hauses für die Unterbringung geflüchteter Ukrainer angeboten hatte. „Ich hatte den Aufruf gelesen. Die Wohnung braucht ja im Moment niemand sonst“, erklärt die Ärztin. Ihre erwachsenen Kinder sind quasi aus dem Haus, die 30 Quadratmeter, voll möbliert, bieten nun Tatjana Smyrnova und ihren Töchtern ein sicheres Zuhause. Sogar ein Babybettchen steht schon drin.
Mit Brot und Salz empfangen
Mit Brot und Salz hat Petra Wein ihre neuen Mitbewohner empfangen und ihnen mit Hilfe eines Stadtplans die wichtigsten Dinge gezeigt. „Ich wohne ja auch nur 15 Minuten weg und kann immer helfen“, sagt Ilia Smyrnov. Er ist sehr dankbar für die Unterstützung, die seine Familie erfährt.
Bei aller Sorge um seinen Bruder, der in der Ukraine bleiben musste, ist es gut, die Schwägerin und die Nichten in Sicherheit zu wissen. Ein gutes Gefühl ist es auch, die Unterstützung durch den Arbeitgeber und die herzliche Hilfsbereitschaft der Kollegen zu spüren. Die fragten sofort, was gebraucht wird, brachten Spielzeug und Sachen für die Jüngste mit.
Alexandra soll nun so schnell wie möglich zur Schule gehen. Petra Wein hat sich beim Landkreis erkundigt, welche Wege dafür zu erledigen sind, und der Familie das Prozedere erklärt.
Landkreis prüft zurzeit privat angebotene Unterkünfte
Smyrnova und ihre Töchter sind drei von bisher rund 400 Flüchtlingen aus der Ukraine, die offiziell im Landkreis Mansfeld-Südharz registriert sind. Neben zentralen Aufnahmestellen in Sangerhausen, Eisleben und ab nächster Woche Hettstedt gebe es eine dreistellige Zahl von Angeboten privater Unterkünfte, sagt Kreis-Pressesprecherin Michaela Heilek. Eine genauere Zahl konnte sie noch nicht nennen. Mitarbeiter der Verwaltung seien noch dabei, die Angebote zu sichten und zu bewerten.
Generell miete nicht der Landkreis private Quartiere an, Verträge würden unter den beiden Mietparteien geschlossen. Für die Miete gelten dabei die gleichen Obergrenzen wie für die Übernahme der Wohnkosten bei Hartz IV.