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Andreas-Kircher in Winkel Andreas-Kircher in Winkel: Plötzlich knopflos

Von Lucas Wölbing 16.09.2015, 16:40

Winkel - Langsam bewegt sich die schmale Plattform in die Höhe, entfernt sich Schritt für Schritt vom Erdboden und das Dorf dort unten wird immer kleiner. Winkel, morgens gegen sieben Uhr: Es ist grau und regnerisch, doch je höher die beiden Männer in der Hebebühne steigen, umso besser wird die Aussicht. Ein Dorf liegt ihnen zu Füßen und doch ist ihr Blick weiter nach oben gerichtet:

Sturm hat Lage unsicherer gemacht

Auf die Spitze der Andreas-Kirche, wo es nicht gut aus sieht. Zwei Wetterfahnen stehen dort eher schlecht als recht. Eine hat die Form eines Kreuzes und das neigt sich bereits seit Monaten ungesund zur Seite. „Der große Sturm Anfang Juli hat die Lage noch unsicherer gemacht“, erklärt Julius Goldacker, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, der dort mit Dachdecker Mike Scheffel nach oben fährt. Fast schon hatten die Leute im Dorf Angst, das ihnen das 1,20 Meter lange Eisen-Kreuz eines Tages vor die Füße fällt. Vor allem Küsterin Christa Böttcher machte keinen Hehl aus ihren Bedenken.

Wetterfahnen dürfen ab

Doch jetzt kann auch sie wieder etwas ruhiger schlafen. Nach langem Hin- und Her haben Landeskirche und Versicherung ihr „OK“ gegeben. Die Wetterfahnen und die runden Turm-Knöpfe darunter dürfen ab. „Das wurde auch Zeit. Die waren lange genug dort oben“, meint Böttcher, die bereits seit 35 Jahren die Kirche pflegt, sich aber nicht an einen ähnlichen Einsatz erinnern kann. Auch für die Leute des ortsansässigen Dachdeckers Knobloch wäre neu, dass sie hier schon einmal die Knöpfe abgenommen hätten. Auf dem 32 Meter hohen Schieferdach waren sie jedoch bereits. Von dort kam dann auch das Urteil, auf das am Boden alle gewartet haben:

Der Rost hat die Kupfer-Knöpfe zerfressen, das Holz ist morsch. „Ein Wunder, dass es überhaupt so lange gehalten hat“, findet Julius Goldacker und die Dachdecker erklären, dass wahrscheinlich auch die Blitzableiter etwas Halt gaben.

Jetzt tritt dieser über hundertjährige Dachschmuck jedenfalls erst einmal die Reise zum Boden an. Fachleute sollen sich um die Instandsetzung kümmern.

Rätsel um den Knopf

Soweit zu den nüchternen Fakten. Annekathrin Nazareth von der Kirchgemeinde brannte aber noch eine ganz andere Frage unter den Nägeln: Was befindet sich im Knopf? Immerhin ist es Brauch, dort einige Gegenstände für die Nachwelt aufzubewahren. In Winkel ist das vielleicht etwas anderes: Die erste Kugel, die das Kreuz hielt, ist bis auf wenige Rostsplitter leer.

Beim zweiten Exemplar sieht es da schon besser aus. Die Spannung steigt, als Mike Scheffel es langsam von der Spitze entfernt. Schwer, aber womit wurde der Knopf gefüllt? Die Antwort bleiben sich die Gemeindemitglieder schuldig, obwohl sie alle darauf warten. Doch laut Landeskirche muss so eine Öffnung in aller Ruhe stattfinden. Jeder Gegenstand, der gefunden wird, muss genau notiert werden. Und dann sollen ja auch noch neue, sorgfältig ausgewählte Dinge dazu kommen. Das braucht Zeit. Bis es soweit ist, bleibt Winkels Kirche aber erst einmal knopflos. (mz)