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Albert-Schweitzer-Familienwerk  Albert-Schweitzer-Familienwerk : Kinder malen für ihre Muttis

Von Helga Koch 06.05.2016, 17:00
Sandra Neuber, Joel-Constantin, Mandy Hüber und Emily (v. r.)
Sandra Neuber, Joel-Constantin, Mandy Hüber und Emily (v. r.) Schumann

Sangerhausen - Emily überlegt: „Ich male ein Bild mit einem Krokodil und eine Blume oder nur eine Blume.“ Denn am Sonntag ist Muttertag. Das hat ihr Kathrin Hartinger verraten, die Leiterin vom Kinder- und Jugendhaus „Kupferhütte“ in Sangerhausen. Seit Februar wohnt die Fünfjährige mit ihrer Mutti Sandra Neuber, 24, beim Albert-Schweitzer-Familienwerk.

Kinder mussten zur Pflegefamilie

Emilys kleiner Bruder ist knapp anderthalb und seit August in einer Pflegefamilie. Auch Emily war mehrere Monate in einer Pflegefamilie, aber in einer anderen. Ihre alleinerziehende Mutter hatte schwere gesundheitliche Probleme und musste lange ins Krankenhaus. Angehörige, die sie unterstützen könnten, hat sie nicht. „Ich habe Leon-Tayler das letzte Mal vor drei Wochen gesehen, nur für eine Stunde“, erzählt Sandra Neuber und kämpft mit den Tränen. Dass ihre Kinder nicht zusammen in einer Pflegefamilie waren und sie den Kleinen kaum sieht, tut ihr bitter weh. „Ich bin oft traurig“, sagt die 24-Jährige und drückt Emily umso fester an sich.

Sandra Neuber und ihre Tochter sind nicht die einzige Mini-Familie unterm Dach der „Kupferhütte“. Auch Mandy Hübner und Söhnchen Joel-Constantin sind seit einem Vierteljahr hier. Die 22-Jährige wohnt eigentlich in Bad Dürrenberg. Nach der Geburt des Kleinen sei sie sehr unsicher gewesen: „Ich hatte Angst, was falsch zu machen.“ Auch sie ist alleinerziehend, ihre Familienangehörigen wohnen weit weg. Eine Mitarbeiterin vom Jugendamt empfahl ihr deshalb, Hilfe anzunehmen und erst mal in eine betreute Einrichtung zu ziehen. „Erst wollte ich’s nicht, als sie mir das geraten hat.“ Weil in der Nähe alles belegt war, kam die 22-Jährige mit ihrem Baby nach Sangerhausen. Sie habe sich gut eingelebt, sagt Hartinger: „Sie hat Selbstvertrauen gewonnen. Sie ist viel sicherer geworden bei der Versorgung und Pflege des Kindes.“

Mütter führen Haushalt selbst

Vier Mini-Familien bekommen zurzeit Hilfe in der „Kupferhütte“. Alle Mütter müssen, obwohl sie im Kinder- und Jugendhaus leben, ihren Haushalt selbst führen - oder das erst mal lernen. Sie haben kleine Wohnungen, die sie sauber halten, sie kaufen selbst ein, bereiten die Mahlzeiten zu, kümmern sich um die Wäsche - und vor allem um ihre Kinder. Emily hat hier das Fahrradfahren gelernt und spielt gern mit anderen Kindern, freut sich ihre Mutter.

Die beiden Erzieherinnen Bettina Aschenbrenner und Tina Kellner stehen der Mütter-Wohngruppe als Bezugspersonen zur Seite. Wichtig sei, erklärt Leiterin Katrin Hartinger, dass die kleinen Familien möglichst all das tun oder lernen, was zum Alltagsleben einer Familie mit Kindern gehört. „Es sind immer Erzieher im Haus, aber nicht direkt in der Wohngruppe“, fügt sie hinzu. „Wir haben nur beratende Funktion.“

Gemeinsamer Alltag in Wohngruppe

Der Alltag in der Wohngruppe beginnt für die, die es wollen, mit dem gemeinsamen Frühstück. „Am Wochenende um acht, in der Woche ist es strenger“, sagt Sandra Neuber. Danach gehen sie mit den Kindern anderthalb Stunden an die frische Luft, oft in den großen Park am Haus. Die Mütter kaufen ein, spielen mit den Kindern, waschen, machen sauber, vereinbaren Termine und versuchen sie einzuhalten, nicht alles klappt.

Und sie überlegen, wie es für sie weitergeht: wie lange sie noch in der „Kupferhütte“ bleiben, wo sie wohnen könnten, welche Hilfe sie noch brauchen werden. Mandy Hübner möchte in die Nähe ihrer Mutter ziehen, eine Familienhelferin zur Seite haben und ein Jahr mit ihrem Sohn zu Hause bleiben. Bei Sandra Neuber ist hingegen noch vieles offen. „Wir reden über alle Möglichkeiten, die es in der Jugendhilfe gibt“, sagt Hartinger. (mz)