Lernen auf dem Bauernhof 30-jähriges Jubiläum des Jugend- und Schulbauernhofs Othal - Wie alles begann
Der Jugend- und Schulbauernhof Othal blickt auf 30-jähriges Bestehen zurück. Warum zunächst keine Übernachtungen erlaubt waren welche neuen Pläne es jetzt auch für Erwachsene gibt.

Othal/MZ. - Manchmal sind es kleine persönliche Umstände, die größere Dinge ins Rollen bringen. Den Schulbauernhof in Othal zum Beispiel hätte es womöglich nie gegeben, wenn Karola Mieth zu DDR-Zeiten nicht Lehrerin für Polytechnik geworden wäre.
Idee, den Gutshof in Othal in einen Lernort zu verwandeln, wächst
Ihr Arbeitsplatz war das polytechnische Zentrum der POS Riestedt. „Und das war landwirtschaftlich orientiert“, erzählt sie. Mit der Wende allerdings waren die Tage des Zentrums gezählt. Nach der Wiedervereinigung gab es in den Schulen kein Fach Polytechnik mehr. Karola Mieth bekam die Kündigung.
Bei einem der vielen Bildungsträger, die damals wie Pilze aus dem Boden schossen, fand sie eine neue Anstellung. „Ich war froh, mich nicht bei den vielen Arbeitslosen einreihen zu müssen, die damals im Arbeitsamt Schlange standen“, erzählt sie. So richtig glücklich aber machte der neue Job sie nicht.
Und dann stieß sie auf einen Artikel über einen Schulbauernhof in Ummeln bei Bielefeld. Ein Bauernhof als außerschulischer Lernort, wo Kinder und Jugendliche die Natur und die Tieren erleben und darüber lernen können – Mieth war von der Idee sofort begeistert.
„Ich hab mich mit der Familie sofort ins Auto gesetzt und bin hingefahren“, erzählt sie. Denn als Beyernaumburgerin kannte sie den verlassenen Gutshof in Othal. Und allmählich wuchs da so eine Idee: Was, wenn man das Gelände mit den schönen alten Gebäuden, dem Park und dem Teich zu genau so einem Lernort in der Natur gestalten würde?
Schullandheim braucht Brandschutzkonzept
So wurde 1994 der Verein Jugend- und Schulbauernhof im Gutshof Othal gegründet. Viel ist den 30 Jahren seitdem passiert. „Wir hatten das Glück, dass in den 90-er Jahren der zweite Arbeitsmarkt so großzügig gefördert wurde, sowohl mit Personal- als auch mit Sachkosten“, erzählt Mieth.
Große Trupps von ABM-Kräften entrümpelten die Gebäude, aus denen sich die LPG nach der Wende zurückgezogen hatte, und befreiten die Grünflächen vom Gestrüpp. Eine vierköpfige Projektgruppe entwickelte im Rahmen einer Strukturanpassungsmaßnahme Konzepte, wie der Schulbauernhof mit Leben erfüllt werden könnte.
„Und 1997 waren dann die ersten Schulklassen da“, erzählt Mieth. Allerdings vorerst nur als Tagesgäste. Denn wie sich herausstellte, brauchte man für das Objekt eine professionell erarbeitete Brandschutzkonzeption, damit auch das Schullandheim für Übernachtungsgäste eine Betriebserlaubnis bekam.
Mieth und ihre Mitstreiterin Anja Carl erinnern sich noch gut an die ersten Veranstaltungen. „In der ersten Juniwoche hatten wir hier große Kinderfeste“, erzählt Mieth. Schulklassen, die von weiter her kamen, stellten kurzerhand Zelte auf. Ab dem 1. Januar 1999 durften dann auch die ersten Schlafgäste Zimmer im Schullandheim beziehen. Und eines ist heute noch so wie damals: „Morgens aufstehen und erst mal zusammen die Tiere versorgen – das lieben die Kinder einfach“, erzählt Anja Carl.
Workshops auch für Erwachsene im naturnahen Bauernhof
Der Bauernhof wuchs unterdessen weiter. 2004 kam die Kita dazu, für die die ehemaligen Remisen ausgebaut und ein Anbau geschaffen wurden. „Die ersten Eltern haben die Räume mit renoviert, angefangen haben wir mit zwei Kindern“, erinnert sich Anja Carl und stellt fest: „Damals hat ja kaum einer so richtig dran geglaubt, dass das hier was wird.“
Doch es wurde. Eine naturnahe Kita auf dem Bauernhof – das sprach sich herum, auch die Städter schicken ihre Kinder hierher. 2018 gründete sich für den Kindergarten dann ein eigener Trägerverein, der ihn seit 2019 in eigener Regie betreibt.
Auch die 2000 fertiggestellte Kulturscheune gehört zur Bauernhof-Geschichte. Die Sangerhäuser liebten die Themen-Buffets der Wirtin. Als sie 2016 in den Ruhestand ging, folgten schwierige Jahre und schließlich die Versteigerung. Heute stehen an Stelle der Scheune Wohnungen.
Der Verein Schulbauernhof indes will nicht mehr nur Schülergruppen für Projekte und Klassenfahrten beherbergen, sondern den Gutshof auch wieder mehr zu einem Begegnungsort für alle Altersgruppen machen. Unter dem Motto „Engagiertes Land“ soll es Workshops für Erwachsene geben. Start ist am 6. Dezember. Dann geht es darum, den Waldweg zum Bahnhof Riestedt wieder sicher nutzbar zu machen.