Zum Abschuss freigegeben Nandu bei Querfurt: Ausgebüxter Laufvogel wurde erschossen

Querfurt - Der Ende März im Raum Querfurt ausgebüxte Nandu lebt nicht mehr. Wie die Stadt Querfurt am Montag auf MZ-Anfrage erklärte, ist das Tier am Samstag gegen Mittag an der B180 bei Barnstädt erlegt worden. Nach gescheiterten Einfangversuchen durch Besitzer und Feuerwehr war eine Abschussgenehmigung erteilt worden.
Das Tier war am 30. März - vermutlich nach Machtkämpfen mit einem anderen Hahn - aus seinem Gehege in einer Hobby-Zucht entkommen und zuletzt im Raum Liederstädt, Spielberg und Kleineichstädt mehrfach links und rechts der Bundesstraße 250 gesehen worden.
Ordnungsamt von Querfurt verteidigt den Abschuss des Nandus
Die Behörden hatten befürchtet, dass es zu Verkehrsunfällen kommt, im schlimmsten Fall mit Motorradfahrern. Querfurts Ordnungsamtsleiterin Mareen Helmis verteidigte die Entscheidung zum Abschuss am Montag gegen Kritiker, die insbesondere über soziale Netzwerke eine Betäubung gefordert hatten. „Es geht um Gefahrenabwehr.“
Schlimmer fände sie, wenn es zum Unfall gekommen wäre und dann gefragt worden wäre, „worauf habt ihr gewartet?“.
Nandu bei Quert entlaufen: Betäubungsschuss wäre nicht ohne Weiteres möglich gewesen
Der Landkreis verwies auf die Zuständigkeit der Stadt als Sicherheitsbehörde zur Gefahrenabwehr. Artenschutzrechtlich gebe es „Zugriffsverbote“ nur für wild lebende Tiere geschützter Arten - der Vogel stammte aus privater Haltung. Ob eine Betäubung praktikabel ist, müsse vor Ort entschieden werden.
Am Freitag hatte es geheißen, das nächste Betäubungsmittelgewehr gebe es in Leipzig. Der Nandu bleibe aber nicht stehen, wo er gesehen wird, so Helmis – angesichts der Entfernung nach Leipzig sei die Variante als „sehr wenig erfolgversprechend“ angesehen worden.
Der Zoo Halle verfügt nach MZ-Recherchen zwar ebenfalls über ein Betäubungsmittelgewehr. Man dürfe sich die Betäubung aber nicht so einfach vorstellen, sagte Zoosprecher Tom Bernheim. „Das ist nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen kann.“
Nandu bei Querfurt entlaufen: Fluchtsstress des Tiers kann Betäubungsmittel wirkungslos werden lassen
Durch Fluchtstress - das Verlassen der einzig gewohnten Umgebung und Einfangversuche - hätten Tiere einen hohen Adrenalinausstoß. Das könne die Dauer, bis ein Betäubungsmittel wirkt, extrem verlängern oder sogar zur totalen Unwirksamkeit führen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Narkose nicht sofort wirkt, liege bei über 90 Prozent, so Bernheim.
In der Zeit könne ein Nandu eine Menge Schaden anrichten - zumal er einen Treffer selbst durchaus spüre und panisch reagieren würde. Der Laufvogel könne Geschwindigkeiten von 50 bis 70 Kilometer pro Stunde erreichen.
In der Natur hätte das Nandu gute Überlebenschancen gehabt, sagen Experten
Grundsätzlich hätte das Tier ansonsten in der Natur gute Überlebenschancen gehabt, sagen Experten. An der Grenze von Mecklenburg-Vorpommern zu Schleswig Holstein etwa leben derzeit 220 Nandus. Die Population geht auf eine kleine Zahl von Tieren zurück, die zwischen 1999 und 2001 aus einer Haltung bei Lübeck ausgebrochen waren.
Die Nandus ernähren sich von pflanzlicher Kost, Gräsern, Kräutern oder Raps, sagt Forscher Frank Philipp. Auch betäubt worden seien dort schon Nandus. Das brauche Zeit und einen erfahrenen Veterinär.
Die Tiere im Norden werden inzwischen auch kritisch gesehen, Landwirte beklagen Schäden durch die südamerikanischen Laufvögel. Das Agrarministerium kündigte jetzt eine Begrenzung der Population an.
Im Saalekreis hatte schon einmal ein Laufvogel für Aufsehen gesorgt: 2011 war an der Bundesstraße 100 bei Peißen ein ausgerissener Strauß erschossen worden. (mz)