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Ex-TV-Privatdetektiv gegen Mobbing Ex-TV-Privatdetektiv Carsten Stahl gegen Mobbing: Weg vom Opfer zum Täter ist kurz

Von Robert Briest 16.08.2018, 09:15
Carsten Stahl war bei Querfurter Schülern zu Gast.
Carsten Stahl war bei Querfurter Schülern zu Gast. Marco Junghans

Querfurt - Carsten Stahl hält einen Zettel mit Beleidigungen in die Luft. „Das ist böse. Es hat nichts mit cool zu tun, jemanden zu beleidigen“, predigt er mit lauter, schon leicht heiserer Stimme seinen Zuhörern in der Querfurter Mehrzweckhalle. Es sind knapp 300 Schüler der sechsten bis achten Klasse des Gymnasiums. Stahl hat sie längst in seinen Bann gezogen. Kein Mucks kommt aus dem Auditorium, bis er fragt, was er mit dem Beleidungszettel machen soll. „Zerreißen“, schallt es ihm entgegen. Stahl entscheidet sich für ein theatralisches Zerknüllen. Jubel brandet auf.

Wenn dieser sich in Erkenntnis und später auch in entsprechendes Verhalten verwandeln sollte, dann dürfte es am Querfurter Gymnasium in Zukunft kein Mobbing mehr geben. Dann wäre Stahls Ziel erfüllt. Der Berliner, der mit seinem muskulösen, tätowierten Körper und dem zurückgegelten Haar auf den ersten Blick wie ein bissiger Türsteher wirkt, erlangte durch die RTL2-Dokusoap „Privatdetektive im Einsatz“ Bekanntheit.

Carsten Stahl engagiert sich im Kampf gegen Mobbing

Vor vier Jahren entschied er sich jedoch, sich dem Kampf gegen Mobbing zu widmen. Auslöser sei gewesen, dass sein Sohn nach zwei Tagen Grundschule mit blutiger Lippe nach Hause gekommen sei, erzählt Stahl. „Ich wollte erst an der Schule meines Sohnes über Mobbing aufklären. Dann habe ich aber festgestellt, dass es da einen riesigen Bedarf gibt.“

Heute ist sein Ziel daher deutlich ambitionierter formuliert: „Ich will in Deutschland einen Wegruf machen: Nehmt Mobbing ernst.“ Denn Mobbing gebe es an jeder Schule, auch wenn es immer noch Lehrer und Schulleiter gebe, die dies abstreiten. Er frage bei seinen Veranstaltungen erst, wer schon mal Opfer von Mobbing geworden sei und dann wer schon mal Täter war. In beiden Fällen würden sich knapp 90 Prozent der Schüler melden, berichtet Stahl.

Stoppt-Mobbing-Kampagne von Carsten Stahl

Mit seiner Stoppt-Mobbing-Kampagne tourt der Mittvierziger nun durch Deutschland, in dieser Woche durch den Saalekreis. Sein Schwerpunkt sind Schulen: Mobbing sei zwar ein Problem der Gesellschaft, aber in den Schulen beginne es eben. Stahl sieht sich selbst als prädestiniert, um Kinder und Jugendliche über Mobbing aufzuklären. Schließlich sei er selbst Opfer und auch Täter gewesen.

Als Kind habe man ihn getreten und geschlagen, ihn sogar in einer Grube angepinkelt, schildert er seinen Zuhörern in Querfurt. Später, als er stärker wurde, sei er erst zum Mittäter und dann zum Täter geworden, habe selbst geschlagen und getreten, eine kriminelle Laufbahn eingeschlagen.

Carsten Stahl gegen Mobbing: Bei seinem Publikum kommt Offenheit an

Bei seinem Publikum kommt diese Offenheit an – vielleicht auch, weil Stahl eine sehr direkte und teils auch drastische Sprache wählt. Ein Beispiel: Der Berliner erzählt, dass Mobbing durch die Digitalisierung noch viel schlimmer geworden sei. Mit einem Knopfdruck ließen sich Lügen verbreiten. Wer diese teile, sei Mittäter. „Wenn das Opfer sich dann umbringt, habt ihr Blut an euren Händen.“

Damit seine Botschaft auch nach seinem Besuch in Querfurt nicht vergessen wird, hat Stahl die Schüler ein Plakat mit dem Logo seiner Kampagne unterschreiben lassen. Es soll in der Schule aufgehängt werden. Zudem sollen drei Schüler „Camp Stahl Buddies“ werden, also Ansprechpartner für Kinder mit Mobbingproblemen. Schulleiter Ralf Walzebok findet die Idee gut. Schließlich will er in seinem Haus eh Streitschlichter einführen. (mz)