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Modellprojekt Harz „Zeigen, dass wir da sind“

„Jan’s Jaststätte“ in Dankerode und das Harzhotel in Güntersberge haben am Wochenende ihre Außengastronomie geöffnet - bei sechs Grad.

19.04.2021, 08:00

Güntersberge/Dankerode - Auf der Terrasse des Harzhotels in Güntersberge stehen mehrere Heizpilze zwischen den Tischen; auf den Stuhllehnen liegen Decken. Doch der Gästezulauf bleibt – wohlwollend formuliert – überschaubar. Für den Sonntag habe er zwar einige Reservierungen, sagt Hotelinhaber René Maksim?ev am Sonnabendnachmittag, aber jene Gäste, die bisher gekommen seien, könne er an einer Hand abzählen. Was am Wetter liegen dürfte: „Sechs Grad sind sechs Grad. Es ist kalt, langes Verweilen ausgeschlossen.“

Am Freitag – und damit eine Woche nach den ersten Öffnungen, beispielsweise in Quedlinburg – ist das Modellprojekt zur Öffnung der Außengastronomie auch in Harzgerode gestartet. Es funktioniert so: Wer einen negativen Schnelltest vorlegen kann - in der PassGo-App oder ausgestellt von einer offiziellen Teststelle -, darf in den 24 Stunden darauf einkehren. Der Negativ-Test als Eintrittskarte.

„Es funktioniert, ist aber schwer“

Zum Auftakt gibt es in der Stadt Harzgerode zwei Einkehrmöglichkeiten: Neben dem Harzhotel ist noch „Jan’s Jaststätte“ in Dankerode dabei. Auch dessen Inhaber, Jan Schrandt, harrt am Wochenende der Gäste. „Wenn wir Temperaturen von 15 bis 18 Grad hätten, sähe es sicher ein bisschen anders aus“, sagt er. Der Koch übernahm das Lokal am Sportplatz erst im Herbst 2019; er betrieb es noch kein halbes Jahr, dann kam Corona, erster Lockdown, zweiter Lockdown. Mit Corona-Hilfen hält er sich über Wasser. „Es funktioniert, ist aber schwer“, sagt er.

Sich am Modellprojekt zu beteiligen, stand für beide Teilnehmer außer Frage. „So lange wir dürfen, machen wir auf“, sagt Maksim?ev. Er sieht darin die Möglichkeit, etwas auszutesten und so möglicherweise weitere Öffnungsschritte zu forcieren. Die sind aus seiner Sicht auch zwingend erforderlich: „Wir müssen a) wieder ins Restaurant und b) in die Zimmer.“ Dass es klappen kann - auch unter Auflagen -, hat die Branche im vergangenen Jahr bewiesen: „Es hat tadellos funktioniert“, ihm sei nicht bekannt, dass eine Einrichtung Corona-Hotspot gewesen sei, so der Hotelchef, der gleichzeitig Sprecher des Harzer Kreisvorstands des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands ist.

Maksim?ev ist sich sicher, „dass mehr gekommen wären, wenn wir hätten drinnen öffnen können.“ So, räumt er - mit Blick auf die leere Terrasse ein -, „ergibt das wirtschaftlich keinen Sinn“. Nichtsdestotrotz: „Wir müssen Flagge zeigen.“ Das ist auch Schrandts Anliegen: „Zeigen, dass wir noch da sind, dass wir kämpfen, dass wir weitermachen, für die Gäste da sein, sie glücklich machen wollen“. Doch wenn er sich die Infektionszahlen anschaut, befürchtet er das Schlimmste. Der Fortgang der Modellprojekte wie dem im Harz ist an Inzidenzwerte geknüpft. Kritisch wird es, wenn der an fünf aufeinanderfolgenden Tagen über 200 liegt.

„Sich testen lassen, nur um zu essen und zu trinken, das wollen viele nicht.“

So ein Neustart ist aufwendig. „Wir mussten alles wieder hochfahren - bis hin zur Bierleitung“, erklärt Maksim?ev. Das Angebot ist in Güntersberge wie Dankerode eingeschränkt. Die Öffnungszeiten sind aufs Wochenende begrenzt, die Speisekarte ist kürzer als üblich. „Ich habe nur kleine Mengen eingekauft“, sagt Schrandt. Auch weil das Wetter nicht der einzige Hemmschuh ist: Ohne Übernachtungsmöglichkeiten fehlen die Touristen. „Und der Test“, so Maksim?ev , „ist auch ein Thema“, er schrecke den einen oder anderen doch ab. Schrandt hat in Gesprächen Ähnliches in Erfahrung gebracht: „Sich testen lassen, nur um zu essen und zu trinken, das wollen viele nicht.“

Maksim?ev hält auch das gewählte Zeitfenster - der negative Test ist als Nachweis 24 Stunden gültig – noch nicht für der Weisheit letzter Schluss: „Es wäre für uns und die Menschen hilfreich, wenn das auf 48 Stunden hochgesetzt werden würde.“ Er macht es an einem Beispiel fest: Jemand der am Freitagabend wo hin gehe, müsse sich aktuell am Wochenende ein weiteres mal testen lassen, wenn er am Sonntagmittag noch mal kommen wolle.

Die Möglichkeit, sich von den Mitarbeitern der Berg-Apotheke testen zu lassen, wurde für jeweils zwei Stunden am Freitag und Sonnabend sowohl in Güntersberge als auch in Dankerode geschaffen. Und was sagt Harzgerodes Bürgermeister Marcus Weise (CDU) zum Auftakt? Unter den gegebenen Umständen - „das Wetter hat eine erhebliche Rolle gespielt, hinzu kommt, dass Gäste fehlen“ - „ist das nicht der große Coup“. Man könne es als kleinen Testlauf bezeichnen, bei dem es darum gehe, Erfahrungen zu sammeln, so der Verwaltungschef. (mz/tho)