Wohnungswirtschaft Quedlinburg Wohnungswirtschaft Quedlinburg: Quarmbeck schrumpft

Quedlinburg - Zieht sich die Wohnungswirtschaft Quedlinburg (Wowi) aus einigen Blöcken in Quarmbeck zurück? Im Moment sieht vieles danach aus. Wohnungssuchende, die sich für Räume der Wowi in Quarmbeck interessierten, berichten davon, dass Wohnräume nicht mehr vermietet werden. Auf Anfrage bestätigt Sven Breuel, Geschäftsführer der Wowi: „Neuvermietungen in Quarmbeck finden nicht mehr statt.“ Er begründet das damit, dass vom hohen Leerstand geprägte Bestände nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnten. Nur wer schon in Quarmbeck wohne, könne unter Umständen innerhalb des Vorortes umziehen.
Der zu Quedlinburg gehörende Ortsteil Quarmbeck wurde bereits von Otto I. dem Quedlinburger Stift geschenkt. Er ist heute etwa 26 Hektar groß, von denen 15 Hektar bebaut sind. Vor dem 2. Weltkrieg wurde der 1927 eröffnete Flugplatz zunächst zivil genutzt. 1935 wurde er von der Wehrmacht zum Fliegerhorst ausgebaut. Zwischen 1949 und 1952 waren Angehörige der Volkspolizei und Streitkräfte der Sowjet-Armee in Quarmbeck stationiert. Für deren Angehörige wurden in den 80er Jahren Wohnblöcke gebaut.
21,2 Prozent Leerstand
Werden wenig genutzte Wohnkomplexe der Wowi also irgendwann ganz leerstehen oder abgerissen? „Wir sind gehalten, uns in den kommenden 15 Jahren perspektivisch von Wohnungen zu trennen“, sagt Sven Breuel. Laut dem Geschäftsführer seien 21,2 Prozent der Wowi-Wohnungen leer. „Das ist vor dem Hintergrund der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung und der damit verbundenen Abnahme der Wohnungsnachfrage erheblich zu viel“, sagt er.
Mehr als jede fünfte Wohnung der Wowi steht leer, auf Dauer kann sich das kein Unternehmen leisten, denn die Immobilien verursachen weiterhin Kosten. Bestimmte Stadtviertel, in denen Wohnungen wegfallen sollen, nennt Breuel bewusst nicht. Nur so viel: „Wir werden unsere Kraft auf Innenstadt-nahe Bereiche richten und uns von weiter außerhalb liegenden Bereichen trennen müssen.“
Dass sich unter diesen „außerhalb liegenden Bereichen“ Quarmbeck befindet, ist wahrscheinlich. Noch in diesem Sommer wolle die Wowi vor Ort mit den Quarmbecker Mietern ein Treffen organisieren, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen, so Breuel. Auf Einzelheiten will er sich jetzt noch nicht festlegen.
Zuerst Gespräch mit Anwohnern
Der Wowi-Aufsichtsratsvorsitzende Hardy Seidel betont, dass noch „keine Nägel mit Köpfen“ gemacht worden seien. „Sollte es Entscheidungen geben, würde zuerst im Bau- und Stadtentwicklungsausschuss darüber diskutiert und das Thema anschließend im Stadtrat behandelt“, so Seidel. „Oberste Priorität ist es aber, zuerst mit den Anwohnern zu sprechen, bevor eine Entscheidung fällt.“
Seidel und Breuel wollen Angst unter den Quarmbeckern - darunter sind viele alte Mieter - verhindern. Und für Verunsicherung scheint es kurzfristig auch keinen Grund zu geben. Denn mit einem sofortigen Abriss ist nicht zu rechnen. Quedlinburgs künftiger Oberbürgermeister Frank Ruch kennt das Problem des großen Leerstandes in Quarmbeck, bremst jedoch, wenn es um den Abriss geht. „Unter der Voraussetzung der Fördermittelbewilligung für einen Rückbau reden wir über einen Zeitraum von minimal sieben Jahren“, sagt er. Es sei sinnvoll, über einen sukzessiven Rückbau nachzudenken. Wie viel letzten Endes tatsächlich abgerissen werde, lasse sich derzeit noch überhaupt nicht sagen, so Frank Ruch.
Auch er betont, dass zuerst mit den Anwohnern gesprochen werde. „Wir werden die Interessen vor Ort einbeziehen. Es gibt keine Entscheidung vor einem Gespräch mit den Bürgern.“ Auch Belastungen, etwa durch Baulärm, Dreck oder nötige Umzüge innerhalb des Viertels, sollten so gering wie möglich gehalten werden, so der künftige Oberbürgermeister.
So müssen die Quarmbecker wohl nicht damit rechnen, dass die Bagger noch in diesem oder dem kommenden Jahr anrücken. Doch perspektivisch werden sie sich auf eine Veränderung in ihrem Viertel einstellen müssen. Der Demografische Wandel macht vor Quarmbeck nicht Halt. (mz)