1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Wernigerode: Wernigerode: Bürgermeister Peter Gaffert gibt Erklärung zu Briefaffäre

Wernigerode Wernigerode: Bürgermeister Peter Gaffert gibt Erklärung zu Briefaffäre

Von Winfried Borchert und Ingo Kugenbuch 27.05.2015, 18:27
Peter Gaffert.
Peter Gaffert. archiv/kugenbuch Lizenz

Wernigerode - „Seit Jahren gelebtes Verwaltungshandeln“, „zur Vermeidung von möglichen Terminproblemen geöffnet“ - und nun „ein Versehen“: Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) hat am Mittwoch eine Erklärung zu der Affäre um einen widerrechtlich geöffneten Brief abgegeben.

Darin hat er seine bisherige Linie revidiert. Unter anderem schreibt er: Bei dem „fehlerhaften Öffnen“ des Briefes habe es sich um einen „bedauerlichen und unbeabsichtigten Einzelfall“ gehandelt. Und: „Zu keinem Zeitpunkt sind als persönlich gekennzeichnete Briefe an Fraktionen und/oder Stadträte ohne vorherige Erlaubnis des Adressaten von der Stadtverwaltung geöffnet worden.“

Gaffert vollzog damit eine Kehrtwende. In einem Gespräch mit der MZ vor knapp drei Wochen hatte Gafferts Büroleiter Andreas Meling im Beisein des Chefs erklärt: „Das Öffnen der Briefe ist seit Jahren gelebtes Verwaltungshandeln.“

Peter Gaffert habe im „Mielke-Regiment“ gedient, behauptet ein am 22. April im Wernigeröder Rathaus eingegangener Brief. Er war - wie sich später herausstellte - unter falschem Namen verfasst und an Sabine Wetzel („Bitte z. H. Frau Wetzel“), die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Piraten, gerichtet. Noch bevor Wetzel den Brief erhielt, landete er aber auf dem Schreibtisch des Oberbürgermeisters.

Im MZ-Gespräch räumte Gaffert am 7. Mai den Dienst in einer Stasi-Wacheinheit ein. Noch kurz vor seiner Wiederwahl am 12. April hatte er auf MZ-Nachfrage dagegen schriftlich behauptet, er habe seinen Militärdienst in einem Nachrichtenbataillon absolviert. 

Eine erste Volte schlug Gafferts Stellvertreter Andreas Heinrich bereits eine Woche später. In einer Stellungnahme für die Kommunalaufsicht beschrieb er die Brieföffnung als bewusste Verwaltungsentscheidung. Begründung: Angeblich habe man die Adressatin Sabine Wetzel vor „Terminproblemen“ bewahren wollen.

Auf Nachfrage sagt Meling Mittwochabend, eine Mitarbeiterin des Ratsbüros habe den Brief versehentlich geöffnet. Im Dunkeln bleibt, wie das Schreiben dann auf dem Schreibtisch des Oberbürgermeisters landete - zumal es darin um die Vergangenheit Gafferts als Unteroffizier einer Stasi-Wacheinheit geht.

Unbeantwortete Fragen

„Er hat sich entschuldigt, das ist ein Fortschritt“, sagt Sabine Wetzel. „Viele Fragen sind aber nach wie vor unbeantwortet.“ So sei der gesamte Vorgang noch immer nicht transparent, kritisiert sie. Gafferts Erklärung enthalte viele „Nebelkerzen“. Kritik auch von den Linken: „Ich hoffe, dass die Darstellung Gafferts die letzte Version der Verwaltung ist“, sagt Fraktionschef Thomas Schatz. Erschreckend sei, „dass es offensichtlich kein Unrechtsbewusstsein bei der Weitergabe des Briefes gab“. Er hoffe, dass die Verwaltungsspitze daraus gelernt habe.

Kritischer äußert sich Frank Diesener (CDU/Haus&Grund). „Ich fühle mich an der Nase herumgeführt“, sagt er. „Ausgerechnet dieser Brief mit dem brisanten Inhalt soll aus Versehen geöffnet worden sein? An derartige Zufälle glaube ich nicht.“ Gaffert mache mit seiner „Salamitaktik“ weiter und gebe nur das zu, was schon bekannt sei, sagt CDU-Stadtrat André Weber.

SPD-Stadtrat Tobias Kascha begrüßt Gafferts Erklärung: „Das war das, was ich erwartet habe.“ Vor allem habe der OB geklärt, dass in Zukunft verantwortungsvoll mit der Ratspost verfahren werde. Allerdings habe die „schlecht abgestimmte Kommunikation“ der Verwaltung zu „Beschädigungen“ des Verwaltungschefs geführt. „Er muss sich jetzt bewegen“, sagt Kascha, „und das geraderücken.“ (mz)