Geschäft in Meisdorf Warum eine junge Floristin expandiert
Jana Gawron, die in Meisdorf auch Lebensmittel verkauft hat, wechselt nach Ballenstedt. Die Geschäftsräume sollen aber nicht leer stehen.
Meisdorf - Bunt und üppig stehen die vielen Töpfe mit Orchideen, Kalanchoe und Gerbera im Blumenladen von Jana Gawron in Meisdorf beieinander. Aber die Floristin nimmt Abschied, das zeigt der Blick in den übrigen Teil ihres Ladens. Dort hatte sie bislang Lebensmittel verkauft, frische Brötchen und Kaffee. „Ein kleiner Rundum-Laden für den Ort“ sei das gewesen, sagt sie. Doch die Regale leeren sich jetzt zusehends.
„Es läuft so super, dass ich mich vergrößern will“, sagt die Floristin mit Blick auf ihr Blumengeschäft „Blumen Werk“. Das will sie ab dem 1. Juni in der Ballenstedter Schlossstraße weiterführen, mit mehr Verkaufsfläche und mehr Service. Denn sie hat sich spezialisiert auf Hochzeitsfloristik und stößt damit in Meisdorf an ihre Kapazitätsgrenzen, wie sie sagt.
Nun bemüht sich die Gemeinde, jemanden zu finden, der die privat vermieteten Geschäftsräume übernimmt. „Es wäre schön, wenn wir unseren Dorfladen behalten könnten“, sagt Ortsbürgermeister Ralf Bianga.
„Es läuft so super, dass ich mich vergrößern will.“
Jana Gawron, Floristin
Lohnen würde sich das auf jeden Fall, davon ist er überzeugt: „Im Ort herrscht gerade Aufbruchstimmung. Es gibt kein freies Haus, keine Bauplätze mehr in Meisdorf. Wir hatten viele Zuzüge in den vergangenen Jahren.“ Auch touristisch geht es voran.
Die ehemalige Jugendherberge im Selketal hat einen neuen Eigentümer, der dort ein Hostel einrichten will, die Anrainerstädte Ballenstedt, Falkenstein/Harz und Harzgerode wollen das Selketal künftig gemeinsam als Ganzes präsentieren und touristisch vermarkten, und Falkenstein kann mehr als eine Million Euro Fördergeld in den Ausbau des Radweges R 1 zwischen Meisdorf und Reinstedt investieren.
Auch der Ortschaftsrat sei stark daran interessiert, dass das Geschäft an der Hauptstraße nicht lange leer steht, sondern bald weitergeführt wird, sagt Ralf Bianga. „Es könnte ein Blumenladen sein, aber auch ein superschöner kleiner Imbiss. Oder ein Verkauf von regionalen Produkten in Zusammenarbeit mit Landwirten der Region, das fehlt hier“, sagt er und verweist auf andere Städte wie Ballenstedt oder Wernigerode.
Wenn man als Tourist in einer Region unterwegs sei, dann wolle man sich von dort auch etwas Typisches mit nach Hause nehmen. „Diese Nische muss gefüllt werden.“ Dass das in kleinen Orten funktionieren kann, zeige das Beispiel vom Café Liselotte in Ballenstedt. „Man muss sich abheben, etwas Besonderes anbieten, mit viel Liebe zum Detail“, sagt Jana Gawron.
Jana Gawron hat Vorbestellungen für 23 Hochzeiten im Sommer 2021
Sie weiß das aus eigener Erfahrung. Seit 25 Jahren ist sie Floristin, „ohne Unterbrechung“, wie sie betont, neun Jahre lang hat sie ihr Floristik- und Lebensmittelgeschäft in der Meisdorfer Hauptstraße geführt. In der floralen Ausgestaltung von Hochzeiten hat sie schließlich ihr Spezialgebiet gefunden.
Die Feiern, die sie mit Blumen und Dekoration ausstattet, finden nicht nur in der Region statt. Bis zur Ostsee hat sie ihre Sträuße und Arrangements geliefert. Die Brautsträuße sind dabei stets etwas Besonderes: „Die wenigsten werfen ihren Brautstrauß weg“, sagt sie. Für den Brauch, bei dem die Braut ihren Blumenstrauß nach hinten in die Schar der Gäste wirft, würden stattdessen kleinere „Attrappen“ benutzt.
Es sei ein „schleichender Prozess“ gewesen, sagt die Floristin, die in der Gärtnerei ihrer Eltern die Liebe zum späteren Beruf entdeckt hat. „Eine Freundin hat der anderen erzählt, was für einen tollen Brautstrauß sie hat.“ Nach dem Internet- und Facebook-Auftritt vor fünf Jahren „ging’s dann richtig ab.“
Derzeit habe sie Vorbestellungen für 23 Hochzeiten im Sommer. „Da sind große Feiern geplant“, sagt Jana Gawron. Für die professionelle Ausstattung berät sie die Brautpaare persönlich, und „das ist nicht in einer halben Stunde erledigt“, betont die Floristin. In Ballenstedt freut sie sich daher auf ein „Hochzeitszimmer“ mit dekorierten Tischen und einen Hof für Präsentationen, die ihr in Meisdorf fehlen. Die leerstehenden Räume hat sie durch Zufall gefunden. „Die sind wie für mich geschaffen.“
Ortsbürgermeister Ralf Bianga bemüht sich um eine Nachfolge für Blumenladen
Dass so etwas auch der Nachfolger von Jana Gawron über die Geschäftsräume in Meisdorf sagt, hofft derweil der Ortsbürgermeister. „Es muss ja in dem Laden nicht aufhören, man kann weiterdenken“, sagt er. „Man kann sich auch weiter oben im Selketal noch Möglichkeiten suchen und sich verwirklichen. Wandern und E-Bike-Fahren, der naturnahe Tourismus, das wird uns in den nächsten Jahren erhalten bleiben, und das gilt es auch abzuschöpfen“, sagt Ralf Bianga.
Nicht umsonst sei man dabei, die Wanderwege im Selketal zu modernisieren. Dass die Region gefragt ist, lasse sich besonders an den Wochenenden sehr gut beobachten, wenn man sich die Nummernschilder der Autos auf dem Parkplatz am ehemaligen Freibad ansehe. „Die Leute kommen aus Leipzig, Braunschweig und anderen Orten her, um zu wandern.“ (mz/ku)