Urteil zu Abwasser-Anschlüssen Urteil zu Abwasser-Anschlüssen: 2.000 Hausbesitzer im Harz sollen zahlen

Quedlinburg - Rund 2.000 Haus- und Grundstückseigentümer im Landkreis Harz werden in den nächsten Wochen Post vom Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Ostharz Quedlinburg (ZVO) erhalten. Ihre Widersprüche sollen nun abgelehnt werden und sie für ihre Altkanalanschlüsse aus DDR-Zeiten bezahlen. Insgesamt betragen die offenen Forderungen des ZVO etwas über 2,5 Millionen Euro.
„Endlich haben wir eine klare Entscheidung und können rechtssicher handeln“, sagte Lutz Günther. Der ZVO-Geschäftsführer bezog sich damit auf das Urteil der Landesverfassungsrichter vom Dienstag dieser Woche zum genannten Herstellungsbeitrag II. Die Richter hatten entschieden, dass Grundstückseigentümer, deren Abwasserleitungen vor dem 15. Juni 1991 ans öffentliche Kanalnetz angeschlossen wurden - also bevor es in Sachsen-Anhalt ein gültiges Kommunalabgabengesetz gab - nachträglich zur Kasse gebeten werden dürfen (die MZ berichtete).
Das Land übte zuvor Druck auf die kommunalen Verbände aus, damit sie entsprechende Forderungsbescheide bis Ende 2015 an die Haus- und Grundstückseigentümer verschickten. Danach wären nämlich die Forderungen verjährt. Das Land bezog sich bei seiner Forderung bisher stets auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH), welches kommunalrechtlich umgesetzt werden müsse. Laut BGH ist die Nichterhebung von Herstellungsbeiträgen eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen, die nach 1991 für den Schmutzwasseranschluss - den sogenannten Herstellungsbeitrag I - bezahlen mussten.
7.500 Grundstücke sind betroffen
Rund 7.500 Grundstücke sind von den Altanschluss-Forderungen im Gebiet des ZVO betroffen. Die Beträge belaufen sich je nach Grundstücksgröße zwischen 30 Euro und einigen Tausend Euro. Insgesamt erwartet der Quedlinburger Verband rund 5,3 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen. „Das Geld wird für laufende Investitionen verwendet, damit brauchen wir weniger Kredite aufzunehmen“, erklärte Lutz Günther.
Gegen die nachträglichen Beitragserhebungen liefen landesweit mehrere Bürgerinitiativen Sturm. Rund 2 000 Widersprüche sind zu den Bescheiden beim ZVO eingegangen, erklärte Günther. Auf Empfehlung des Magdeburger Innenministeriums an alle Abwasserverbände vor gut einem Jahr habe auch der ZVO bis zum Urteil des Landesverfassungsgerichtes mit der Bearbeitung der Widersprüche gewartet.
„Nach der jetzigen klaren Rechtsentscheidung werden wir uns im Verband zusammensetzen und das weitere Vorgehen besprechen“, erklärte der Geschäftsführer. Er kündigte an, dass dabei nach einer für die Betroffenen „kostengünstige Lösung“ gesucht werde. Immerhin ist die Bearbeitung der Widersprüche laut Satzung auch mit Kosten verbunden.
Initiativen hoffen auf Bundesverfassungsgericht
Auch wenn es nach dem Urteil der Dessauer Richter verschiedene Initiativen bereits ankündigten, nun das Bundesverfassungsgericht einzuschalten, hält der ZVO-Chef daran fest, die offenen Beträge jetzt einzufordern. „Letztlich muss jeder für sich entscheiden, der Widerspruch eingelegt hatte, ob er diesen nun zurückzieht“, so Günther.
Er gab aber auch zu bedenken, dass sich solch ein Verfahren, wenn es überhaupt von den Bundesverfassungsrichtern angenommen wird, sehr lange hinziehen würde. Zudem könne ein 25-Jahre-Zeitraum für Abwasserbeiträge als angemessen gelten - in verwandten Fällen habe dies der Europäische Gerichtshof ähnlich beurteilt, heißt es vom Landesverfassungsgericht.
(mz)