Tür zur Blekprinzessin öffnet sich
HARZGERODE/MZ. - Besuchern streckte sie mit Vorliebe die Zunge heraus, die Bleke. Nach ihrem Tod in der Fürstengruft in der Harzgeröder Marienkirche beigesetzt, mumifizierte ihr Leichnam und gehörte über viele Jahrzehnte zu den "Sehenswürdigkeiten" für die Konfirmanden. Einer von ihnen muss besonders draufgängerisch gewesen sein und drückte der Prinzessinnenmumie die Nase ein.
25 Jahre lang war die Fürstengruft verschlossen. Zu sehr hatte der Zahn der Zeit an den hier befindlichen zwei Sarkophagen, zwei Holzsärgen und den sterblichen Überresten darin genagt. Zum diesjährigen Tag des offenen Denkmals wird die Fürstengruft wieder für Besucher geöffnet, die künftig hierher geführt werden und auf Wunsch auch einen Blick auf die Mumien werfen können.
Vorausgegangen ist eine umfassende Sanierung der Fürstengruft. Möglich wurden die etwa 24 000 Euro teuren Restaurierungsarbeiten zu 60 Prozent durch Spenden der Harzgeröder. "Die Menschen haben im vergangenen Jahr für die Turmsanierung der Kirche eine unglaubliche Summe zusammengetragen, so dass wir auch die Fürstengruft erneuern konnten", freut sich Pfarrerin Anke Dittrich. Den Rest des Geldes stellten die Harzsparkasse und das Landesverwaltungsamt zur Verfügung.
Zunächst wurden in der Gruft die Deckengewölbe und der aus handgefertigten Ziegelsteinen gefertigte Fußboden restauriert. Jetzt kann kein schädigender Staub mehr auf die beiden metallenen Sarkophage von Fürst Wilhelm von Anhalt-Bernburg-Harzgerode (1643 - 1709) und seiner ersten Gemahlin Fürstin Elisabeth Albertine von Solms-Laubach (1631 - 1693) fallen. Auch die mit Stoff bespannten Holzsärge einer Nichte des Fürsten, Auguste Elisabeth von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Norburg, und der Blekprinzessin sind jetzt geschützt.
Im Mai begann Professor Bernhard Mai gemeinsam mit Ulf Gerlach, sowohl die Leichname als auch die Sarkophage und Särge zu restaurieren. "Wir haben Inschriften auf den Sargdeckeln, an den Fuß- und Kopfenden sowie an den Seitenteilen wieder sichtbar machen können", berichtet er. Zwar sei im Laufe der Jahrhunderte das eine oder andere Detail der reich verzierten Sarkophage abhanden gekommen oder zerstört worden, doch das was möglich war, sei wieder hergestellt worden. Die Mumien und Skelette ruhen jetzt in Metallsärgen mit Glasfenstern, die in den alten Totenruhestätten ihren Platz haben. "Die Restaurierung ist nachhaltig, da muss in den nächsten Jahren nichts gemacht werden", versichert Mai.
Viel Licht leuchtet künftig bei Führungen die Gruft aus. So werden zahlreiche Details der Sarkophage und Podeste, auf denen sie stehen, erkennbar. Fürst Wilhelms Sarg hat Füße, die als gekrönte Bernburg-Anhaltinische Bären geformt sind. Der seiner ersten Frau ruht auf Füßen, die Löwen darstellen, allerdings ohne Krone. Wilhelm war es übrigens, der die Marienkirche in Harzgerode mit außergewöhnlicher Innenarchitektur und Schmuck errichten ließ.
Das einst in der Gruft hängende Bildnis des Fürstenpaares hat jetzt seinen Platz in der Kirche und bedarf der dringenden Restaurierung. "Den Startschuss dafür wollen wir mit einem Benefizessen am Tag des offenen Denkmals geben", erklärt Pfarrerin Dittrich. Am 12. September werden dazu etwa 140 Gäste in der Marienkirche erwartet, die bei barocker Musik viel aus dem Leben und über den Tod des Fürsten, wie beispielsweise Kondolenzschreiben von 1709, erfahren werden. Die Familie von Anhalt wird bei dem Benefizessen von der Sopranistin Bettina Pahn vertreten, Ehefrau von Joachim Held, der der Neffe von Eduard Prinz von Anhalt ist. Am 13. September wird dann nach dem Gottesdienst die Tür zur Blekprinzessin erstmals nach 25 Jahre wieder geöffnet.