Strom- und Gasversorgung Stadtwerke Quedlinburg schließen Lücke
Insolvenzen und Rückzüge anderer Anbieter haben Folgen für Kunden und Lieferanten. Kommunales Unternehmen trifft schwere Entscheidung.

Quedlinburg/MZ - Strom- und Gasversorger, die insolvent sind, andere, die die Lieferung an ihre Kunden einstellen - das trifft auch die Stadtwerke Quedlinburg. „Uns erreichen nahezu täglich Meldungen von Anbietern, die ihre Energielieferung für Kunden in der Region einstellen oder diese einfach abmelden“, sagt Geschäftsführer Eiko Fliege. Nicht nur, dass sich die ohnehin schon stark gestiegenen Preise für Strom und Gas Anfang, Mitte Dezember noch einmal deutlich erhöht, teils beim Zehnfachen der Oktoberwerte des Vorjahres gelegen hätten, so der Geschäftsführer. „Das ist schlimm genug, weil es zunehmend die Verbraucherpreise für die Zukunft belastet.“
Hinzu kommt, dass die Stadtwerke als Grund- und Ersatzversorger einspringen müssen. Etwa bei Anbietern, die kurzfristig am Markt einkauften und bei denen angesichts der Preisentwicklung „der Plan, Geld zu verdienen, nun nicht mehr aufgeht“, so der Geschäftsführer, und die sich, wie zuletzt auch die Stromio GmbH und Gas.de, von einem Tag auf den anderen aus dem Markt zurückgezogen, ihre Kunden nicht mehr beliefert hätten (die MZ berichtete am 23. Dezember).
Hunderte Kunden betroffen
Allein seit Anfang Dezember betrifft das über verschiedene ausgefallene Anbieter hinweg beim Strom rund 480 Haushalte im Netzgebiet der Stadtwerke, zu dem Quedlinburg, Gernrode und Bad Suderode zählen, und beim Gas rund 150 Haushalte in Quedlinburg und Ditfurt. Kunden, die schon jetzt bzw. ab dem 1. Januar durch das kommunale Unternehmen ersatzweise versorgt werden. „Ohne dafür eine Kilowattstunde eingekauft zu haben. Das werden wir jetzt tun“, sagt Eiko Fliege.
Dazu habe das Unternehmen aber eine Entscheidung treffen müssen, „die uns nicht einfach gefallen ist, weil es sie so noch nie gegeben hat“. Bisher habe stets außer Frage gestanden, dass der Grund- und Ersatzversorger in die Bresche springe, erläutert der Geschäftsführer. Bisher habe das aber auch Einzelfälle wie etwa fehlgeschlagene Lieferantenwechsel betroffen. Jetzt allerdings kämen für die Stadtwerke, die aktuell im eigenen Netz 13.750 Kunden mit Strom sowie 5.150 mit Gas versorgen, neu zu beliefernde Abnehmer in Größenordnungen hinzu, für die zusätzlich und zu aktuellen Preisen eingekauft werden müsse.
„Die Entscheidung hat es so noch nie gegeben.“
Eiko Fliege, Geschäftsführer
Erfolge die Abgabe aber zu den zuletzt benannten Tarifen für die Grund- und Ersatzversorgung, „ist das bei der aktuellen Beschaffungskostensituation ein massives Verlustgeschäft für die Stadtwerke. Deshalb werden wir erstmals die Ersatzversorgung aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit ablehnen“, sagt der Geschäftsführer und erklärt: „Es kann uns nicht zugemutet werden, dass wir Energie und Geld liefern, weil wir für den Strom deutlich mehr bezahlen, als wir über die Ersatzversorgung erlösen können.“
Denn das würde Verluste bedeuten, die nicht klein sein würden: „Wir reden hier in Summe über mehrere Millionen Kilowattstunden, die zu beschaffen sind“, sagt Eiko Fliege.
Diese Situation hätten die Stadtwerke, die die Energie für ihre Lieferungen teils drei Jahre im Voraus und stets „in Scheiben“ einkauften, nicht zu verantworten. „Wir stellen sicher, dass hierdurch die Stadtwerke nicht selbst in Schieflage gebracht werden. Das schulden wir unseren Bestandskunden, den Gesellschaftern und letztlich auch den hier beschäftigten Mitarbeitern.“
„Springen in die Bresche“
Gleichzeitig betont der Geschäftsführer, dass die betroffenen Kunden nichts für die Insolvenzen - allein die diesem Jahr seien 39 Strom- und Gasversorger vom Markt verschwunden - könnten. „Wir springen selbstverständlich in die Bresche, damit in dieser Jahreszeit und in dieser Witterung keine Härten entstehen. Aber das können wir nicht zu Preisen zu tun, die unter den aktuellen Beschaffungskosten liegen“, sagt der Geschäftsführer.
Die betroffenen Kunden würden informiert, sie würden lückenlos auf Basis eines Sondervertrages versorgt. Es seien auch Mitarbeiter der Stadtwerke aus dem Urlaub zurückgeholt worden, um die Belieferung sicherzustellen und die Kunden zu informieren. „Das machen wir, weil es unsere Aufgabe als regionaler Versorger ist“, sagt Eiko Fliege und fügt hinzu, er sei „stolz auf die Mannschaft, so wie ich auf die Techniker stolz bin, die nach dem Stromausfall am Sonntag alles schnell wieder auf die Reihe gebracht haben“ (die MZ berichtete).
Wie der Geschäftsführer weiter erklärt, behielten „alle Kunden, die wir jetzt in das Sonderprodukt nehmen, ihre Flexibilität, sich einen neuen Versorger zu suchen“. Auch die Stadtwerke würden ihnen Folgeprodukte anbieten. Den Betroffenen empfiehlt Eiko Fliege, die Zählerstände für Strom bzw. Gas zu notieren für den Zeitpunkt, zu dem die Versorgung durch den Lieferanten eingestellt wurde; bei Stromio beispielsweise zum 21. Dezember, bei Gas.de zum 2. Dezember. Über die Verbraucherzentrale gebe es zudem Musterschreiben, mit denen gegenüber noch existierenden Versorgern geltend gemacht werden könne, dass diese ihre Vertragspflichten erfüllten.