Stadtmauer Quedlinburg Stadtmauer Quedlinburg: Sandsteinbrocken fallen auf Garagendach und Grillplatz

Quedlinburg - Glück gehabt. Am Sonntag saßen noch etwa zehn Leute auf dem Grillplatz unterhalb der Stadtmauer. Genau dorthin fielen am Dienstag Sandsteinbrocken aus den Resten der Quedlinburger Stadtmauer unweit des Kleers. Ort des Geschehens war ein Grundstück in der Reichenstraße. An dessen Ostseite zieht sich die Stadtmauer entlang. Als Grundstückseigentümer Jörg Kettenbeil am Dienstag von der Arbeit nach Hause kam, sah er das Malheur. Die Sandsteine hatten das Garagendach und eine Gartenbank beschädigt. Als er an den Sonntag dachte, war klar: Hier ist deutlich Gefahr im Verzug. „Da sind gut 300 bis 400 Kilogramm Steine herunter gekommen“, schätzt er ein.
Gefahr für Leib und Leben
Der Grundstückseigentümer informierte die Bau- und Denkmalschutzbehörden des Landkreises. Als die den Schaden sahen, machten sie dringenden Handlungsbedarf aus. Es bestehe Gefahr für Leib und Leben. Oliver Schlegel, Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde, verweist gegenüber der MZ zunächst auf den Aufbau der Stadtmauer, um den Steinschlag zu erklären. Sie besteht aus zwei Außenschalungen, die innen mit Gestein und Mörtel aufgefüllt wurden. Die außenseitige Schalung, dort wo sich vor Jahrhunderten der Stadtgraben befand, hatte sich hier gelöst. Als Ursache macht der Denkmalpfleger die mangelnde Instandhaltung über die Jahrhunderte aus.
„Das begann nicht erst vor 50 Jahren, sondern schon, als die Mauern nicht mehr gegen äußere Feinde schützen konnten“, erklärt er. Schon damals sei das Geld für dringendere Aufgaben in der Stadt verwandt worden. So setzte sich der Verschleißprozess immer weiter fort. Vor allem der obere Abschluss der Mauer ist nicht gegen einsickerndes Wasser gesichert. Dadurch werden die Sandsteine mürbe. Bei Frost sprengt das zu Eis werdende Wasser die Sandsteine und den Mörtel. Die Gräser und Sträucher auf der Mauer tun ein Übriges.
Mauer muss gesichert werden
„Es muss nun geprüft werden, wie der obere Abschluss der Stadtmauer, die unter Denkmalschutz steht, gesichert werden kann“, erklärt Oliver Schlegel. Das könnte durch eine Ziegel- oder eine Metallabdeckung geschehen. Dies sei aber erst der zweite Schritt. Vorher muss die Mauer gesichert werden. Dazu werden etwa ein Meter Sandsteine auf drei Metern Breite abgetragen und auf dem Nachbargrundstück gelagert. Dies weist auf ein weiteres Problem hin. „Es muss genau geklärt werden, wem die Mauer gehört und wer folglich für die Instandsetzung aufkommen muss“, sagt Oliver Schlegel. Für Jörg Kettenbeil ist das keine Frage. Er hat Unterlagen, die alle belegen und darauf hinweisen, dass die gesamte Mauer zum Nachbargrundstück gehört. Jörg Kettenbeil ist in der Beziehung Fachmann, denn er arbeitet bei der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt, welche die landeseigenen Flächen verwaltet.
Der Steinschlag vom Dienstag ist nicht der erste Fall auf dem Grundstück von Jörg Kettenbeil. „Schon vor einigen Jahren sind Sandsteine heruntergekommen“, weist er auf den schon lange desolaten Zustand der Mauer hin, die sich in dem Bereich der Stadt durchgehend vom Steinweg bis zur Weberstraße hinzieht. Die Stadtmauerreste weisen an vielen Stellen eine Schieflage auf. „Bei Arbeiten von ABM-Kräfte ist der falsche Mörtel verwandt worden“ nennt Jörg Kettenbeil den Grund, warum viele Sandsteine Schäden aufweisen.
Die jetzt abzutragenden Stadtmauerteile sollen in absehbarer Zeit wieder hochgezogen werden. Daran lässt der Chef der Denkmalbehörde keinen Zweifel aufkommen. „Ohne Förderung geht das aber nicht“, ist er sich sicher. Bei der Sanierung von Stadtmauerteilen falle schnell mal ein fünfstelliger Betrag an. Dieser könne Grundstückseigentümern nicht einfach aufgebürdet werden. (mz)
