Smartphone im Kuhstall Smartphone im Kuhstall: Chefin der Arbeitsagentur besucht Hof in Westerhausen

Westerhausen - „Vom Mistschippen bis zum Treckerfahren - hier muss jeder alles machen“, sagt Christoph Klamroth. Der junge Landwirt arbeitet im Familienbetrieb in Westerhausen; er ist der Juniorchef des Unternehmens, das Ackerbau und Tierhaltung betreibt und die Erzeugnisse im eigenen Hofladen verkauft.
Die Zahl der Mitarbeiter ist überschaubar; es sei schwierig, Leute zu finden, die auch zu Weiterbildungen bereit sind, die bis zu einem Studium reichen können, berichtet Klamroth von seinen Erfahrungen. Schließlich halte in der Landwirtschaft immer mehr Technik Einzug, die Arbeit wird komplexer: „Wir bauen gerade einen neuen Kuhstall mit Melkroboter, da werden wir mit dem Smartphone durch den Stall gehen“, beschreibt der Juniorchef, wie Arbeitsabläufe künftig gesteuert werden. Doch trotz aller Technik müsse man immer noch genau wissen, „was physiologisch mit einer Kuh passiert“.
Die Ausbildung in der Landwirtschaft ist nach Klamroths Ansicht in Sachsen-Anhalt auf einem guten Stand, aber brauche noch mehr computerbasierte Ausrichtung.
Das Landwirteehepaar Christiane und Kurt Klamroth hat im Juli 1990 Bestände der ehemaligen LPG in Westerhausen in private Hände übernommen. Auf 470 Hektar wachsen vor allem Getreide, Zuckerrüben und Raps, aber auch Mais, Ackerbohnen und Erbsen. Hinzu kommen 100 Hektar Grünflächen für die artgerechte Tierhaltung: Zweites Standbein sind die derzeit 80 Milchkühe.
Die Arbeit in der Landwirtschaft hat in der Familie Klamroth eine lange Tradition, die nachweislich bis 1632 zurückreicht und die auch weitergeführt wird. Tochter Emmi hat mit der Einrichtung eines Hofladens in Westerhausen die Direktvermarktung der Erzeugnisse - vor allem Fleisch, Milch und Käse - übernommen. Dort sind sieben Mitarbeiter beschäftigt. Ihr Bruder Christoph ist der Juniorchef des Hofes. Auch die älteste Tochter der Familie, Anne-Kathrin, bleibt der Branche treu. Sie hat in der Pflanzenzucht promoviert.
Die Entwicklung auf dem Landgut in Westerhausen geht weiter: Derzeit werde ein neuer Kuhstall mit Melkroboter gebaut, sagt Christoph Klamroth. Damit gehe man immer weiter weg von der Handarbeit. Stattdessen hält ständig mehr Technik Einzug in die Arbeitsabläufe. Derzeit gibt es einen Auszubildenden auf dem Hof, im August wird ein zweiter seine Lehre dort beginnen. (ku)
Zu den Traumberufen gehört der Arbeitsalltag auf Äckern und in Ställen für die meisten nicht, das muss auch Heike Schittko immer wieder feststellen. Die Chefin der Halberstädter Arbeitsagentur hat am Donnerstag mit den Westerhäuser Landwirten über die aktuelle Situation und Beschäftigungschancen gesprochen.
Auf dem Landhof wird derzeit ein Jugendlicher im ersten Lehrjahr ausgebildet, ein zweiter soll im August beginnen. Es sei schwierig, Jugendliche mit einem Realschulabschluss zu finden. Der aber ist wichtig, denn ohne Weiterbildung, das ist aus Klamroths Worten deutlich herauszuhören, läuft in der Branche nichts. „Es gibt zu wenig junge Leute, die in die Landwirtschaft wollen“, stellt der Westerhäuser fest. „Die wir haben, versuchen wir auch zu halten.“ Dazu gehörten ein gutes Arbeitsklima und gute Gehälter, die pünktlich gezahlt werden.
Arbeit in der Landwirtschaft sei mit vielen Vorbehalten behaftet, sagt Schittko. Jeder wolle Milch trinken, aber in solchen Betrieben arbeiten? Schulabgängern die Branche schmackhaft zu machen, ist schwer. Das liegt letzten Endes auch am Geld, weiß Klamroth: „Die Löhne, mit denen Lehrlinge beispielsweise bei VW einsteigen, sind für uns nicht bezahlbar.“ Anders als die Industrie könne die Landwirtschaft keine Acht-Stunden-Tage garantieren. Wenn es viel zu tun gibt, muss auch mal 15 Stunden lang gearbeitet werden. Dafür habe man im Winter frei. (mz)