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Schulentwicklungsplanung im Landkreis Harz Schulentwicklungsplanung im Landkreis Harz: Ganz einfache Rechnung

Von Rita Kunze 14.01.2014, 20:50
Die Rechnung des Landes ist einfach: Je weniger Erstklässler, desto weniger Grundschulen wird es geben.
Die Rechnung des Landes ist einfach: Je weniger Erstklässler, desto weniger Grundschulen wird es geben. Archiv/DPA Lizenz

Wernigerode/MZ - Die Schullandschaft im Landkreis Harz wird sich in den kommenden Jahren spürbar verändern. Treffen wird es vor allem die Kleinsten, denen zum Teil lange Fahrzeiten bevorstehen, weil die Zahl der Grundschulen immer weiter zurückgeht, deren Einzugsbereiche folglich immer größer werden. „Ostharz wird bildungsfreie Zone“, warnt das sachsen-anhaltische Aktionsbündnis „Grundschulen vor Ort“.

Davon war am Montag im Bildungsausschuss des Kreistages nicht die Rede, dennoch blickt das Gremium mit Sorge auf die weitere Entwicklung. Nach der aktuellen Schulentwicklungsplanung, der der Bildungsausschuss mehrheitlich zugestimmt hat, werden allein zum Schuljahr 2014/15 acht Schulstandorte im Landkreis Harz aufgegeben, weitere werden in den kommenden Jahren folgen.

Betroffen sind im Altkreis Quedlinburg die Grundschule Meisdorf, deren Schüler in Ermsleben lernen werden. Grundschüler aus Weddersleben gehen nach Thale, Ditfurter nach Hedersleben. Auch die Förderschule „Am Reißaus“ in Bad Suderode ist betroffen, ihre Schüler werden in die Pestalozzischule Quedlinburg gehen. Ursache sind die Mindestschülerzahlen, die dem großflächigen Erhalt der Grundschulen entgegenstehen, weil die Zahl der Kinder zurückgeht.

Weitere Schulschließungen sind bereits im Gespräch

Mit der vorliegenden Schulentwicklungsplanung, die bis ins Jahr 2023 reicht, hat das Schulverwaltungsamt des Landkreises auf 329 Seiten versucht, den Vorgaben des Landes Rechnung zu tragen. Alle Grund-, Sekundar- und Förderschulen sowie Gymnasien im Landkreis sind erfasst, die zu erwartende Entwicklung und mögliche Konsequenzen aufgezeigt. Weitere Schulschließungen sind bereits im Gespräch, unter anderem Friedrichsbrunn und Westerhausen. Vor allem im Ober- und Unterharz wird die Schullandschaft weiter ausgedünnt.

Angesichts dessen erwarte er vom Land, „dass die Mindestschülerzahlen gesenkt werden statt erhöht“, sagt Engelbert Kosinski von der Bürgerfraktion. Er darf sich damit eins wissen mit dem Kreis-Elternrat, der sich gleichermaßen gegen die Vorgaben des Landes und gegen die vielen Schulschließungen ausgesprochen hat.

Kultusminister Stephan Dorgerloh spricht angesichts des erwarteten Geburtenrückgangs von „Gestaltungsbedarf im Schulnetz“, der „durch eine regionale Differenzierung und zeitliche Schrittfolge sehr moderat umgesetzt“ werde. Demnach sind „in dünn besiedelten Landkreisen kleinere Grundschulen mit zunächst mindestens 52 und ab 2017 mit 60 Schülern zulässig“, heißt es aus dem Kultusministerium. Dünn besiedelt ist allerdings nicht nur die Altmark, sondern auch teilweise der Harz. In Magdeburg geht man darauf nicht ein, sagt Detlef Brozio, Sachgebietsleiter beim Schulverwaltungsamt des Landkreises: Gegenüber dem Land habe man „sehr detailliert aufgezeigt, dass es mehrere dünn besiedelte Regionen im Landkreis gibt. Aber der Gesetzgeber hat es so gewollt, dass der Kreis als Ganzes betrachtet wird.“

„Da führt kein Weg dran vorbei“

Als dünn besiedelt, so das Kultusministerium auf Anfrage der MZ, gelten Regionen, die nach der Bevölkerungsprognose im Jahr 2025 weniger als 70 Einwohner pro Quadratkilometer haben. Das seien der Altmarkkreis Salzwedel, die Landkreise Stendal und Wittenberg sowie Teile der Landkreise Jerichower Land und Börde. Im Harz „kann das Landesschulamt Einzelfalllösungen prüfen und genehmigen, wenn die Wegebeziehungen im Schulnetz eine Ausnahme rechtfertigen.“ Damit gebe es die Möglichkeit, eine Ausnahmeregelung zu erreichen, „falls die besondere Situation vor Ort es erfordert“.

Die MZ hat Rechenbeispiele durchgeführt. Danach gibt es in der Einheitsgemeinde Stadt Harzgerode derzeit 51 Einwohner pro Quadratkilometer, in der Verbandsgemeinde Vorharz sind es 62, in der Stadt Oberharz am Brocken 42.

Dennoch: „Da führt kein Weg dran vorbei“, bestätigt Monika Hohmann, die für die Linke im Landtag sitzt. „Die Schließung von Schulen auf dem Land wird zum Problem, wenn die Einzugsbereiche nicht für die Mindestschülerzahlen reichen“, sagt die Abgeordnete, für die jede Grundschulschließung „eine zu viel“ ist. Aber sie sei „froh, dass es bis 2020 noch ein ausgewogenes Netz innerhalb des Landkreises“ geben würde. Die für eine Schließung vorgesehenen Schulen treffe es „nicht von heute auf morgen, sondern längerfristig“.

Allerdings, so warnt der FDP-Mann Andreas Flügel, würden sich die Bedingungen für die Schulen verschärfen: „Bei einer weiteren Erhöhung der Mindestschülerzahlen haben wir in zehn Jahren eine Schullandschaft, die sich keiner vorstellen will.“

Der Bündnisgrüne Stefan Brüne-Wonner fordert angesichts der Situation neue Konzepte: „Als größter Landkreis im Land brauchen wir neue Ideen, Zwergschulen sind nicht das einzige Rezept.“ Er könne die Situation des Landes nachvollziehen, dass Lehrer nicht nur für fünf Jahre anstelle, sondern langfristig plane. Aber es könne auch nicht sein, dass Kinder 45 Minuten Fahrzeit zur Schule in Kauf nehmen müssen.