Samba tanzen lernen und schöne brasilianische Partys
Sydney/MZ. - Für den Trip nutzt sie das Programm "Work & Travel", mit dem das Land auf der Südhälfte der Erde Interessenten eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr ermöglicht. Allerdings: Um die Unterkunft und einen Job musste sich Steffi Weinhold selbst kümmern. Sie wird in den nächsten Monaten von ihren Erlebnissen in der Mitteldeutschen Zeitung berichten. Vor gut zwei Monaten bin ich hier in Sydney angekommen. Die erste Woche lebte ich bei Carlos, dem Freund eines Freundes aus Venezuela, in einem voll durch "designed" Haus. Alles war extrem sauber und so an seinem Platz, dass ich nicht wusste, ob ich die Banane aus dem Obstkorb essen kann oder ob sie genau an dieser Stelle neben den Orangen liegen sollte. Von einem Extrem rutschte ich dann ins andere. Denn so einfach ist es nicht eine günstige Unterkunft zu finden.
So nahm ich als Notlösung ein Haus in der Nähe meiner Arbeitsstelle. Dieses Haus war das ganze Gegenteil und ein Schock für mich. Hier lebten 15 Menschen verteilt auf vier Zimmer, und nur ein Badezimmer. Erstaunlicherweise gab es kaum Überschneidungen oder Gedränge im Bad. Da es aber keine Putzfrau gab und sich auch sonst keiner verantwortlich fühlte, war dieses Haus einfach nur extrem dreckig. In der Küche gab es Ungeziefer, so dass ich wirklich alle Lebensmittel, auch Zucker, im Kühlschrank gelagert habe. Ich habe so wenig wie möglich in diesem Haus gekocht oder gegessen. Das Zimmer habe ich mir mit verschiedenen Menschen geteilt, mal mit zwei Schwedinnen und einem Franzosen, mal mit zwei Iren. Am Anfang war es nicht so schön in diesem Haus zu wohnen. Denn es lebte dort eine Gruppe von deutschen Mädels, die aus irgendwelchen Gründen sehr arrogant waren. Als diese auszogen, um irgendwo in Australien rumzureisen, wurde es lustiger. Wir saßen abends einfach zusammen, haben ein Bier getrunken und gequatscht, DVDs geguckt oder Playstation gespielt. Dann mussten wir aber alle vor ca. einem Monat ausziehen. Es stellte sich heraus, dass der Besitzer keine Lizenz zum Vermieten hatte. Und so kam es, dass ich mit drei irischen Mädels, Laura, Lorain und Babara, in eine kleine Wohnung gezogen bin. Je zwei von uns teilen sich ein Zimmer. Leider hat sich das Zusammenleben als langweilig herausgestellt. Wir hatten bis jetzt eine Einweihungsparty in unserem Haus, von der ich vorher nichts wusste. Also waren nur meine Irinnen und deren Freunde da und schon kräftig am trinken als ich an kam. Ein Nachbar, lag schon nicht ansprechbar halb auf dem Sofa halb auf der Erde. Die anderen lagen oder saßen im Raum verteilt und haben sich gegenseitig SMS geschrieben. Das war so eine komische Situation. Alle sitzen im selben Raum, aber niemand redet.
Das alltägliche Leben ist mit den Mädels auch nicht viel spannender. Denn kommen sie von der Arbeit, verschwinden sie direkt in ihrem Zimmern. Sie kommen nur kurz zum kochen raus. Wenn ich eine Spätschicht habe und abends halb Zehn nach Hause komme, schlafen sie meistens schon. Aus diesem Grund versuche ich mich so oft wie möglich mit anderen Leuten zu verabreden. Zum Beispiel mit Ilka. Ilka kommt auch aus Deutschland und hat schon vorher mit mir in dem dreckigen Haus gewohnt. Wir verstehen uns sehr gut, haben jedoch meist leider zu ganz unterschiedlichen Zeiten Schichten und so wenig Zeit, etwas gemeinsam zu unternehmen. Außerdem hat Ilka hier seit drei Monaten einen Freund und meistens kein Geld. Manchmal treffe ich mich mit meinen Arbeitskollegen. Wir verstehen uns sehr gut, und das ist auch einer der Gründe, warum mir die Arbeit im Taste, dem asiatischen Take Away, so viel Spaß macht. So war ich zum Beispiel letzte Woche mit Bruno auf einer brasilianischen Party. Er hat mich seinen Freunden vorgestellt. Die Mädels haben mich dann gleich an die Hand genommen und mir Samba beigebracht. Es ist extrem anstrengend. Schon nach wenigen Minuten tun einem besonders die Schienbeine weh. Aber es macht auch verdammt viel Spaß. Am Ende des Abends hab ich mich nur noch wie eine alte Frau gefühlt, mit lahmen Beinen und einem schmerzenden Rücken. In dieser Woche bin ich auch noch zu Brunos Geburtstagsfeier gegangen. Der Jungspund ist 25 geworden. Auf der Party habe ich seine Freunde wieder getroffen und mich sehr gut mit ihnen unterhalten. Mein Fazit dazu, Party mit Brasilianern ist viel viel lustiger als mit Iren, denn die Menschen gehen viel offener und freundlicher auf neue Menschen zu.
Zwei weitere nette Mitarbeiter, mit denen ich ab und zu was unternehme, sind Shanly und Carmen. Shanly ist eine Australierin mit polnischer Mutter und tailändischem Vater. Und Carmen ist eine 35-jährige Spanierin, die gerade ihr Studium beendet hat. Beide versuchen mich immer mit ihren Freunden zu verkuppeln. Was bis jetzt aber noch nie geklappt hat. Da ich leider nicht jeden Abend weg gehen und Party machen kann, verbringe ich einige Abende der Woche allein. Ich lese viel, schreibe Briefe und lerne Flöte spielen. Außerdem habe ich wieder angefangen zu Malen. Trotz allem vermisse ich hier meine lieben Freunde und meine Familie. Es ist schon etwas anderes, wenn man mit Menschen redet, die einem am Herzen liegen und denen man selbst etwas bedeutet. Deshalb verbringe ich eben auch viel Zeit im Internet. Ich möchte mich bei meiner Familie und meinen Freunden, Basti, Thilo und Hendrik bedanken. Weil ihr mich schon so manches mal getröstet habt, wenn ich mich allein fühlte und weil ihr mir mit Rat und Tat zur Seite steht. Es ist schon erstaunlich, wie nah man sich selbst über diese Entfernung sein kann.