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Quedlinburg Quedlinburg: Zum Wunschtraum in alter Fleischerei

Von GERD ALPERMANN 25.11.2010, 16:07

QUEDLINBURG/MZ. - Das Objekt der Begierde liegt mitten in der Welterbestadt Quedlinburg und ist von außen eher unscheinbar. Mit Hof und Anbauten umfasst das Grundstück aber 480 Quadratmeter. Die Nutzfläche beträgt sogar rund 850 Quadratmeter. Dies ist der Ausgangspunkt, vor dem Dirk Amtag aus Thale und seine Lebensgefährtin Daniela Fröhlich stehen. Die Pölkenstraße 50, direkt gegenüber von Café, Optiker und Buchhändler, stand jahrelang, bis auf ein Antiquitätengeschäft, leer. Nun soll daraus eine Pension werden mit vier Ferienwohnungen sowie neun Doppelzimmern.

Dirk Amtag (33) hat in Leipzig an der Hochschule für Bauingenieurwesen studiert. Dort lernte er seine Lebensgefährtin kennen. Und bereits dort reifte der Traum, eine Pension oder Ähnliches zu betreiben. Auch wenn das Bauen bisher sein Leben mitbestimmte, sieht er da für sich keine Perspektive. Beste Voraussetzungen hätte er, lernte Dirk Amtag doch vor dem Studium Zimmermann bei den Werkstätten für Denkmalpflege in Quedlinburg. Dazu kommt, dass der Vater bei einer Baufirma in Leipzig arbeitet.

Nach dem Studium zog es das junge Paar aber erst einmal in die Ferne. Ein ganzes Jahr waren sie unterwegs, schauten da und dort schon mal, ob sich der Traum verwirklichen ließe. Die zehn Flüge wurden vorher gebucht und die Länder ausgewählt. Das war relativ kostengünstig, erzählt Dirk Amtag. Dann ging es los über Indien, Thailand, Südostasien bis nach Neuseeland. Dort arbeitete er drei Monate in seinem Beruf, um wieder flüssig zu sein. Doch weder dort, noch auf dem zweiten Teil der Reise in Südamerika fand sich etwas, das dem Traum ganz nahe kam.

Die Idee in Quedlinburg etwas zu suchen, nahm nach der Rückkehr durch Freunde richtig Fahrt auf. "Ich kenne eine Menge Leute, die konnte ich fragen. Dann haben wir alles durchgerechnet und stellten fest, es könnte funktionieren", sagt der junge Bauherr. Er begeisterte Freundin und Eltern. Die helfen nun als Ko-Finanziers mit.

"Eigentlich waren wir zunächst auf eine Art Jugendherberge aus, doch dafür ist kein Markt da", weiß er inzwischen. Mit dem Planungsbüro Q-Batur, von Freunden empfohlen, wurde es dann ganz konkret. Q-Batur machte einige Vorschläge. Doch mal war das Grundstück zu klein, mal zu groß oder ungeeignet für den Nutzungszweck. Dann rückte die Pölkenstraße 50 ins Blickfeld. Der Besitzer war bereit, zu verkaufen. Lage und Grundstücksgestaltung mit Drei-Seiten-Hof waren schon das Richtige, obwohl der Nichtfachmann wohl angesichts des Zustandes zurückgeschreckt wäre. Jahrzehntelang war kaum Entscheidendes für den Erhalt getan worden.

Noch heute sind nicht wenige Reste der ehemaligen Fleischerei Gebhardt in dem Haus zu finden. Die Eingangstür neben dem Schaufenster ziert noch die Initialen FG für Fritz Gebhardt. Vorbereitungsküche sowie Gefrierraum mit Aggregat sind noch vorhanden und blaue Fliesen verweisen auf vergangene DDR-Zeiten. Erbaut wurde dieses Haus aber um 1700. Die niedrigen Fachwerkbauten mit Fußstreben und Lehmverputz, von der Hofseite sichtbar, zeugen davon.

Vom Planungsbüro Q-Batur wird derzeit ein Entwurf erarbeitet, der dann in einen Bauantrag mündet. Ein Knackpunkt ist ein zweiter Fluchtweg, da das Grundstück nur von der Pölkenstraße aus begehbar ist. Stellflächen für Pkw sind nicht vorhanden, auch nicht zu schaffen. Da muss in der Nähe noch etwas gesucht werden, weiß der Bauherr, der zunächst auch eine kleine Einliegerwohnung für sich und seine Lebensgefährtin plant. Diese wird aber so angelegt, dass sie später auch Pensionszimmer werden kann. Zugute kommt Dirk Amtag sein Beruf. Vieles will er selbst machen, um die Kosten in Grenzen zu halten. Deshalb soll so viel wie möglich von der vorhandenen Substanz erhalten werden, auch um den denkmalpflegerischen Vorgaben gerecht werden zu können.

Erste Untersuchungen der Bausubstanz haben Schwammbefall offenbart. Doch das ist für den Bauherrn fast logisch, in einem Haus das so lange leer stand, wo da eine Zwischenwand gezogen und dort etwas notdürftig kaschiert wurde. Das Dach war nur leidlich dicht, es tröpfelte schon an einigen Stellen. Doch Dirk Amtag weiß als Mann vom Fach, auf was er sich da einlässt. Der Optimismus überwiegt.