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Quedlinburg Quedlinburg: Geliftete Hundertjährige sorgt für Staunen und Freude

Von RAINER MARSCHEL 06.11.2011, 18:54

QUEDLINBURG/MZ. - Zugleich gab es für Hunderte, die über den Tag verteilt durch die Flure und 19 Klassenräume streiften, riesigen Grund zur Freude auch wegen der abgeschlossenen grundhaften Sanierung.

"Vollbrachtes Bauwunder"

Eltern, Großeltern, Verwandte, Bürgermeister aus dem Einzugsgebiet oder der extra aus Bamberg angereiste ehemalige Schüler Dietmar Höhle kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. "Menschenskinder, was ist an dieser Schule alles passiert!", sagte Höhle. Mit einem Gemisch aus Kindheitserinnerungen, Stolz und Faszination über das "vollbrachte Bauwunder" zeigte er interessierten Gruppen, wo er einst selbst unterrichtet wurde. Das ist ein halbes Menschenleben her.

Mit mancher Episode konnte der einstige Quedlinburger dabei aufwarten, dessen Elternhaus direkt gegenüber der Bansi-Schule gestanden hatte. So erlebte er deren wechselvolle Geschichte sowie den schleichenden Verfall der Bausubstanz über Jahrzehnte hautnah mit. Jetzt meint er sichtlich gerührt und mit feucht gewordenen Augen: "Sagenhaft, was die aus diesem Haus gemacht haben. Ich konnte es bis jetzt gar nicht glauben!"

Ein Jahr hatten die Sekundarschüler umzugsbedingt mit zwei Provisorien leben müssen: Unterrichtet wurde zum einen im ehemaligen Finanzamt, zum anderen in der "Bosse-Schule". Im Sommer war die umfängliche Sanierung des imposanten denkmalgeschützten Gebäudes der Bansi-Schule dann endlich abgeschlossen. "Wir sind vielfach bis an die Grenzen unserer Belastbarkeit gegangen", meinte die stellvertretende Schulleiterin Annette Broede rückblickend.

Kein Lehrer, der ihr am Sonnabend zwischen den beiden Festveranstaltungen etwa nicht beigepflichtet hätte. Erst recht nicht die Schüler oder ihr "Chef", Bernd Schulze. Dieser zeigte sich ob der riesigen Resonanz der Öffentlichkeit am Sonnabend sichtlich überwältigt.

3,3 Millionen aus dem Schulbauprogramm, davon fast 2,7 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds, wurden in das traditionsreiche Haus in Trägerschaft des Landkreises Harz investiert: "Kein Gewerk, welches zwischen Keller und Dach hier nicht beschäftigt gewesen wäre", meinte der Schulleiter mit sichtlichem Stolz über das Ergebnis.

Auflagen des Denkmalschutzes

Und die Fotos aus der Bauphase ließen Lehrer wie Schüler und Gäste gleichermaßen staunen, dass eine derart umfängliche Sanierung während vergangenen zwölf Monate überhaupt zu schaffen war. Bei allen Arbeiten waren Auflagen des Denkmalschutzes zu beachten, so der Schulleiter. So seien die Fliesen in den Schulfluren noch jene aus der Entstehungszeit von vor genau 100 Jahren. Auch die Türen seien lediglich aufgearbeitet.

Eine Referenz-Solaranlage auf einem der Schuldächer ist jetzt ebenso noch in Planung, wie der Austausch der alten Computermonitore durch moderne Flachbildschirme. Mit Letzteren wird sogar noch in diesem Jahr gerechnet. Die Kosten betragen 25 000 Euro, die allerdings aus einem anderen Fördertopf der Europäischen Union kommen werden.

Mit in die Arbeiten integriert wurde das ehemalige Schulleiterhaus auf dem Pausenhof. Die Mieter waren aus mehreren darin befindlichen Wohnungen schon vor zehn Jahren ausgezogen. Seitdem verfiel es ebenso wie das eigentliche Hauptgebäude.

Jetzt sind beide miteinander baulich verbunden. Dort befinden sich nun unter anderem Räume zur Freizeitbeschäftigung. Die schuleigene Bibliothek fand ebenfalls ihre neue Heimstatt wie ein Zimmer für die Sozialarbeiterin. Seitdem man auch in ansprechender Umgebung essen kann, stieg der Anteil derjenigen Schüler, die davon Gebrauch machen, von 15 auf durchschnittlich 60.

Zudem ist auch eine moderne Außensportanlage, neben der bereits vorher sanierten Turnhalle, entstanden. Das genau an jener Stelle, wo sich noch vor gut einem Jahr das desolate Heizhaus befand.

Zum Staunen gab es am Wochenende reichlich Gelegenheit. Das reichte vom "digitalen schwarzen Brett" mit aktuellen Informationen aus dem Schulflur über die neu installierte Haussprechanlage oder den fahrbaren Computerschrank mit zahlreichen Laptops bis hin zum neuen Chemieraum. Dort hängen die Anschlüsse für Gas und so weiter neuerdings von der Decke. Damit lassen sich die darunter befindlichen Bänke bei Bedarf beliebig verstellen. Computeranschlüsse gibt es seit der Sanierung in jedem der Unterrichtsräume.

Von besonderem Interesse war zum Tag der offenen Tür aber vor allem das Schulmuseum. Dort boten sich den Gästen historische Aufnahmen vorheriger Schüler- und Lehrergenerationen ebenso, wie historische Unterrichtsmaterialien und (Klassen-)Bücher. Zu den Raritäten zählte die originale Einladung zum Festmenü anlässlich der Einweihung des Königlich-Preußischen Lehrerseminars aus dem Jahre 1911.

Zu den ausgestellten Kuriositäten zählte auch eine Liste der Direktoren und Lehrer mit ihren darauf akribisch vermerkten Spitznamen. Die Exposition beinhaltete aber ebenso Regiebücher aufgeführter Theaterstücke. Eine Sparte, die, neben dem Chor, auf eine jahrzehntelange Tradition verweisen kann. Gezeigt wurden zudem ein alter Rechenstab, antiquierte Bildwerfer oder historische Landkarten. Ergänzt wurden diese Exponate durch mehrere private Filme aus der jüngeren 20-jährigen Schulgeschichte.

Obwohl das Festprogramm planmäßig gleich zwei Mal aufgeführt wurde, sollten die Stühle am Sonnabendvormittag keinesfalls ausreichen. Für die unterhaltsamen und originellen Vorführungen der Tanz- und Theatergruppe sowie des Chores gab es in der Aula viel Beifall.

Unter den Gästen waren am Sonnabend auch Ehemalige, die den Tag der offenen Tür für Klassentreffen zum 50. und sogar 60. Schulabschlussjubiläum nutzten (die MZ wird noch ausführlicher berichten).

Bewerbung als Ganztagsschule

Die Ernst-Bansi-Sekundarschule bietet momentan fast 20 Arbeitsgemeinschaften an. De facto arbeitet man schon wie eine Ganztagsschule, ohne bisher diesen Status offiziell zu haben. Jetzt erfülle man aber sämtliche dafür erforderlichen Bedingungen und werde sich darum bewerben, so der Schulleiter zum Abschluss.