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Quedlinburg Quedlinburg: Dreispaltig, hundertzwanzig hoch

Von KERSTIN BEIER 06.12.2010, 17:03

QUEDLINBURG/MZ. - "Kann ich bei Ihnen Karten für Hansi Hinterseer kaufen? Ist für Weihnachten ..." Die ältere Dame schaut irritiert. Einen Flur mit geschlossenen Türen hatte sie nicht erwartet im Service-Center der Mitteldeutschen Zeitung. Allerdings: Sie ist auch nicht im MZ-Service-Center mit seinem großzügigen Tresen und den vielfältigen Auslagen, sondern in der Lokalredaktion in der Turnstraße gelandet. Wir weisen ihr freundlich den Weg zur richtigen Adresse gleich um die Ecke.

Karten oder Bücher kann man bei uns zwar nicht kaufen, dafür entsteht in der Lokalredaktion der "Quedlinburger Harzbote". An sechs Tagen in der Woche produzieren die Redakteure, der Fotograf, die Sekretärin und freie Mitarbeiter zwischen acht und zwölf Seiten täglich. Aktuelles, Unterhaltsames, Lesenswertes und Informatives soll auf den Seiten Platz finden, die komplett am Computerbildschirm entstehen.

Druckmaschinen? Fehlanzeige. Nur ganz normale Büros mit Schreibtischen und Rechnern, ein Bildbearbeitungsplatz und eine kleine Küche. Das Druckzentrum des Mitteldeutschen Verlages mit Druckmaschinen so hoch wie ein mehrstöckiges Haus steht in Halle. Die fertigen Seiten werden am Abend per Datenleitung dorthin übertragen. Doch bis zum Andruck um 21 Uhr bleibt viel zu tun, noch sind alle Seiten weiß. Die Sekretärin Bea Lenz ist meist die erste in der Redaktion. Morgens um 8 ist es noch einigermaßen ruhig, und sie nutzt diese Ruhe, die Arbeitsexemplare der verschiedenen Ausgaben - die MZ produziert neben dem so genannten Mantelteil immerhin 13 Lokalausgaben - zu verteilen, den Posteingang und die Redaktions-E-Mails zu sichten. Bis 10 Uhr sind alle Redakteure eingetroffen, die Redaktionsleiterin hat um diese Zeit die Grobplanung fertig.

Welche Themen sollen im Blatt eine Rolle spielen? Welche Ereignisse sind besonders aktuell, wichtig oder interessant und müssen auf die erste Seite? Welche Fotos gibt es, wer kümmert sich um welches Thema? All diese Fragen werden in der ersten Konferenz des Tages geklärt. Mindestens genauso wichtig: Welches Thema ist es wert, kommentiert zu werden? Wer schreibt die Kolumne, die kleine, alltägliche Begebenheiten in den Blick nimmt? Auch Termine werden besprochen. Wer geht wohin? Wie sollen die einzelnen Themen angegangen werden? Was müssen oder sollten wir weglassen?

Gerd Alpermann verabschiedet sich zu einem Termin nach Stecklenberg. Er ist mit dem Chef eines Hotels verabredet, das in den vergangenen Jahren gehörig investiert hat und dessen Bemühungen nun mit drei Dehoga-Sternen gekrönt wurden. Detlef Anders, der sich um die täglich erscheinende Sportseite kümmert, beginnt seine Seite zu planen und eingehende Sportberichte zu bearbeiten. Rita Kunze gestaltet die Kulturseite, die immer dienstags und donnerstags ins Blatt findet.

Der Winter ist nach wie vor ein Thema. Zwar hat sich die Lage auf den Straßen beruhigt, aber es ist lausig kalt. "Wir könnten eine Geschichte darüber machen, wer von der Kälte profitiert und wer die Verlierer des Wetters sind", schlägt jemand vor. "Das würde ich gern machen", bietet Maike König an, die zurzeit ein Praktikum in der Redaktion absolviert.

Derweil hat das Telefon x-mal geklingelt: Eine Frau aus Gernrode hat Probleme mit der Müllabfuhr. Wir werden bei den zuständigen Stellen nachfragen und hoffentlich erfahren, wo es klemmt. Ein Mann möchte eine Veranstaltung angekündigt wissen, der nächste fragt nach, ob denn seine E-Mail angekommen ist. Der Bericht über die Seniorenweihnachtsfeier wird sicherlich ein Leserbrief und in den nächsten Tagen in die Zeitung kommen.

11.10 Uhr, Telefonschaltung nach Halle. Alle Außenredaktionen werden zur Redaktionskonferenz in Halle zugeschaltet, neben der Planung der Ausgabe für den nächsten Tag geht es auch darum, das aktuelle Blatt auszuwerten. Was war gut? Was hätte man anders machen können?

In der Redaktion ist derweil Frank Ruprecht eingetroffen, der am Dienstag den Spätdienst hat. In dieser Funktion ist er unter anderem dafür verantwortlich, dass aktuelle Ereignisse wie schwere Unfälle oder Brände noch in die Zeitung kommen. Notfalls müssen das Layout noch einmal verändert, Texte oder Bilder ausgetauscht werden. Nach und nach bekommt die aktuelle Ausgabe ihr Gesicht. Die Seiten füllen sich, Texte werden geschrieben, redigiert, Überschriften erdacht und immer wieder verändert, bis sie hoffentlich zum Lesen anregen. Zwischendurch schneit Chris Wohlfeld in die Redaktion. Er hat das Gros seiner Fotos im Kasten, spielt sie ins Redaktionssystem ein und bearbeitet die Bilder. "Schneidest du mir das Foto auf der neun mal dreispaltig 120 hoch?", bittet eine Kollegin. Wenn er Zeit hat, schlägt er die Bitte nicht ab. "So kann ich sicher sein, dass der Bildschnitt stimmt", lacht er.

Gegen 15 Uhr trifft sich die Redaktion noch einmal, um gemeinsam einen Blick auf die Seiten zu werfen, die bereits fertig sind. Passen die Überschriften? Stimmen die Abstände zwischen den Texten? Sind die Themen sinnvoll gewichtet und richtig platziert?

Derweil steht wieder eine Dame in der Redaktion. Sie will keine Karten kaufen, sondern einen Artikel von vor drei Jahren nachschlagen. Hier können wir helfen. Denn die Zeitungen lassen wir vierteljährlich binden. In unserem Archiv befinden sich lückenlos die Ausgaben der "Freiheit", der Vorgängerzeitung, ab dem Jahr 1952 - und die Ausgaben der MZ natürlich auch.

Es ist Abend geworden. Einige sind schon wieder unterwegs - zu Gemeinderatssitzungen, Buchlesungen oder Konzerten. Andere lesen Korrektur. Nicht einfach für jemanden, der schon stundenlang auf den Bildschirm gestarrt hat. Und so fischen wir nicht immer alle Tippfehler raus. Die durchgerutschten sehen wir am nächsten Morgen in der Zeitung. Genau wie Sie, liebe Leser. Wir hoffen, dass es ganz wenige sind.