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Prinzen-Neffe begeistert auf Barock-Instrument

Von ANDREAS BÜRKNER 17.05.2009, 17:03

HARZGERODE/MZ. - "Wir benötigen noch Geld für die Sanierung der Grüfte", begründete Pastorin Anke Dittrich den Anlass für das Benefiz-Konzert "Musicalisches Tafelconfect" mit deutschen Volksliedern und Werken aus der Barockzeit. Zwar wären bereits Mittel des Landesamtes zugesagt worden, allerdings fehle noch der Eigenanteil der Gemeinde, hoffte sie auf eine große Besucherzahl.

Etwa bis zur Wende waren die Grüfte noch begehbar, danach aber aus Sicherheitsgründen verschlossen worden. "Die übergroße Spendenbereitschaft der Harzgeröder und Freunde der Kirche zur Turmsanierung erbrachten einen Überschuss, der uns das neue Projekt ermöglichte", war Frau Dittrich stolz. "Während die Aufbereitung des Inhalts der Grüfte bereits erfolgt, bedürfen der Eingangsbereich und das Gruftgewölbe noch umfangreicher Arbeiten", erklärte Dittrich, "etwa 10 000 Euro insgesamt werden dafür benötigt."

"Wir waren immer eine musikalische Familie, auch wenn ich davon am wenigsten geerbt habe", spannte Eduard Prinz von Anhalt leicht ironisch einen Bogen von den Vorfahren zu seinem Neffen Joachim Held, der mit seiner Frau, der Sopranistin Bettina Pahn, die Familientradition fortsetze. Bis vor drei Jahren, damals 44 Jahre jung, konnte dieser seine Herkunft bestenfalls erahnen: "Meine Mutter, die Schwester von Eduard, gab mich nach der Geburt zur Adoption frei", weiß er heute und verarbeitet seine wechselvolle Lebensgeschichte derzeit für ein Buch. "Er ist kein Alibi-Verwandter wie die aus der Boulevard-Presse", betonte der Prinz und kündigte an, das Paar "auch mit dem Namen in die Familie" aufnehmen zu wollen.

Zumindest musikalisch machte das Duo den Anhalts alle Ehre. Hier das virtuose Spiel der Finger von Joachim auf den 24 Saiten der Barock-Laute, "der letzten Art in der Entwicklung, bevor Klavier und Gitarre aufkamen", dort die klare, kräftige und ausdrucksstarke Stimme von Bettina in bekannten Weisen, welche die Kirche bis in den letzten Winkel mit Tönen füllten. Die Besucher staunten ebenso über die wundervollen Klänge, die Held einer noch älteren Erz-Laute mit 19 Saiten entlockte und hatten ihren Spaß, als in den Kantaten "Das Glück" und "Der Geiz" von Georg Phillip Telemann "moralische Ansichten nicht für den Adel, sondern für die Bürger", wie Bettina ausdrücklich erwähnte, verbreitet wurden.

Extra aus den Lebzeiten der alten Fürsten stammten die ausgesuchten Werke, zum Beispiel von Adam Falckenhagen, Andreas Hammerschmidt oder Sylvius Leopold Weiss. Andererseits war Held, seit dem 18. Lebensjahr fasziniert vom Spiel auf den alten Instrumenten und inzwischen verstärkt gemeinsam mit seiner Gattin auf Tour, "die in Thüringen geboren, Rostock aufgewachsen und Berlin studiert hat", ebenso begeistert vom Veranstaltungsort: "Eine wunderbare Kirche, noch dazu in Räumen meiner Ahnen." In Den Haag unterrichtet er auch Studenten auf den historischen Instrumenten.

Als der Applaus nach dem Konzert kein Ende nehmen wollte, war Anke Dittrich gedanklich schon weiter. Wenn die Finanzierung stehe, obwohl nur etwa die Hälfte der erwarteten Besucher kamen, könnten zum Tag des offenen Denkmals am 13. September die Besucher nach über 20 Jahren wieder einen Blick auf die letzten Ruhestätten der anhaltinischen Ahnen werfen. "Am Abend zuvor wollen wir mit der Gemeinde und Förderern zum Benefizessen die offizielle Eröffnung begehen."