Neun Jahre Jugendstrafe für brutalen Messerstecher
Magdeburg/MZ/ku/kb. - "Das Urteil ist richtig, aber aus der Perspektive des Opfers noch zu wenig", sagte am Mittwoch Oberstaatsanwalt Helmut Windweh, Sprecher der Staatsanwaltschaft Halberstadt, nach der Urteilsverkündung gegen Paul G.: Der 19-Jährige wurde vom Landgericht Magdeburg wegen versuchten Mordes, Vergewaltigung und schwerer räuberischer Erpressung zu neun Jahren Jugendstrafe verurteilt.
Das Gericht ging mit dem Strafmaß sechs Monate über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Die Nebenklage hatte zehn Jahre gefordert, die Verteidigung plädierte auf Freispruch und will nach MZ-Informationen gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Eine Stellungnahme wollte G.s Verteidiger am Mittwoch nicht abgeben.
Paul G. hatte am 25. Januar mit seinem Bruder Siegfried und David S. - gegen sie läuft ein gesondertes Verfahren - eine 18-Jährige im Quedlinburger Wohngebiet Kleers geschlagen, getreten und Geld erpresst. Als sich Siegfried und David zurückzogen, hatte Paul das Mädchen vergewaltigt und mit 20 Messerstichen lebensgefährlich verletzt. "Sie hat großes Glück, dass sie überlebt hat", sagt Helmut Windweh. Es laufe ihm jetzt noch kalt den Rücken herunter, wenn er an den Fall denke. Er sei dem Polizeiteam "unheimlich dankbar", das eine gute Vorarbeit geleistet habe. Vor allem der ermittelnde Hauptkommissar habe hervorragend gearbeitet, sagt auch Staatsanwalt Klaus Bleuel. Die Beweislage sei ausgezeichnet gewesen.
Die 18-Jährige hat die Tat wohl nur überlebt, weil sie sich tot stellte. Ärzte hatten ihr in einer sechseinhalbstündigen Notoperation das Leben gerettet - die junge Frau hatte mehr als drei Liter Blut verloren. Ihr seelisches Leid lässt sich wohl kaum ermessen.
Die brutale Tat hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und war tage- und wochenlang Stadtgespräch auch in Thale. Das junge Mädchen stammt aus der Bodestadt, Bürgermeister Thomas Balcerowski kennt die Familie, "und deshalb hat mich dieser Fall persönlich sehr getroffen." Selbst Vater, sei ihm der Gedanke unerträglich, Sorge haben zu müssen, ein junges Mädchen in einer Kleinstadt nachts auf die Straße zu lassen. Zwar wolle er das Urteil nicht kommentieren, doch sei es "schlimm, dass es überhaupt so weit gekommen ist." Vor dem Hintergrund dieses Falles und anderer Fälle sei es ihm unverständlich, dass Finanzminister Jens Bullerjahn weiteres Personal bei der Polizei einsparen will. "Man kann das nicht bis ins Unendliche treiben. In dem Moment, wo man Eigeninitiative ergreifen und private Sicherheitsfirmen nutzen muss, um Leib und Leben zu schützen, hat der Staat versagt", meint er. Dem jungen Mädchen wünscht er, dass neben den körperlichen auch die seelischen Wunden heilen mögen.