1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Neues Leben in altem Haus: Neues Leben in altem Haus: "Wir haben viele Kindermalereien an den Wänden gefunden"

Neues Leben in altem Haus Neues Leben in altem Haus: "Wir haben viele Kindermalereien an den Wänden gefunden"

Von Petra Korn 13.03.2020, 08:56
Saniert: das Haus Oeringer Straße 2 in Quedlinburg.
Saniert: das Haus Oeringer Straße 2 in Quedlinburg. Dominique Leppin

Quedlinburg - Mit seiner nun leuchtend hellen blau-grauen Fassade ist das Haus Oeringer Straße 2 nicht nur optisch ein Blickfang an der Quedlinburger Ortsdurchfahrt geworden. In das Haus, das umfassend saniert wurde und dabei teils neu aufgebaut werden musste, ist nach jahrzehntelangem Leerstand auch wieder Leben eingezogen. „Wir haben diesem Haus eine Chance gegeben“, sagt Diana Regahl.

Diana und Andreas Regahl haben das Gebäude, das im Sanierungsgebiet der Stadt liegt, restauriert und umgebaut - und dabei vor mehr als einem nicht erwarteten Problem gestanden. „Zwischendurch war es schon ganz schön kritisch“, sagt Diana Regahl. „Aber jetzt haben wir es soweit geschafft.“

Starker Regenguss war Auslöser für die Idee der Sanierung

Im Erdgeschoss ist ein modernes Büro entstanden - Andreas Regahl ist selbstständiger Versicherungsunternehmer, seine Frau arbeitet als Immobilienkauffrau im Büro mit - , im Obergeschoss gibt es nun eine größere und eine kleinere Wohnung; zwei weitere Wohnungen im Dachgeschoss sollen perspektivisch folgen.

Auslöser für das Sanierungsprojekt war ein starker Regenguss im August 2015. Nach diesem stand im Büro, das sich im Keller des Wohnhauses der Familie Regahl befand, das Wasser. Um die Räume sanieren zu können, musste das Büro ausziehen; es befand sich vorübergehend im Steinweg.

Doch dabei, berichtet Diana Regahl, seien sie auf das Haus Oeringer Straße 2 aufmerksam geworden. „Wir haben gedacht: Das ist eine schöne Lage, es gibt große Räume, die man schön gestalten kann. Warum macht das keiner?“ Machen - das wollten sie dann selbst. „Ausschlaggebender Punkt war, dass wir die Zahl unserer Mitarbeiter erhöhen wollen, auch jetzt noch jemanden suchen, und diese Mitarbeiter sich dann auch am Arbeitsplatz wohlfühlen sollen“, sagt Andreas Regahl.

„Das Haus war bei vielen das Biene-Maja-Haus“

Am 6. März 2017 kauften Diana und Andreas Regahl das Haus, in dem - wie sie von Anwohnern erfuhren - sich unter anderem einst eine Arztpraxis, die Mütterberatung und zuletzt ein Hort befanden. „Wir haben viele Kindermalereien an den Wänden gefunden“, berichtet Diana Regahl. An einem der Fenster klebte noch ein Biene-Maja-Fensterbild. „Das Haus war bei vielen das Biene-Maja-Haus.“

Mit dem Kauf verbanden die beiden Quedlinburger einen Zeitplan. „Wir hatten eineinhalb Jahre veranschlagt, dann wollten wir einziehen“, sagt Andreas Regahl. Doch es kam anders: „Als wir angefangen haben zu planen, sind wir auf Umstände, auf Schäden gestoßen, die uns nicht bekannt waren“, berichtet er.

Wände rausreißen und das komplette Haus abstützen

So sei auf Rat ihrer Architektinnen Christina Jerx und Victoria Kulb vom Büro ABQ ein Gutachter hinzugezogen worden. Der stellte fest, dass die rückwärtige Hauswand von echtem Hausschwamm befallen war - vom Dachbereich bis hinunter in den Keller. Letztlich sei entschieden worden, die Wand komplett abzureißen, ebenso die Wände im Inneren bis zur ersten Querwand. „Für die Arbeiten musste das Haus komplett abgestützt werden. Das Dach war noch drauf und sollte auch gehalten werden“, erinnert sich Diana Regahl.

Doch eine genauere Untersuchung des Holzes im Dachstuhl zeigte: Es war kontaminiert durch Holzschutzmittel. „Die Hölzer waren aber auch unterdimensioniert. Sie hätten verstärkt werden müssen, um die Last zu tragen“, erklärt Diana Regahl. Nur: Der Drempel, das Stück Mauerwerk oberhalb des letzten Obergeschosses, auf dem die Dachkonstruktion aufliegt, hatte sich bereits nach außen gebogen. „Bei jeder Bauberatung kam etwas Neues dazu, eine Hiobsbotschaft nach der anderen“, sagt Andreas Regahl.

Vom Schwamm befallenes Holz wurde ausgetauscht

Mit den Arbeiten am Haus, die nach zweijähriger Planungsphase im März 2019 starteten, wurden die rückwärtige Hauswand ab- und eine neue aufgebaut, ebenso der Drempel, Teile der Zwischenwände, der Decken bzw. Fußböden und das Dach. „Wir hätten das Dachgeschoss sonst nie für Wohnungen nutzen können“, sagt Diana Regahl.

Weitere vom Schwamm befallene Hölzer im Gebäude seien ausgetauscht, die Wand zum Nachbarhaus hin saniert worden. Für die Fassadengestaltung des Hauses, das laut Unterlagen der Baubecon um 1720/1740 gebaut wurde, habe sie im Stadtarchiv recherchiert, aber leider nichts gefunden.

Aufgegriffen worden sei eine auf alten Fotos zu sehende Gestaltung des Nachbarhauses: So erhielt das Gebäude farblich gestaltete Fensterumrahmungen und horizontal durchgehende Zierelemente. „Jetzt, wo das Baugerüst weg ist, gibt es ein ganz anderes Gesamtbild der Straße“, sagt Andreas Regahl.

Komplettiert wird die Sanierung durch einen Anbau von Balkonen auf der Rückseite. Beim Innenausbau des Hauses blieb das historische Treppenhaus erhalten; es wurde aufgearbeitet.

Erhalten und aufgearbeitet wird auch ein Stück Boden aus dem Dach, in dem sich ein Hand- und ein Fußabdruck sowie die Jahreszahl 1874 befinden. Das Bodenstück bekommt einen neuen Platz im Eingangsbereich des Hauses. Wie Diana und Andreas Regahl sagen, haben sie bei ihrem Bauprojekt großen Wert darauf gelegt, Firmen aus der Region für die Arbeiten zu binden.

Die Investitionssumme sei „sehr hoch“ gewesen. Für die Sicherungsmaßnahmen erhalten die Bauherren eine Unterstützung von der Baubecon. Übrigens: Auf einem der neu eingebauten Holzfenster befindet sich wieder ein Biene-Maja-Bild. Eine Nichte, sagt Diana Regahl, habe ein neues Fensterbild gestaltet. (mz)

Diana und Andreas Regahl in einem der neuen Büroräume.
Diana und Andreas Regahl in einem der neuen Büroräume.
D. Leppin
Während der Bauzeit: Die rückwärtige Wand wurde abgerissen.
Während der Bauzeit: Die rückwärtige Wand wurde abgerissen.
Regahl
Das Dachgeschoss soll noch ausgebaut werden.
Das Dachgeschoss soll noch ausgebaut werden.
Dominique Leppin
Soll einen neuen Platz bekommen: der Fund aus dem Dachboden.
Soll einen neuen Platz bekommen: der Fund aus dem Dachboden.
Regahl