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Nach Abriss unterm Schlossberg Nach Abriss unterm Schlossberg: Bange Blicke auf Risse im Nachbarhaus

Von Petra Korn 10.03.2017, 11:21
Thomas Beneke blickt auf die Reste des Nachbarhauses in der Quedlinburger Wassertorstraße.
Thomas Beneke blickt auf die Reste des Nachbarhauses in der Quedlinburger Wassertorstraße. Wohlfeld

Quedlinburg - Es knackt, es knistert in der Wand. „Das ist wahrscheinlich nicht der einzige Raum wo es arbeitet“, sagt Thomas Beneke und blickt sorgenvoll nach oben. Zwischen Raumdecke und Wand hat sich ein deutlich sichtbarer Riss gebildet, ebenso neben dem fast senkrecht durch die Wand verlaufenden Balken. Und quer über die Wandfläche verläuft ein feiner Riss.

Thomas Beneke und seine Familie wohnen in dem Fachwerkhaus Wassertorstraße 13/14 unterhalb des Quedlinburger Schlossberges.

Bis vor wenigen Tagen stand direkt neben der Wand, hinter der Baulärm zu hören ist, noch ein Nachbarhaus. Doch das kleine, unter Denkmalschutz stehende Tagelöhnerhaus Wassertorstraße 15/16 wird bis auf das Kellergewölbe und eine historische Stützmauerkonstruktion abgerissen.

Bei den Arbeiten, sagt Thomas Beneke, seien auch die Schäden entstanden, die nun in der äußeren Wand des schmalen Flurs in seinem Haus zu sehen sind. Dieser führt von dem etwas tiefer als dem Straßenniveau gelegenen Nebeneingang zum Hinterhaus.

Vor fünf Jahren das Haus gekauft

Das Fachwerkhaus hätten sie vor fünf Jahren gekauft, sagt Thomas Beneke. Erbaut wurde es, wie auch die Inschrift in der reich verzierten Fachwerkfassade besagt, im Jahr 1913 durch Karl Koblenz.

Das ebenfalls denkmalgeschützte Gebäude ist, wie es im Denkmalverzeichnis heißt, als eine Imitation eines Fachwerkhauses aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts errichtet worden. Wie Thomas Beneke sagt, kenne er das Gebäude von Kindheit an; er sei in der Wassertorstraße aufgewachsen.

So ist für ihn auch nicht schlüssig, dass es in dem nun beschädigten Flurbereich eine andere Außenwand gegeben haben solle, die - wohl um die Eingangstür zu vergrößern - weggenommen worden sei. Er kenne das Haus nur mit der derzeitigen Eingangstür, sagt Beneke.

Mitte der 1990er am Haus saniert

Der Vorbesitzer des Hauses hätte Mitte der 1990er Jahre Arbeiten durchgeführt. Dabei seien Dach und Fenster saniert sowie im Giebelbereich ein Ziegelvorhang angebracht worden. Hauptsächlich sei es dabei aber um das rückwärtige Haus Nummer 14 gegangen, das als Neubau anstelle eines kaputten Vorgängerbaus errichtet worden sei, schildert Thomas Beneke.

Er glaubt auch nicht, dass es in einer noch weiter zurückliegenden Zeit Änderungen in dem Flurbereich gegeben haben könnte. „Dann müsste man doch auch Veränderungen im Fußboden sehen. Das ist uralter Fußboden“, sagt er.

Früher wurde Haus an Haus gebaut

Dass die nun Risse aufweisende Außenwand wohl nur wenige Zentimeter stark sein könnte, wundert ihn nicht. „Früher wurde Haus an Haus gebaut. Da gab es solche Dinge wie eine Brandschutzmauer und Dehnungsfugen nicht.“

Deshalb glaubt Beneke, dass das Haus auch genauso, mit der jetzt vorhandenen Mauer, gebaut worden sei.

Horst Danscher, der als Architekt die Baustelle Wassertorstraße 15/16 betreut, weiß von dem Problem im Nachbarhaus. „Wenn wir mit dem Abriss soweit sind, werden wir die Mauer instand setzen“, unterstreicht er. „Das ist alles geregelt.“

Grenzwand soll es gegeben haben

Horst Danscher ist der Auffassung, dass es in dem Flurbereich eine Grenzwand gegeben habe. Wie er hinzufügt, sei in den Unterlagen, als für das Haus Wassertorstraße 13/14 in den 1990er Jahren ein Bauantrag gestellt worden sei, auch eine Wand eingezeichnet gewesen.

Dass es hier jetzt nur eine Leichtbauwand gebe, „das wusste vorher keiner. Das stimmt mit den Plänen nicht überein“, so der Architekt.

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Das denkmalgeschützte Doppelhaus Wassertorstraße 15/16 heutigen Nutzungsbedingungen anzupassen, hätte erfordert, die Innengliederung des in verschiedenen Ausbauphasen entstandenen Gebäudes mit kleinen Räumen und Geschosshöhen bis 1,65 Meter zu ändern. Das aber wäre mit Außenwänden, die über die Zeit mit verschiedensten Materialien repariert wurden, nicht möglich gewesen.

Die Dacheindeckung - Betondachsteine - stammte aus den 1960er, die Fenster aus den 1920er Jahren. Mit dem Landesverwaltungsamt, das einen Komplettabriss abgelehnt hatte, gab es die Einigung, dass die denkmalbestimmenden Bauteile erhalten werden müssten, der Rest abgerissen werden dürfe. Zu erhalten gewesen wären auch auf die Zeit um 1527 datierte Holzsparren im Dach, die aber vom Holzwurm befallen waren und kein neues Dach mehr hätten tragen können. Da sie allenfalls noch unter einem neuen Dachstuhl hätten angebracht werden können, wurde auf einen Erhalt verzichtet. (mz)

Während das Nachbarhaus abgerissen wurde, sind in der Wand im unteren Flur des Nachbarhauses  Risse entstanden.  
Während das Nachbarhaus abgerissen wurde, sind in der Wand im unteren Flur des Nachbarhauses  Risse entstanden.  
Wohlfeld