1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. MZ-Serie : MZ-Serie: Hacke, Spitze, Sprung

MZ-Serie  MZ-Serie: Hacke, Spitze, Sprung

Von Bianca Müller 30.01.2017, 08:24
Erfreulich viele Interessenten folgten der Einladung zum Countrytreffen in den Kaiserhof.
Erfreulich viele Interessenten folgten der Einladung zum Countrytreffen in den Kaiserhof. Marko Heiroth

Quedlinburg - Jeder kennt sie – diese Dinge, denen man immer eine gewisse Bewunderung abringt, die man aber selbst nie wagt. Das beschreibt dann schon ganz gut, wie ich zum Standardtanz stehe. Ein, zwei Aufwärmtitel brauche ich immer - rein optisch haben die mit Tanz auch noch nicht wirklich viel zu tun. Und dann gibt es ja noch so spezielle Geschichten wie Line Dance.

Fragen werden durch Erfahrungen beantwortet

Line Dance? Schon mal gehört. Hier und da auch schon mal bei einem Stadtfest gesehen. Sind das nicht in Reihe tanzende Westernfans? Dass der 1. Country Club Quedlinburg (CCQ) seinen 15. Geburtstag mit einem Countryfest im Kaiserhof feiert, ist meine Gelegenheit, die Fragezeichen über meinem Kopf gegen waschechte Line-Dance-Erfahrungen zu tauschen.

Schon am Eingang sehe ich mich von Westernhüten und Cowboystiefeln umzingelt - nicht steppen, ich bin unwissend. Brigitte „Gitti“ Arnold, Chefin des Clubs, kann kaum glauben, dass der Saal voll ist: „Bestimmt 50 Gäste kamen unangemeldet“.

Wer bis dahin nichts mit Line Dance anfangen konnte, bekommt spätestens jetzt eine Ahnung davon. Mit einem Medley aus 15 Tänzen sorgen die Gastgeber für jubelndes Publikum – darunter auch befreundete Vereine wie Ballenstedt, Blankenburg, Thale oder Weddersleben.

Und dann geht alles wie von selbst

Ein Dutzend Tänzer zeigt Charleston, Cha-Cha-Cha oder Sirtaki in Linien. Genau, diese berühmte griechische Melodie. Weil ich es im Anschluss selbst probieren will, schaue ich genau hin – sieht machbar aus. Das muss ich dann nur noch meinen hölzernen Pinocchio-Beinen erklären.

„Am Anfang ist es knifflig, aber wenn man einmal drin ist, geht es wie von selbst“, verrät mir Club-Urgestein Reiner Scharschmidt. Tanz Nummer sieben. Rock'n' Roll. Elvis' „Jailhouse Rock“ läuft. Auf der Bühnentreppe sitzend, fangen meine Füße wie von selbst an, sich aufzuwärmen.

Die Quedlinburger haben ein Durchschnittsalter von 60 Jahren, sagt Gitti. Während meine Füße immer noch zappeln, jetzt zum Twist, frage ich mich, ob Line Dance nicht genauso gut zu jüngeren Menschen passt. Theoretisch.

Daphne und Kevin aus Aschersleben, 23 und 17 Jahre alt, beweisen, dass es geht. Viel Zeit zum Fragen bleibt nicht – einer ihrer Lieblingstänze erklingt und weg sind sie. Nachwuchsprobleme, wie sie den CCQ plagen, kennen auch andere.

Musikalisch scheint Vielfalt ja durchaus möglich – auch ich bin bis auf wenige Ausnahmen kein Fan von Westernmusik. Für viele, auch den 52-jährigen Thomas Leifholz, ist Line Dance untrennbar mit dem Western-Stil verbunden: „Das Knallen der Stiefel auf Holzboden – unvergleichlich.“ Turnschuhe und Popsongs passen für ihn nicht dazu.

Alle stürmen in den Mittelgang

Auch Bernd Schramm tanzt. Das Besondere: Er ist mit einem Langstock dabei, sieht gerade so viel, wie ich auf einem unscharfen Foto. „Das geht gut.“ Erst eine Umschulung nach Eintreten der Sehbehinderung hat ihn zum Line Dance gebracht.

Aus allen Richtungen stürmen Leute in den Mittelgang, fangen ohne Absprache an, synchron zu tanzen. Da war sie wieder, meine Bewunderung. „Ein Vorteil beim Line Dance“, erklärt mir Christiane Schulz.

Die Schrittfolgen sind vorgegeben und wiederholen sich innerhalb eines Tanzes, weltweit gibt es mehrere Zehntausend. Sie und Ehemann Karsten sind dem Line Dance vor 20 Jahren verfallen, als sie von Lübeck her zogen und „soziale Kontakte her mussten – Musik und Outfits gefallen uns und ein bisschen Lagerfeuerromantik ist auch dabei“.

Es sieht alles ganz leicht aus

Wir müssen beide lachen. Obwohl der DJ für Interessierte einen Workshop anleitet, halte ich mich zurück. Das geht mir zu schnell, zu viele Profis tanzen. Bis Thomas und Christiane mir den Holiday Shuffle beibringen.

Was leicht aussieht, ist für Hirn und Hüfte eine Herausforderung. Links, rechts, Hacke, Spitze. Falsch, umgekehrt. Und nochmal. Dass ich meine Hände zum Tanz locker in die Hosentasche stecken soll, hilft. Schade, dass meine Stiefel nicht so laut knallen – zwischendurch möchte ich vor Verzweiflung so gern laut auftreten.

Es braucht ein paar Wiederholungen, bis ich den Dreh raus habe. Doch meine persönlichen Jedimeister sind geduldig. Jetzt sitzen die ersten acht Schritte und selbst mein Sprung sieht ganz passabel aus. Ich verlasse den Kaiserhof – natürlich mit einem Schlusssprung vor der Tür. (mz)

***************************************

Aufstellung zum Gruppenfoto (oben).Die ersten Schritte sind harte Arbeit für MZ-Mitarbeiterin Bianca Müller, aber Line-Dance-Fan Christiane Schulz erweist sich als geschickte Lehrerin.
Aufstellung zum Gruppenfoto (oben).Die ersten Schritte sind harte Arbeit für MZ-Mitarbeiterin Bianca Müller, aber Line-Dance-Fan Christiane Schulz erweist sich als geschickte Lehrerin.
 Heiroth
Die ersten Schritte sind harte Arbeit für MZ-Mitarbeiterin Bianca Müller, aber Line-Dance-Fan Christiane Schulz erweist sich als geschickte Lehrerin.
Die ersten Schritte sind harte Arbeit für MZ-Mitarbeiterin Bianca Müller, aber Line-Dance-Fan Christiane Schulz erweist sich als geschickte Lehrerin.
 Heiroth