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Musik Musik: «Olle Oma» am Mischpult

Von Rainer Marschel 09.10.2012, 12:17

blankenburg/MZ. - Discjockey, Comedian, Sängerin - das ist Doris Kilian aus Blankenburg. Das Erstaunliche daran ist das Alter der ehemaligen Kinderkrankenschwester, die nach der Wende vorübergehend als Altenpflegerin gearbeitet hat. Die Rede ist immerhin von einer Mittsechzigerin.

Ihre Enkelsöhne haben ihr den Beinamen "Olle Oma" verpasst. Zunächst war das lediglich als Nickname fürs Chatten im Internet gedacht. Seitdem tourt sie aber genau unter diesem Label durch den Harzkreis und darüber hinaus. Dort, wo sie als Alleinunterhalter mit ihrem "Begleiter", ihrem Laptop auftritt, garantiert sie Schenkelklopfer am Fließband.

Anfang der 90er Jahre wurde die Blankenburgerin berufsunfähig: "Da habe ich mich furchtbar gelangweilt." Das war die Zeit, als sie für den Behindertenverband anfing, Zuhörer ab und an mal mit Musik zu erfreuen. Motto: Was andere machen, das kannst du ja auch mal probieren. Zur Verblüffung des Gewerbeamtes meldete sich die Nordharzerin 2008 offiziell als "DJ" an. Die Musik kommt aus der Konserve. Vom Keyboard, so die rührige Entertainerin sich nicht selbst an den Tasten begleitet. Mehr und mehr erledigt diesen Part aber auch der Laptop. Ihr Ehemann, früher selbst Musiker, spielt die Playbacks zu Hause ein, die dann dem Publikum von seiner Frau präsentiert werden. "Angefangen mit der eigenen Beschallung hatte ich mit ganz winzig kleinen Spielzeugboxen, danach vertraute mir mein Mann die abgelegten von seiner Kapelle an." Unterdessen ist "Oma Wirbelwind" mit einem nagelneuen Mischpult, Tablet-PC, drei verschiedenen Boxen je nach Saalgröße sowie Funkmikrofon und Verstärker zum Abspielen von MP3-Dateien technisch aufs Feinste "hochgerüstet".

Titel von Karl Dall, Claire Wal-doff oder Helga Hahnemann fehlen bei nahezu keinem ihrer Auftritte. Weihnachten, runde Geburtstage, goldene Hochzeiten, Frauentage - die Stimmungskanone hält für jeden Anlass etwas parat. Zumeist braucht es nur ein paar wenige Takte, schon singen und klatschen alle mit. "Wenn ich merke, dass es den Leuten ähnlich Spaß macht wie mir selbst, dann ist schon alles gelaufen." Komplettiert wird das Programm durch Sketche. Es gibt Monate, da hat die Blankenburgerin bis zu 15 Auftritte. Ihre hauptsächliche Klientel sind zwar Veteranen, aber mittlerweile tritt sie immer öfter vor Jüngeren auf. Letztere kennen zwar die alten Evergreens nicht mehr, finden's aber zumeist genau so genial, wenn die völlig Unerschrockene den Saal zum Beben bringt.

Wie sie tatsächlich heißt, wissen oft nur die unmittelbaren Nachbarn. Aber dass sie von Fans auf der Straße in Wernigerode, Quedlinburg oder Halberstadt freudig mit "Grüß dich, olle Oma!" angesprochen wird, komme immer öfter vor: "Das ist mir manchmal richtig peinlich", gesteht sie dann, denn dass sie sich als Prominente fühlt, weist die Rentnerin in aller Bescheidenheit weit von sich: "Ich kann das manchmal selbst nicht fassen, dass das so einen Anklang findet!" Wahrscheinlich habe sie die Gene fürs Entertainment von ihrem Vater Hans Zeuschner bekommen. Der sei auch so ein Blankenburger Original gewesen.