Kurzentrum Bad Suderode Kurzentrum Bad Suderode: Drama um Verkauf geht weiter

bad suderode/MZ - Es war wie das letzte Aufbäumen eines waidwunden Tieres: Einen Tag vor der entscheidenden Sitzung des Stadtrats, auf der der Verkauf des Kurzentrums Bad Suderode rückgängig gemacht werden sollte, erreichten Ratsmitglieder und Stadtverwaltung ein Fax einer „Rechtsanwaltskanzlei Dr. Dr. Fritsch“. „Eilt, bitte sofort vorlegen“, stand darauf - fettgedruckt und unterstrichen. Der Weimaraner Anwalt mit dem doppelten Doktortitel sollte nun noch rausreißen, was Kurzentrums-Käufer Joachim Marienburg mit seiner Pro Habitare Projektentwicklungs-AG in den vergangenen Monaten verbockt hatte.
Das Kurzentrum war für 64 Millionen Mark im Mai 1996 fertiggestellt worden. Sein Defizit wurde über viele Jahre vom Land ausgeglichen. Als die Stadt Quedlinburg mit der Eingemeindung Bad Suderodes den kommunalen Kureigenbetrieb übernahm, wurden auch 16,1 Millionen Euro aufgelaufene Liquiditätshilfen mit übernommen. Das Land zahlte ab 2011 diese Hilfen nicht mehr. 2011 brachte Quedlinburg aus Kassenkrediten 1,14 Millionen Euro als Verlustausgleich auf. Der Stadtrat von Quedlinburg beschloss daraufhin den Verkauf an einen privaten Investor, der daraus ein „Gesundheitsresort“ machen soll. Am 23. Dezember 2013 unterschrieb Bad Suderodes Bürgermeister Gert Sauer den Kaufvertrag. Käufer war die Berliner Pro Habitare Projektentwicklungs-AG. (dan/iku)
Fritsch teilte in seinem vierseitigen Fax mit, dass das Insolvenzverfahren erledigt sei, weil die Schulden bei einer Krankenkasse bezahlt seien. Auch für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten - inklusive 30-Millionen-Euro-Investition ins Kurzentrum - sei durch eine „Durchfinanzierungsbestätigung“ der First Advisory Group Liechtenstein gesorgt. Bei einem „vorfristigen rechtswidrigen Rücktritt“, drohte der Anwalt, „werden wir diesem Rücktritt mit allen rechtlichen Mitteln entgegentreten“. Der Anwalt konnte die Stadträte zumindest so weit beeindrucken, dass sie sich eine letzte Galgenfrist für Marienburg bis zum 31. Mai abhandeln ließen.
Eine zentrale Botschaft in Fritschs Schreiben: Die Bürgschaft über die Kaufsumme von einer Million Euro sei erst bis zum 30. Juni fällig. Grund: Im Kaufvertrag steht, dass diese Bürgschaft zum 30. Juni 2019 an den Erwerber zurückzugeben ist. „Wir haben die Argumentation geprüft und denken nicht, dass sich diese Frist aus dem Kaufvertrag ergibt“, sagt der stellvertretende Oberbürgermeister Wolfgang Scheller. Im Kaufvertrag sei außer dem Rückgabedatum keine Frist vereinbart. „In diesem Fall gilt das Bürgerliche Gesetzbuch. Danach ist die Bürgschaft sofort nach Vertragsabschluss fällig.“ Der war am 23. Dezember 2013.
Geld muss Ende Mai bezahlt werden
Was jetzt passieren muss, um den Verkauf an die Pro Habitare noch zu retten, schildert Scheller so: Bis zum Samstag, 31. Mai, muss die Bankbürgschaft über den Kaufpreis im Rathaus vorliegen. Außerdem muss auf dem Anderkonto eines Harzgeröder Anwalts die Abfindungssumme für die ehemaligen Kurzentrums-Mitarbeiter eingegangen sein: 440 000 Euro. Eine von Fritsch angekündigte mögliche Einstellung des beantragten Insolvenzverfahrens sei nicht entscheidend. „Das ändert nichts an dem Ratsbeschluss“, sagt Scheller. Im Übrigen kann der vorläufig bestellte Insolvenzverwalter Carsten Becker den Eingang der Marienburg-Zahlung noch nicht bestätigen. Er will aber auch nicht ausschließen, dass das Insolvenzverfahren sofort beendet wird, falls das Geld da ist.
Rücktritt von Kaufvertrag droht
Falls Marienburg bis Ende der nächsten Woche nicht Bürgschaft und Abfindung vorweisen kann, wird Oberbürgermeister Eberhard Brecht (SPD) umgehend den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Dann soll mit aller Macht mit neuen Interessenten über den Verkauf des Kurzentrums in Bad Suderode verhandelt werden.