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Im Weltkrieg eingeschmolzen Kirche im Vorharz bekommt neue Glocke – wie sie verziert wird und woher das Geld kommt

Für die Kirche St. Bonifatius in Ditfurt soll eine Bronzeglocke gegossen werden. Wie sie aussehen soll und dank wessen Unterstützung genug Geld da ist.

Von Kjell Sonnemann 17.02.2024, 15:45
An einem Modell wird gezeigt, wie die neue Glocke der Ditfurter Bonifatiuskirche   verziert werden soll.
An einem Modell wird gezeigt, wie die neue Glocke der Ditfurter Bonifatiuskirche verziert werden soll. (Foto: Sonnemann)

Ditfurt/MZ. - Ein grauer – noch schmuckloser – Kegel steht vor dem Altar in der Kirche St. Bonifatius. Seine Spitze ist oben und abgerundet, er steht auf einem dünnen Fuß. Mannshoch ist das Gebilde, das einen Eindruck von der künftigen Bronzeglocke geben soll, die für das Gotteshaus gegossen werden wird. Dafür heften Gemeindemitglieder große Papier-Blätter und schlanke -Streifen an ganz gestimmte Stellen. Beispielsweise Zeichnungen mit dem Umriss des Ditfurter Sees und vom langen Flusslauf der Bode, an der der Vorharz-Ort liegt.

Dutzende Ditfurter sind in die Kirche gekommen, um sich ein Bild von dem Vorhaben zu machen, das dank der Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung Wirklichkeit werden wird. Die Stiftung habe seit Jahren ein „Glockenprogramm, weil überall im Land wertvolle Glocken durch Kriege verloren gegangen sind. Sie sollen wieder zum Erklingen gebracht werden“, sagt Wilfried Schlüter, Vorstandsvorsitzender der Harzsparkasse und der Stiftung. Die Ditfurter Glocke war 1944 eingeschmolzen worden. Sie erklang im Ton „f’-7“, so soll auch ihre Nachfolgerin zu hören sein.

Man höre die Kirchenglocken fast im ganzen Ort, sagt Pfarrer Tobias Gruber. „Sie sind nicht nur für die Kirchengemeinde wichtig, sondern für das ganze Dorf“: Das Läuten sei ein Signal, „dass hier noch mehr ist als Abbau und Weggang“, es werde für die Gemeinschaft geläutet, für Menschen, die sich treffen. „Es ist wunderbar, dass das Geläut noch größer und stärker werden kann.“

Die Kirche St. Bonifatius in Ditfurt.
Die Kirche St. Bonifatius in Ditfurt.
(Foto: Sonnemann)

1,2 Meter sowohl in der Höhe als auch im Durchmesser soll die neue Glocke aus Bronze sein. Sie soll in Gescher in Nordrhein-Westfalen gegossen werden – möglichst in diesem Jahr. Die Planer – unter ihnen der Vorsitzende des Ditfurter Gemeindekirchenrats, Hans-Jürgen Gröpke – hoffen, dass sie bis zum Erntedankfest in Ditfurt ist. Der Vorharz-Ort feiert in diesem Jahr seine Ersterwähnung vor 1.050 Jahren – das Willkommenheißen der neuen Glocke könnte ein Höhepunkt des Festjahres werden.

Dann können Einwohner und Gäste sie sich ganz genau anschauen. Neben Kiessee und Bode-Lauf sind weitere Verzierungen angedacht. Wie beispielsweise ein Abbild des heiligen Bonifatius, Ähren, die für die Landwirtschaft stehen, und der Bibelspruch „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden“ – Frieden sei, so Pfarrer Gruber, gerade in den momentanen Zeiten ein großes Thema; aber auch Frieden im Dorf.

Was die Kosten der neuen Kirchenglocke angeht, herrscht allgemein Stillschweigen. Schlüter erklärt, die Sparkassenstiftung wolle ihre Fördersummen grundsätzlich nicht öffentlich machen. Aber „wir geben überall so viel, dass die Sache rund wird“. Ein Viertel der Fördersumme komme immer von der regionalen Sparkasse, hier also der Harzsparkasse.

Bürgermeister Matthias Hellmann (parteilos) dankt der Sparkasse für die Unterstützung und vor allem der Kirchengemeinde, „die ganz aktiv dafür sorgt, dass das Gemeindeleben am Leben bleibt und unsere Kirche immer schöner wird“. Die Ditfurter – egal ob Kirchenmitglieder oder nicht, ob Christen oder nicht – stehen zu ihrer 120 Jahre alten Kirche.

Oben im Turm

Eine Kirchenglocke gießen zu lassen, ist nur ein Teil des gesamten Vorhabens. Denn es braucht auch eine Möglichkeit, die neue Glocke oben im Kirchturm aufhängen zu können. Ein neuer Glockenstuhl soll errichtet werden. Ein Modell davon hat Jürgen Naumann vom Gemeindekirchenrat gebaut, Architekt Gerd Srocke stellte es den interessierten Ditfurtern vor, die in die evangelische Bonifatiuskirche gekommen waren.

Architekt Gerd Srocke erklärt, wie der zukünftige Glockenstuhl aufgebaut sein soll.
Architekt Gerd Srocke erklärt, wie der zukünftige Glockenstuhl aufgebaut sein soll.
(Foto: Sonnemann)

Das Holzbauwerk hat zwei Etagen: Oben sollen die beiden Uhrschlag-Gocken ihre Dienste tun, unten die Läute-Glocken. Davon hat das Gotteshaus drei, sobald die neue Glocke gegossen und nach Ditfurt transportiert wurde. Bis diese aufgehängt werden kann, „ist noch ein Stückchen Weg zu gehen“, sagt Srocke, der schon mehrere Baumaßnahmen der Ditfurter Kirchengemeinde begleitet hat. „Dafür wird Ihre Unterstützung gebraucht.“ Hans-Jürgen Gröpke, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats, erklärt, dass der neue Glockenstuhl über Spenden finanziert werden soll. Mit Blick auf frühere Spendenaktionen für Maßnahmen, glaubt er, dass genug Geld zusammenkommen wird. „Das ist unser großer Wunsch.“

Oben im Turm ist der bisherige Glockenstuhl dem Wetter ausgesetzt, Regen und Wind kommen durch die großen offenen Schallfenster. Diese sollen mit Schall-Läden ausgestattet werden, um das neue Holzgerüst zu schützen.