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Immobilien in Sachsen-Anhalt und Thüringen Immobilien in Sachsen-Anhalt und Thüringen: Glücksritter Hartmut Heger ist pleite

Von Ingo Kugenbuch 23.06.2016, 18:38
Zerstrittene Nachbarn: Die „Stadtinformation“ Hegers (links) und die städtische „Quedlinburg-Information“
Zerstrittene Nachbarn: Die „Stadtinformation“ Hegers (links) und die städtische „Quedlinburg-Information“ Chris Wohlfeld

Quedlinburg - Wer über den Marktplatz der Fachwerkstadt Quedlinburg schlendert, kann die aufwendig renovierten Häuser, das altehrwürdige Rathaus oder die größte Café-Dichte nördlich von Mailand genießen. Von dem Krieg, der dort zwischen den beiden Touristinformationen tobt, merken die Gäste dagegen wohl nur selten etwas. Rechts liegt die rote Info der städtischen Quedlinburg-Tourismus-Management GmbH (QTM). Links, direkt nebenan,  die grüne „freundliche Quedlinburger Stadtinformation“, die beide um Gäste buhlen. Die „Grüne“ tue dies mit unlauteren Mitteln, wirft die Stadt seit Jahren Betreiber Hartmut Heger vor. „Es gibt grundsätzlich keine Zusammenarbeit“, sagt QTM-Chef Thomas Bracht in aller Zurückhaltung.

So soll Heger etwa Hotelgäste dazu überredet haben, die Stadtführung bei ihm zu buchen. Die Gutscheine für eine QTM-Führung, die bei ihrer Übernachtung dabei waren, könnten sie gegen Rückerstattung zurückgeben - eine Lüge, so Bracht. Ein Gütetermin vor dem Amtsgericht Quedlinburg in dieser Sache scheiterte am Mittwoch. Vielleicht aber löst sich das städtische  Heger-Problem nun von allein: Der schillernde Immobilienjongleur ist pleite.

Insolvenzantrag gestellt

Heger sieht das   allerdings völlig anders und spricht von  „unterschiedlichen Betrachtungsweisen“. Fakt ist jedoch: Das Finanzamt hat bereits im Oktober letzten Jahres einen Insolvenzantrag über sein Vermögen gestellt. Das Verfahren wurde daraufhin im März 2016 vor dem Amtsgericht Gera eröffnet. Der Grund für das Insolvenzverfahren ist nach Angaben des Insolvenzverwalters Dirk Herzig von der Kanzlei Schultze & Braun aus Chemnitz eine Steuerschuld Hegers von mehr als einer halben Million Euro. Insgesamt beliefen sich dessen bislang bekannten Verbindlichkeiten auf rund  drei Millionen Euro, so Herzig.

Informationen aus dritter Hand

Die  Steuerschulden, so der Insolvenzverwalter, könnten nur geschätzt werden, da Heger „seinen steuerlichen Verpflichtungen zur Abgabe entsprechender Erklärungen“ nicht nachgekommen sei. Nähere Angaben zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten konnte Herzig aber nicht machen. „Herr Heger ist seinen Mitwirkungs- und Auskunftspflichten in dem Verfahren bisher nicht nachgekommen“, sagte er der MZ. „Die meisten Informationen haben wir von dritter Seite erhalten.“ Immerhin konnte jetzt aber ein Gesprächstermin vereinbart werden, sagte Herzig.

Unübersichtliches Geflecht

Und der ist für die Aufarbeitung des Verfahrens offensichtlich auch nötig, denn das Immobilien- und Firmengeflecht Hegers ist groß und unübersichtlich. So gehört oder gehörten ihm in Quedlinburg neben dem  Haus am Markt, in dem seine Stadtinformation untergebracht ist, das Hotel „Zum Bär“ sowie mindestens ein halbes Dutzend weiterer Immobilien. Hinzu kommen Hotels und Geschäftshäuser in Eisleben, Rudolstadt und Saalfeld. Zum Heger’schen Einflussbereich sollen über die nordrhein-westfälische „Kultur-Denkmal-Stiftung“ mit Sitz in Pulheim, in deren Vorstand er sitzt, auch der  Quedlinburger  „Adelshof“ gehören.  In dem mittelalterlichen Gebäudeensemble hat jüngst der französische Starregisseur François Ozon Szenen seines neuesten Films gedreht.

Der 1960 in Jever geborene Heger hatte bereits vor rund zehn Jahren bundesweit Aufsehen erregt, als er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Robert Baar die Eissporthalle in Wilhelmshaven bei einer Zwangsversteigerung kaufen wollte. „Dieses Duo sorgte in den 1980er- und 1990er-Jahren wiederholt für Schlagzeilen“, schrieb 2007 die Nord-West-Zeitung. „In einem Interview bekannten sie sich damals als Finanziers der Republikaner.“ In der  Halle, so fürchtete man in Wilhelmshaven, würden statt Eishockeyspielen künftig Parteitage   stattfinden. Zwar misslang die Übernahme, aber Heger und Baar sind bis heute ein Team. So arbeiten sie gemeinsam in den Führungsgremien der „Kultur-Denkmal-Stiftung“.

Der Betrieb geht munter weiter - aber wie lange noch?

In Quedlinburg ist Heger niemals offen als Unterstützer der rechten Szene aufgetreten. Allerdings ist er ein Sympathisant der AfD und ein persönlicher Freund des AfD-Chefs André Poggenburg. Bei dessen Wahlsieg im März sprach er euphorisch von der „Geburt einer neuen Volkspartei“.

Von Pleite nichts zu merken

Auch wenn das Insolvenzverfahren seit März läuft - der Betrieb in Hegers Geschäften geht munter weiter. So ist von einer Pleite etwa im Hotel „Zum Bär“ oder der grünen Stadtinformation nichts zu merken, obwohl es in dem Gerichtsbeschluss heißt: „Dem Schuldner wird ... verboten, sein Vermögen zu verwalten und über sein Vermögen zu verfügen.“ Die Hotels  werden von Pächterinnen betrieben. So seien etwa die Häuser  „Zum Bär“ in Quedlinburg und „Anker“ in Saalfeld durch Hegers Insolvenz an dessen Kommanditisten übergegangen, mit dem sie jetzt einen neuen Pachtvertrag habe, sagte Doreen Severin-Heiroth, die Betreiberin beider Häuser. Der Name des neuen Besitzers: Robert Baar. Auch in Eisleben habe Mona Gödecke, die Chefin der Betreibergesellschaft des Hotels „Graf von Mansfeld“, langfristige Mietverträge, die ein neuer Eigentümer nicht einfach kündigen könne.

Nur Umstrukturierungen?

Und die Stadtinformation in Quedlinburg? „Es geht unverändert weiter“, sagte Heger, der alleiniger Gesellschafter der Betreibergesellschaft ist, der MZ. Seine finanzielle Bredouille sei durch „unterschiedliche Betrachtungsweisen“ zu der Frage, wie weit Abschreibungen geltend gemacht werden können, entstanden. Er befinde sich gerade in Umstrukturierungen, allen seinen Unternehmen gehe es blendend. Die Schulden werde er durch den Verkauf eines „Gebäudekomplexes“ locker decken können. Was er verkaufen will, sagte er nicht. Es soll aber keine Immobilie in Quedlinburg sein.

Ob dieser Plan aufgeht, ist jedoch zweifelhaft. Auf dem kompletten Vermögen Hegers hat der Insolvenzverwalter die Hand drauf. Mal eben ein Haus zu versilbern ist da nicht möglich. (mz)