"Wie eine große Familie" Im "Restaurant mit Herz" der Harzer Tafel Quedlinburg wurde Weihnachten gefeiert: "Wie eine große Familie"

Quedlinburg - Prüfend lässt Andrea Rupsch den Blick über die auf dem großen Küchentisch aufgereihten Teller schweifen. „Einmal Pfannkuchen fehlt noch“, sagt sie und greift nach einer Schachtel mit dem Gebäck. Ilona Rathgeber mengt derweil den Inhalt einer großen Schüssel durch.
„Kartoffelsalat“, erklärt sie; den soll es am Abend geben, zusammen mit Wiener Würstchen. Jetzt aber steht erst einmal ein gemütliches Kaffeetrinken auf dem Programm, und während Helmut Rathgeber Kanne um Kanne mit dem verführerisch duftenden Getränk kocht, füllt sich das „Restaurant mit Herz“.
Das Restaurant mit Herz der Harzer Tafel hat auch am Heiligabend geöffnet
Traditionell hat die Einrichtung der Harzer Tafel des Awo-Kreisverbandes in der Quedlinburger Weberstraße auch an Heiligabend geöffnet. Um 11 Uhr haben Andrea Rupsch, Ilona und Helmut Rathgeber, unterstützt durch Ingrid Rau, begonnen, alles für einen gemütlichen Nachmittag zum Weihnachtsfest vorzubereiten.
Weihnachtstischdecken auflegen, dekorieren vom Weihnachtsstern bis hin zu Kerzen, die Teller mit den Süßigkeiten fertigmachen ..., listet Andrea Rupsch auf. Sie ist das vierte Jahr am Heiligen Abend ehrenamtlich im Restaurant im Einsatz, ebenso wie Helmut Rathgeber, seine Frau Ilona seit sechs Jahren.
„Wir sind das Stamm-Team“, sagt Andrea Rupsch lachend und fügt hinzu. „Heiligabend ist es immer super hier. Es ist wie eine große Familie.“ Alljährlich seien es meist dieselben Frauen und Männer, die das Angebot nutzen würden, erklärt sie.
„Für die älteren Leute ist das schön, sie sitzen nicht allein zu Hause“, ergänzt Helmut Rathgeber, der in einem Einkaufsmarkt arbeitet, früher Fahrer bei der Tafel war. „Das ist schon lange her“, sagt er und fügt hinzu: „Aber ich bin auch hier geblieben. Ich mache das jetzt ehrenamtlich.“
Drei Ehrenamtliche tragen die Teller mit Stolle, Gebäck und Pfannkuchen ins Restaurant
Die drei Ehrenamtlichen tragen die Teller mit Stolle, Gebäck und Pfannkuchen aus der Küche nach draußen ins Restaurant, wo 48 Plätze eingedeckt sind. Was zum Fest angeboten werden kann, hängt von den Lebensmittelspenden ab, die die Tafel bekommt. Aber gerade zu Weihnachten würden auch Geldspenden, die die Tafel erhalte, genutzt, um das eine oder andere dazuzukaufen, sagt Andrea Rupsch.
„Sind alle mit Kaffee versorgt?“, fragt Alexandra Schulze, Koordinatorin der Tafeln im Harz. Sie liest ein Weihnachtsgedicht, von einer Kundin der Tafel verfasst, vor. Weihnachtslieder klingen leise durch den Raum, an den Tisch wird sich rege unterhalten.
Für Ilona und Helmut Rathgeber sowie Andrea Rupsch bedeutet das eine kurze Pause. Doch schnell sind sie wieder auf den Beinen, sorgen für Nachschub bei Kaffee und Co., kommen mit den Gästen ins Gespräch. Für weihnachtliche Stimmung sorgt auch der kleine Chor der Evangelischen Kirchengemeinde Quedlinburg - traditionell singt er am Heiligen Abend im Restaurant.
Während die meisten Gäste an Tischen mit sechs Plätzen sitzen, hat das ehrenamtliche Weihnachtsteam auch wieder eine etwas größere Tafel vorbereitet - für Gäste aus Halberstadt, die Jahr für Jahr an diesem Tag nach Quedlinburg kommen. „Bei uns gibt es diese Möglichkeit nicht“, sagt eine der Frauen, die zu der Gruppe gehört. Wie sie erzählt, gebe es in Halberstadt eine Wärmestube, doch die habe geschlossen. „Ich finde das schön, dass man hier für die Menschen da ist, dass Heiligabend und auch am ersten Weihnachtsfeiertag wirklich an die Leute gedacht wird“, sagt die Frau, die ihren Namen nicht nennen möchte.
Ilona und Helmut Rathgeber und Andrea Rupsch kümmern sich inzwischen um das Abendbrot, das gegen 17.30 Uhr auf den Tisch gebracht wird. Für die Ehrenamtlichen ist der Tag damit noch nicht zu Ende. „Noch aufräumen und für den nächsten Tag eindecken ... Meist sind wir so gegen 19.30 Uhr fertig“, erklärt Andrea Rupsch. „Und morgen früh um 8 Uhr sind wir wieder hier.“ Dann steht ein Weihnachtsessen, unterstützt durch die Lions, auf dem Programm. Das Fleisch werde geliefert, „Suppe, Rotkohl, Kartoffeln - das machen wir alles frisch“, sagt Andrea Rupsch. An den Feiertagen den ganzen Tag durch Küche und Restaurant zu wuseln, diese Aufgabe macht ihr und ihren Mitstreitern Freude. „Ehe ich allein zu Hause sitze ...“ (mz)

