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Türen Fenster Dachziegel Horst Schöne von Stadtverwaltung Quedlinburg geht in Rente: Depot für historische Baustoffe hat er 1993 mit aufgebaut

Von Susanne Thon 01.09.2020, 07:56
Der Herr der Türen und der historischen Baustoffe: Horst Schöne hat das Depot mit aufgebaut und 27 Jahre lang betreut.
Der Herr der Türen und der historischen Baustoffe: Horst Schöne hat das Depot mit aufgebaut und 27 Jahre lang betreut. Susanne Thon

Quedlinburg/Alexisbad - „Es ist ein richtig mulmiges Gefühl, etwas bedrückend“, sagt Horst Schöne, „aber auch der Lauf der Zeit.“ Für den 65-jährigen Alexisbader bricht nun eine neue an: Am Montag wurde der Mitarbeiter der Quedlinburger Stadtverwaltung in den Ruhestand verabschiedet. Nach 28 Jahren.

1992 fing der Diplomingenieur im Hochbauamt an, wechselte später in den für die Stadtsanierung zuständigen Bereich; auch im Rechnungsprüfungsamt war er einige Jahre tätig.

Zuletzt hatte er sein Büro im Gernröder Rathaus, war Mitarbeiter im Sachgebiet Kommunales und Ortschaftsangelegenheiten. Schöne verbindet man aber vor allem mit einem: dem Depot für historische Baustoffe, das er 1993 mit aufgebaut und seitdem betreut hat.

1993 übernahm die Stadt Quedlinburg 300 Türen von den Werkstätten für Denkmalpflege

Alles begann mit 300 Türen, die die Stadt damals von den Werkstätten für Denkmalpflege übernehmen wollte. Schöne erinnert sich noch gut an einen Anruf vom ehemaligen Oberbürgermeister. Der beauftragte ihn mit der Einlagerung. Vier Wochen hatte Schöne dafür Zeit, musste passende Räume finden und zusehen, wie er die Türen von A nach B bekommt.

Erstmal ein Ziel vor Augen, ist Schöne einer, der beharrlich an der Umsetzung arbeitet. „Nicht unterkriegen lassen, auch wenn es aussichtslos erscheint“, das sei die Maxime, nach der er schon immer gehandelt habe, sagt er.

Beharrlich baute er auch den weiteren Bestand auf, nutzte dafür sogar die Freizeit; hielt stets die Augen auf, wenn er irgendwo unterwegs war - auch in den Nachbarkreisen. Wo immer ihm etwas auffiel, was einem Quedlinburger von Nutzen sein könnte - er versuchte es zu bekommen fürs Depot, für die zu sanierenden Baudenkmäler in der Welterbestadt.

Er wurde zum Jäger und Sammler. Aus den 300 Türen sind über die Jahre mehr als tausend geworden, die im Depot, aufgereiht in einem ausgeklügelten Regalsystem, auf ihr zweites Leben warten. Dazu kamen Fenster, Balken und Dachziegel … Zum Teil Jahrhunderte alt.

Viele Bauherren wenden sich an das Depot für historische Baustoffe

Die Materialien sind frei verfügbar. Wer in Quedlinburg ein altes Haus saniert, kann sich an die Stadt wenden. Und von dieser Möglichkeit machen Bauherren rege Gebrauch.

Schöne ist ein Mann der Zahlen: Ob im Ehrenamt – als Vorsitzender des Harzklub-Zweigvereins Harzgerode – oder im Beruf, alles wird genau protokolliert. Nur ein paar Stunden, bevor er seinen Rechner im Rathaus ein letztes Mal runtergefahren hat, brachte er die Statistik noch auf neuesten Stand:

825 Türen – 768 Innen- und 57 Außentüren – wurden demnach seit 1993 in den Wiedereinsatz gebracht. Und zwar in 287 Objekten. Mal waren es ein oder zwei, in einem Haus, im Steinweg, sogar 23. Und auf 250 Dächer kamen alte Ziegel zur Wiederverwendung. Exakt 129.052 konnten ausgegeben werden, dazu 499 Firstziegel; das sind die an der oberen Kante eines Daches.

1996 wurden vor allem historische Ziegel gebraucht, 2011 besonders viele Türen

Das Ziegel-Jahr war 1996 - mehr als 13.000 Ziegel wurden benötigt. Türen waren hingegen in den Jahren 2011 und 2012 besonders begehrt; damals wechselten 69 beziehungsweise 68 den Besitzer; in diesem Jahr könnten es sogar noch mehr werden. Schon zum jetzigen Zeitpunkt wurden 65 ausgegeben.

Jährlich gingen im Schnitt um die 50 bis 60 Anträge ein, sagt Schöne. Die Vergabe erfolgt nach bestimmten Richtlinien, mehrere Fachleute befinden über die Anträge. Um zu ermitteln, ob das möglich ist, sind nur ein paar Klicks nötig.

Alles, was im Depot lagert, ist digital erfasst, Maße, Art und Stil ... Schöne konnte gezielt suchen. Bezahlen mussten und müssen die Bauherren nichts. Es geht um die Wiederverwertung, die auch mit einer Wiederaufarbeitung der Materialien verbunden ist. Schöne weiß, was für Schätze er da all die Jahre gehütet hat; er spricht von unwiederbringlichem Kulturgut, von „Material, das nicht nachwächst; es ist endlich.“ (mz)