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"Hochgradige Vergiftung" "Hochgradige Vergiftung": Arzt aus Halberstadt verabreichte heimlich Drogen beim Sex

Von Petra Korn 20.11.2018, 08:05
Großes Medieninteresse beim Prozessauftakt: Der Fall hatte über Deutschland hinaus für Schlagzeilen gesorgt.
Großes Medieninteresse beim Prozessauftakt: Der Fall hatte über Deutschland hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Ingo Kugenbuch

Magdeburg/Halberstadt - Die 38-jährige Frau, der ein ehemaliger Chefarzt des Ameos-Klinikums Halberstadt beim Sex heimlich Drogen verabreicht haben soll, ist durch einen Hirntod infolge Atemlähmung durch eine Kokainvergiftung gestorben. Das erklärte Rechtsmedizinerin Katja Jachau am Montag vor dem Landgericht Magdeburg.

Arzt aus Halberstadt verabreichte heimlich Drogen beim Sex

Der 42-jährige Mediziner, der zuletzt als Chef der plastischen Chirurgie in Halberstadt gearbeitet hatte, muss sich derzeit wegen mehrfacher Vergewaltigung und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz vor der ersten Strafkammer des Landgerichts verantworten. Dabei kommt auch eine Verurteilung wegen Mordes oder Totschlags in Betracht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Arzt vor, zwischen September 2015 und Februar 2018 insgesamt fünf Frauen im Alter zwischen 29 und 45 Jahren heimlich und gegen ihren Willen - teilweise beim Sex - Drogen verabreicht zu haben. Eine 38-jährige Frau brach daraufhin zusammen und starb später in der Klinik an einer Überdosis Kokain.

Während seiner Zusammenarbeit mit dem 42-jährigen Chefarzt habe er keinen Verdacht gehabt, dass dieser Drogen nehmen könnte. Das sagte der Regionalgeschäftsführer der Ameos-Region Ost am Montag vor Gericht. Er fügte hinzu: „Ich hatte ein Problem mit seiner Arbeitsauffassung.“ Nach drei Abmahnungen, unter anderem ausgesprochen, weil fällige OP-Berichte offen geblieben seien, sei man übereingekommen, dass der 42-Jährige sich bis März, April 2018 eine andere Arbeitsstelle suche. „Dann überschlugen sich ein wenig die Ereignisse“, so der Geschäftsführer. Nachdem eine Patientin mit einer „schweren Erkrankung“ ins Klinikum gebracht worden sei, die im Zusammenhang mit dem Arzt gestanden habe, sei in der darauffolgenden Woche ein Aufhebungsvertrag unterzeichnet worden.  (mz/pek)

Kokain führe zu schweren Herzrhythmus-Störungen; es komme zu einem Herzstillstand, erläuterte Katja Jachau. Das Gericht hörte die Fachärztin für Rechtsmedizin am Montag auch als sachverständige Zeugin. Sie war am 21. Februar, am Tag, nachdem die 38-Jährige in die Klinik gebracht wurde, hinzugezogen worden. Nicht vom Ameos-Klinikum, wie Katja Jachau klarstellte, sondern durch die Polizei. Es sei um ein mögliches Sexualdelikt gegangen - und auf der Intensivstation, auf der die 38-Jährige versorgt wurde, seien „zu keinem Zeitpunkt“ die Worte „Drogen“ oder „Kokain“ gefallen.

Arzt aus Halberstadt gibt Frau heimlich Kokain: „hochgradige Intoxikation“

Es habe lediglich ein Laborblatt vorgelegen, laut dem Kokain im Urin nachgewiesen worden sei. Wegen des Zustands der Frau habe die Fachärztin angeregt, die Blutprobe, die bei der Aufnahme ins Krankenhaus genommen worden war, zu untersuchen. „Die Probe wurde mir übergeben. Ich habe sie mit nach Magdeburg genommen.“

Dort sei im Institut für Rechtsmedizin die Laboruntersuchung erfolgt. Wie die Rechtsmedizinerin erläuterte, sei bei solchen Untersuchungen zu klären, ob eine Substanz vorhanden sei und wenn ja, in welcher Konzentration. Der Kokain-Befund im Urin sei durch die Blutuntersuchung bestätigt worden. Doch um die Konzentration bestimmen zu können, habe die Probe verdünnt werden müssen; die zu ermittelnden Werte hätten oberhalb der Eichwerte gelegen. Bestimmt worden sei letztlich ein Kokain-Wert von 2,8 Milligramm je Liter - „wir sprechen sonst eher von Nanogramm je Liter“ - und zudem Abbau-Produkte des Kokains ebenfalls im Milligramm-Bereich. Eine „hochgradige Intoxikation“, so die Rechtsmedizinerin: Trotz des Zerfalls des Kokains zwischen dem Zeitpunkt der Entnahme der Blutprobe und deren Untersuchung sei „immer noch so viel Kokain vorhanden“ gewesen.

Als weiteren Zeugen hörte das Gericht am Montag zudem einen technischen Sachverständigen. Dabei ging es um die Frage, wann bei dem Angeklagten sichergestellte Videoaufnahmen angefertigt worden sind. Laut Anklage soll der 42-Jährige die 38-Jährige, nachdem sie bewusstlos geworden war, gefilmt haben. Die Videosequenzen, die sich das Gericht bereits unter Ausschluss der Öffentlichkeit angesehen hat und die die 38-Jährige zeigen sollen, sind laut Sachverständigem an jenem 20. Februar entstanden. Die letzte von ihnen ist knapp 50 Minuten lang.

Der Prozess wird fortgesetzt. (mz)